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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Ausbreitung der Lehre.
cher von den freien Künsten, Recht und Arzneibücher,
Chroniken und Historien, "denn die seyen nütze, Gottes
Wunder und Werke zu sehen." Eine Schrift, die für die
Entwickelung der weltlichen Gelehrsamkeit dieselbe Beden-
tung hat wie das Buch an den deutschen Adel für den
weltlichen Stand überhaupt. In Luther erhebt sich schon
die Idee eines gelehrten weltlichen Beamtenstandes, die
für das deutsche Leben eine so unendliche Wichtigkeit gewon-
nen hat; die populäre Pflege der Wissenschaften nach ihrem
eignen Prinzip, getrennt von der Kirche, faßt er ins Auge;
die norddeutsche universale Gelehrsamkeit strebt er zu grün-
den. Darin stand ihm nun der unermüdliche Melanchthon
mit lebendiger Thätigkeit zur Seite. Von ihm stammt die
lateinische Grammatik, welche die norddeutschen Schulen
bis in den Anfang des 18ten Jahrhunderts beherrscht hat; 1
um das Jahr 1524 erwuchs sie ihm aus einigen für den
Privatunterricht eines jungen Nürnbergers gemachten Auf-
zeichnungen; eben damals bekam auch die griechische, die
schon früher entworfen war, die Form, in der dieser
Unterricht Jahrhunderte gegeben worden ist. Aus der
Disciplin Melanchthons giengen Lehrer hervor die sich ganz
nach seinem Muster gebildet, und die deutsche Schulzucht
zu gründen unternahmen. Besonders ist Valentin Trotzen-
dorf merkwürdig, der 1523 von Wittenberg nach Gold-
berg in Schlesien berufen ward, von dem man gesagt hat,
er sey zum Schulrector so gut geboren, wie Cäsar zum

1 Strobel: von den Verdiensten Melanchthons um die Gram-
matik zählt die bemerkenswerthesten Ausgaben auf, bis 1737. Neue
Beiträge II, III, 43.

Ausbreitung der Lehre.
cher von den freien Künſten, Recht und Arzneibücher,
Chroniken und Hiſtorien, „denn die ſeyen nütze, Gottes
Wunder und Werke zu ſehen.“ Eine Schrift, die für die
Entwickelung der weltlichen Gelehrſamkeit dieſelbe Beden-
tung hat wie das Buch an den deutſchen Adel für den
weltlichen Stand überhaupt. In Luther erhebt ſich ſchon
die Idee eines gelehrten weltlichen Beamtenſtandes, die
für das deutſche Leben eine ſo unendliche Wichtigkeit gewon-
nen hat; die populäre Pflege der Wiſſenſchaften nach ihrem
eignen Prinzip, getrennt von der Kirche, faßt er ins Auge;
die norddeutſche univerſale Gelehrſamkeit ſtrebt er zu grün-
den. Darin ſtand ihm nun der unermüdliche Melanchthon
mit lebendiger Thätigkeit zur Seite. Von ihm ſtammt die
lateiniſche Grammatik, welche die norddeutſchen Schulen
bis in den Anfang des 18ten Jahrhunderts beherrſcht hat; 1
um das Jahr 1524 erwuchs ſie ihm aus einigen für den
Privatunterricht eines jungen Nürnbergers gemachten Auf-
zeichnungen; eben damals bekam auch die griechiſche, die
ſchon früher entworfen war, die Form, in der dieſer
Unterricht Jahrhunderte gegeben worden iſt. Aus der
Diſciplin Melanchthons giengen Lehrer hervor die ſich ganz
nach ſeinem Muſter gebildet, und die deutſche Schulzucht
zu gründen unternahmen. Beſonders iſt Valentin Trotzen-
dorf merkwürdig, der 1523 von Wittenberg nach Gold-
berg in Schleſien berufen ward, von dem man geſagt hat,
er ſey zum Schulrector ſo gut geboren, wie Cäſar zum

1 Strobel: von den Verdienſten Melanchthons um die Gram-
matik zaͤhlt die bemerkenswertheſten Ausgaben auf, bis 1737. Neue
Beitraͤge II, III, 43.
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[89/0099] Ausbreitung der Lehre. cher von den freien Künſten, Recht und Arzneibücher, Chroniken und Hiſtorien, „denn die ſeyen nütze, Gottes Wunder und Werke zu ſehen.“ Eine Schrift, die für die Entwickelung der weltlichen Gelehrſamkeit dieſelbe Beden- tung hat wie das Buch an den deutſchen Adel für den weltlichen Stand überhaupt. In Luther erhebt ſich ſchon die Idee eines gelehrten weltlichen Beamtenſtandes, die für das deutſche Leben eine ſo unendliche Wichtigkeit gewon- nen hat; die populäre Pflege der Wiſſenſchaften nach ihrem eignen Prinzip, getrennt von der Kirche, faßt er ins Auge; die norddeutſche univerſale Gelehrſamkeit ſtrebt er zu grün- den. Darin ſtand ihm nun der unermüdliche Melanchthon mit lebendiger Thätigkeit zur Seite. Von ihm ſtammt die lateiniſche Grammatik, welche die norddeutſchen Schulen bis in den Anfang des 18ten Jahrhunderts beherrſcht hat; 1 um das Jahr 1524 erwuchs ſie ihm aus einigen für den Privatunterricht eines jungen Nürnbergers gemachten Auf- zeichnungen; eben damals bekam auch die griechiſche, die ſchon früher entworfen war, die Form, in der dieſer Unterricht Jahrhunderte gegeben worden iſt. Aus der Diſciplin Melanchthons giengen Lehrer hervor die ſich ganz nach ſeinem Muſter gebildet, und die deutſche Schulzucht zu gründen unternahmen. Beſonders iſt Valentin Trotzen- dorf merkwürdig, der 1523 von Wittenberg nach Gold- berg in Schleſien berufen ward, von dem man geſagt hat, er ſey zum Schulrector ſo gut geboren, wie Cäſar zum 1 Strobel: von den Verdienſten Melanchthons um die Gram- matik zaͤhlt die bemerkenswertheſten Ausgaben auf, bis 1737. Neue Beitraͤge II, III, 43.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/99>, abgerufen am 21.11.2024.