kunft mit Eingebornen besetzt werden. Mit Beirath des Adels wurden die Landgerichte neu angeordnet.
Von allen Ordensrittern leistete nur ein einziger einen etwas nachhaltigen Widerstand, Erich von Braunschweig in Memel, zu dessen Gunsten Albrecht einst zu resigniren ge- dacht: später ward er durch eine kleine Rente abgefunden.
Die religiösen Einrichtungen wurden ohne Schwierig- keit getroffen: die Bischöfe selbst, wie gesagt, waren dafür. Gleich in der ersten Versammlung verzichtete der Bischof Polenz von Samland auf die weltlichen Zweige seiner Ge- walt: denn einem Bischof komme nur der Dienst am Evan- gelium, nicht der Genuß weltlicher Ehre zu: und überließ sie dem Herzog; der Herzog nahm die Stände zu Zeugen dieser freiwilligen Überlieferung. Der Bischof Erhard Queis von Pomesanien that kurz darauf dasselbe. Um so vollstän- diger ward ihnen ihre geistliche Autorität gelassen, die sie nach wie vor durch Offiziale verwalteten. 1 Sie führten eine Agende ein, in der sie sich noch immer so nah wie möglich an das Altherkömmliche hielten: die Klöster wurden in Spitäler verwandelt: die Tendenz, das Christenthum auch in den untersten noch wenig davon ergriffenen Kreisen zu verbreiten, fand hier einen neuen Wirkungskreis in den Un- deutschen, die noch in großer Zahl das Land bevölkerten: ne- ben den Pfarrern stellte man in den Kirchen die Tolken, d. i. Dolmetscher auf, welche jeden Satz der Predigt in altpreu- ßischer Sprache wiederholten. 2 Um die Pfarrer selbst auf
dem
1 Bock Leben Albrechts I, 187.
2 Hartknoch Preußische Kirchengeschichte p. 277.
Viertes Buch. Fuͤnftes Capitel.
kunft mit Eingebornen beſetzt werden. Mit Beirath des Adels wurden die Landgerichte neu angeordnet.
Von allen Ordensrittern leiſtete nur ein einziger einen etwas nachhaltigen Widerſtand, Erich von Braunſchweig in Memel, zu deſſen Gunſten Albrecht einſt zu reſigniren ge- dacht: ſpäter ward er durch eine kleine Rente abgefunden.
Die religiöſen Einrichtungen wurden ohne Schwierig- keit getroffen: die Biſchöfe ſelbſt, wie geſagt, waren dafür. Gleich in der erſten Verſammlung verzichtete der Biſchof Polenz von Samland auf die weltlichen Zweige ſeiner Ge- walt: denn einem Biſchof komme nur der Dienſt am Evan- gelium, nicht der Genuß weltlicher Ehre zu: und überließ ſie dem Herzog; der Herzog nahm die Stände zu Zeugen dieſer freiwilligen Überlieferung. Der Biſchof Erhard Queis von Pomeſanien that kurz darauf daſſelbe. Um ſo vollſtän- diger ward ihnen ihre geiſtliche Autorität gelaſſen, die ſie nach wie vor durch Offiziale verwalteten. 1 Sie führten eine Agende ein, in der ſie ſich noch immer ſo nah wie möglich an das Altherkömmliche hielten: die Klöſter wurden in Spitäler verwandelt: die Tendenz, das Chriſtenthum auch in den unterſten noch wenig davon ergriffenen Kreiſen zu verbreiten, fand hier einen neuen Wirkungskreis in den Un- deutſchen, die noch in großer Zahl das Land bevölkerten: ne- ben den Pfarrern ſtellte man in den Kirchen die Tolken, d. i. Dolmetſcher auf, welche jeden Satz der Predigt in altpreu- ßiſcher Sprache wiederholten. 2 Um die Pfarrer ſelbſt auf
dem
1 Bock Leben Albrechts I, 187.
2 Hartknoch Preußiſche Kirchengeſchichte p. 277.
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Viertes Buch. Fuͤnftes Capitel.
kunft mit Eingebornen beſetzt werden. Mit Beirath des
Adels wurden die Landgerichte neu angeordnet.
Von allen Ordensrittern leiſtete nur ein einziger einen
etwas nachhaltigen Widerſtand, Erich von Braunſchweig
in Memel, zu deſſen Gunſten Albrecht einſt zu reſigniren ge-
dacht: ſpäter ward er durch eine kleine Rente abgefunden.
Die religiöſen Einrichtungen wurden ohne Schwierig-
keit getroffen: die Biſchöfe ſelbſt, wie geſagt, waren dafür.
Gleich in der erſten Verſammlung verzichtete der Biſchof
Polenz von Samland auf die weltlichen Zweige ſeiner Ge-
walt: denn einem Biſchof komme nur der Dienſt am Evan-
gelium, nicht der Genuß weltlicher Ehre zu: und überließ
ſie dem Herzog; der Herzog nahm die Stände zu Zeugen
dieſer freiwilligen Überlieferung. Der Biſchof Erhard Queis
von Pomeſanien that kurz darauf daſſelbe. Um ſo vollſtän-
diger ward ihnen ihre geiſtliche Autorität gelaſſen, die ſie
nach wie vor durch Offiziale verwalteten. 1 Sie führten
eine Agende ein, in der ſie ſich noch immer ſo nah wie
möglich an das Altherkömmliche hielten: die Klöſter wurden
in Spitäler verwandelt: die Tendenz, das Chriſtenthum auch
in den unterſten noch wenig davon ergriffenen Kreiſen zu
verbreiten, fand hier einen neuen Wirkungskreis in den Un-
deutſchen, die noch in großer Zahl das Land bevölkerten: ne-
ben den Pfarrern ſtellte man in den Kirchen die Tolken, d. i.
Dolmetſcher auf, welche jeden Satz der Predigt in altpreu-
ßiſcher Sprache wiederholten. 2 Um die Pfarrer ſelbſt auf
dem
1 Bock Leben Albrechts I, 187.
2 Hartknoch Preußiſche Kirchengeſchichte p. 277.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/486>, abgerufen am 11.12.2024.
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