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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Reichsrechtliche Streitfrage.

Luther, der im Kaiserthum eine Fortsetzung des alt-
römischen sah, wie es in der Schrift vorkommt, hielt an
dem Begriffe der Monarchie fest, welcher dort vorwaltet.

Er verglich wohl das Verhältniß seines Churfürsten
zum Kaiser mit dem Verhältniß eines Bürgermeisters in
Torgau zum Churfürsten selbst. Brenz meinte, die Fürsten
seyen so wenig berechtigt, gegen den Kaiser die Waffen zu
ergreifen, wie einst die Bauern gegen Adel und Prälaten.

Eben bei diesen Vergleichungen aber sprang ins Auge,
wie wenig damit das Wesen der Sache bezeichnet wurde.
Von der andern Seite machte man geltend, daß die Für-
sten auch nicht einmal mit den römischen Landpflegern in
der Schrift, geschweige denn mit Bürgermeistern oder gar
Bauern zu vergleichen seyen; sie seyen dem Kaiser mit Be-
dingung ihrer Freiheit und Rechte, mit Maaß und Be-
schränkung, nach den ihnen verliehenen Gerechtsamen un-
terworfen. Ueberdieß seyen auch sie Obrigkeit und ihre
Pflicht das Evangelium zu beschützen. 1

Auf dem Convente zu Nürnberg äußerte der sächsische
Kanzler, aber unter der ausdrücklichen Verwahrung, daß
er damit nur eine persönliche Meinung ausspreche, er sey
allerdings von der Rechtmäßigkeit eines Widerstandes ge-
gen den Kaiser überzeugt. Er führte die beiden erwähn-
ten Gründe an: einmal, auch die Gewalt der andern Für-
sten stamme von Gott; und sodann, wolle der Kaiser zur

1 Einrede auf das gestellte Bedenken, als ob Kaiserlicher Ma-
jestät nicht mög Widerstand geschehen. Bei Hortleder II, II, 12.
H. setzt es "etwan 1531," da es sich aber auf die Begegnung be-
zieht, welche die jüngste der protestirenden Rathbotschaft erfahren, so
sollte ich glauben, es müßte Ende 1529 oder Anfang 1530 gesetzt
werden.
Reichsrechtliche Streitfrage.

Luther, der im Kaiſerthum eine Fortſetzung des alt-
römiſchen ſah, wie es in der Schrift vorkommt, hielt an
dem Begriffe der Monarchie feſt, welcher dort vorwaltet.

Er verglich wohl das Verhältniß ſeines Churfürſten
zum Kaiſer mit dem Verhältniß eines Bürgermeiſters in
Torgau zum Churfürſten ſelbſt. Brenz meinte, die Fürſten
ſeyen ſo wenig berechtigt, gegen den Kaiſer die Waffen zu
ergreifen, wie einſt die Bauern gegen Adel und Prälaten.

Eben bei dieſen Vergleichungen aber ſprang ins Auge,
wie wenig damit das Weſen der Sache bezeichnet wurde.
Von der andern Seite machte man geltend, daß die Für-
ſten auch nicht einmal mit den römiſchen Landpflegern in
der Schrift, geſchweige denn mit Bürgermeiſtern oder gar
Bauern zu vergleichen ſeyen; ſie ſeyen dem Kaiſer mit Be-
dingung ihrer Freiheit und Rechte, mit Maaß und Be-
ſchränkung, nach den ihnen verliehenen Gerechtſamen un-
terworfen. Ueberdieß ſeyen auch ſie Obrigkeit und ihre
Pflicht das Evangelium zu beſchützen. 1

Auf dem Convente zu Nürnberg äußerte der ſächſiſche
Kanzler, aber unter der ausdrücklichen Verwahrung, daß
er damit nur eine perſönliche Meinung ausſpreche, er ſey
allerdings von der Rechtmäßigkeit eines Widerſtandes ge-
gen den Kaiſer überzeugt. Er führte die beiden erwähn-
ten Gründe an: einmal, auch die Gewalt der andern Für-
ſten ſtamme von Gott; und ſodann, wolle der Kaiſer zur

1 Einrede auf das geſtellte Bedenken, als ob Kaiſerlicher Ma-
jeſtaͤt nicht moͤg Widerſtand geſchehen. Bei Hortleder II, II, 12.
H. ſetzt es „etwan 1531,“ da es ſich aber auf die Begegnung be-
zieht, welche die juͤngſte der proteſtirenden Rathbotſchaft erfahren, ſo
ſollte ich glauben, es muͤßte Ende 1529 oder Anfang 1530 geſetzt
werden.
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[183/0199] Reichsrechtliche Streitfrage. Luther, der im Kaiſerthum eine Fortſetzung des alt- römiſchen ſah, wie es in der Schrift vorkommt, hielt an dem Begriffe der Monarchie feſt, welcher dort vorwaltet. Er verglich wohl das Verhältniß ſeines Churfürſten zum Kaiſer mit dem Verhältniß eines Bürgermeiſters in Torgau zum Churfürſten ſelbſt. Brenz meinte, die Fürſten ſeyen ſo wenig berechtigt, gegen den Kaiſer die Waffen zu ergreifen, wie einſt die Bauern gegen Adel und Prälaten. Eben bei dieſen Vergleichungen aber ſprang ins Auge, wie wenig damit das Weſen der Sache bezeichnet wurde. Von der andern Seite machte man geltend, daß die Für- ſten auch nicht einmal mit den römiſchen Landpflegern in der Schrift, geſchweige denn mit Bürgermeiſtern oder gar Bauern zu vergleichen ſeyen; ſie ſeyen dem Kaiſer mit Be- dingung ihrer Freiheit und Rechte, mit Maaß und Be- ſchränkung, nach den ihnen verliehenen Gerechtſamen un- terworfen. Ueberdieß ſeyen auch ſie Obrigkeit und ihre Pflicht das Evangelium zu beſchützen. 1 Auf dem Convente zu Nürnberg äußerte der ſächſiſche Kanzler, aber unter der ausdrücklichen Verwahrung, daß er damit nur eine perſönliche Meinung ausſpreche, er ſey allerdings von der Rechtmäßigkeit eines Widerſtandes ge- gen den Kaiſer überzeugt. Er führte die beiden erwähn- ten Gründe an: einmal, auch die Gewalt der andern Für- ſten ſtamme von Gott; und ſodann, wolle der Kaiſer zur 1 Einrede auf das geſtellte Bedenken, als ob Kaiſerlicher Ma- jeſtaͤt nicht moͤg Widerſtand geſchehen. Bei Hortleder II, II, 12. H. ſetzt es „etwan 1531,“ da es ſich aber auf die Begegnung be- zieht, welche die juͤngſte der proteſtirenden Rathbotſchaft erfahren, ſo ſollte ich glauben, es muͤßte Ende 1529 oder Anfang 1530 geſetzt werden.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/199>, abgerufen am 28.11.2024.