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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Viertes Buch. Fünftes Capitel.
ward, so giengen die sächsischen Anordnungen sehr bald
dahin über: schon 1531 ernannte Landgraf Philipp sechs
Superintendenten. 1 Nur in Hinsicht der geistlichen Güter
waren die Maaßregeln die man in Hessen traf mehr aus
Einem Stücke. Landgraf Philipp war noch in dem ersten
Feuer religiös patriotischer Ideen: "ich will den Hessen hel-
fen" ruft er einmal begeistert aus; doch verbarg er sich da-
bei die Gefahr nicht, "von dem Fleische übermannt, von
der rechten Bahn abgeführt zu werden;" er faßte die Ab-
sicht, die Klöster einer von Fürst und Ständen zugleich ab-
hängigen Verwaltung zu unterwerfen, sowohl Die welche darin
bleiben, als Die welche herausgehn würden, zu versorgen, und
den Überschuß zu den allgemeinen besonders den geistlichen
Bedürfnissen zu verwenden: er selbst wollte das Recht nicht
haben, ohne den Willen der Landschaft zu dieser Casse zu ge-
langen. 2 Die landschaftlichen Interessen traten hier in beson-
derer Stärke hervor. Als Grund zur Einziehung der Kloster-
güter gab man an, daß vielleicht nur der vierte Theil der
Mönche und Nonnen Landsassen, alle andern Ausländer,
daß deshalb die Güter ohne Nutzen für das Land seyen.
Einige Klöster ließ man bestehen, weil sie sich zum evan-
gelischen Glauben bekannten; aber bei weitem die meisten
giengen ein: die einen, weil sie auf Almosen gestiftet wa-
ren, die Niemand mehr zahlen wollte, die andern weil die
Mitglieder heraustraten, entweder aus christlicher Beweg-

1 Rommel Landgr. Philipp, II, p. 123. 124.
2 "Das eine Oberkeit zu dem Kasten nit kommen kont one
Verwilligung der Landschaft, sonst so verkompt das Gut, und der
Oberkeit oder Landt wurd es nit gepessert." -- Schreiben an Luther:
bei Rommel V, p. 862.

Viertes Buch. Fuͤnftes Capitel.
ward, ſo giengen die ſächſiſchen Anordnungen ſehr bald
dahin über: ſchon 1531 ernannte Landgraf Philipp ſechs
Superintendenten. 1 Nur in Hinſicht der geiſtlichen Güter
waren die Maaßregeln die man in Heſſen traf mehr aus
Einem Stücke. Landgraf Philipp war noch in dem erſten
Feuer religiös patriotiſcher Ideen: „ich will den Heſſen hel-
fen“ ruft er einmal begeiſtert aus; doch verbarg er ſich da-
bei die Gefahr nicht, „von dem Fleiſche übermannt, von
der rechten Bahn abgeführt zu werden;“ er faßte die Ab-
ſicht, die Klöſter einer von Fürſt und Ständen zugleich ab-
hängigen Verwaltung zu unterwerfen, ſowohl Die welche darin
bleiben, als Die welche herausgehn würden, zu verſorgen, und
den Überſchuß zu den allgemeinen beſonders den geiſtlichen
Bedürfniſſen zu verwenden: er ſelbſt wollte das Recht nicht
haben, ohne den Willen der Landſchaft zu dieſer Caſſe zu ge-
langen. 2 Die landſchaftlichen Intereſſen traten hier in beſon-
derer Stärke hervor. Als Grund zur Einziehung der Kloſter-
güter gab man an, daß vielleicht nur der vierte Theil der
Mönche und Nonnen Landſaſſen, alle andern Ausländer,
daß deshalb die Güter ohne Nutzen für das Land ſeyen.
Einige Klöſter ließ man beſtehen, weil ſie ſich zum evan-
geliſchen Glauben bekannten; aber bei weitem die meiſten
giengen ein: die einen, weil ſie auf Almoſen geſtiftet wa-
ren, die Niemand mehr zahlen wollte, die andern weil die
Mitglieder heraustraten, entweder aus chriſtlicher Beweg-

1 Rommel Landgr. Philipp, II, p. 123. 124.
2 „Das eine Oberkeit zu dem Kaſten nit kommen kont one
Verwilligung der Landſchaft, ſonſt ſo verkompt das Gut, und der
Oberkeit oder Landt wurd es nit gepeſſert.“ — Schreiben an Luther:
bei Rommel V, p. 862.
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[450/0460] Viertes Buch. Fuͤnftes Capitel. ward, ſo giengen die ſächſiſchen Anordnungen ſehr bald dahin über: ſchon 1531 ernannte Landgraf Philipp ſechs Superintendenten. 1 Nur in Hinſicht der geiſtlichen Güter waren die Maaßregeln die man in Heſſen traf mehr aus Einem Stücke. Landgraf Philipp war noch in dem erſten Feuer religiös patriotiſcher Ideen: „ich will den Heſſen hel- fen“ ruft er einmal begeiſtert aus; doch verbarg er ſich da- bei die Gefahr nicht, „von dem Fleiſche übermannt, von der rechten Bahn abgeführt zu werden;“ er faßte die Ab- ſicht, die Klöſter einer von Fürſt und Ständen zugleich ab- hängigen Verwaltung zu unterwerfen, ſowohl Die welche darin bleiben, als Die welche herausgehn würden, zu verſorgen, und den Überſchuß zu den allgemeinen beſonders den geiſtlichen Bedürfniſſen zu verwenden: er ſelbſt wollte das Recht nicht haben, ohne den Willen der Landſchaft zu dieſer Caſſe zu ge- langen. 2 Die landſchaftlichen Intereſſen traten hier in beſon- derer Stärke hervor. Als Grund zur Einziehung der Kloſter- güter gab man an, daß vielleicht nur der vierte Theil der Mönche und Nonnen Landſaſſen, alle andern Ausländer, daß deshalb die Güter ohne Nutzen für das Land ſeyen. Einige Klöſter ließ man beſtehen, weil ſie ſich zum evan- geliſchen Glauben bekannten; aber bei weitem die meiſten giengen ein: die einen, weil ſie auf Almoſen geſtiftet wa- ren, die Niemand mehr zahlen wollte, die andern weil die Mitglieder heraustraten, entweder aus chriſtlicher Beweg- 1 Rommel Landgr. Philipp, II, p. 123. 124. 2 „Das eine Oberkeit zu dem Kaſten nit kommen kont one Verwilligung der Landſchaft, ſonſt ſo verkompt das Gut, und der Oberkeit oder Landt wurd es nit gepeſſert.“ — Schreiben an Luther: bei Rommel V, p. 862.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/460>, abgerufen am 28.11.2024.