Achtes Capitel. Reichstag zu Augsburg im Jahre 1530.
Ankunft, Absichten des Kaisers.
In welchem Gegensatz standen nun der Kaiser und die Protestanten.
Die Protestanten hatten sich unter einander entzweit, von einander isolirt, sie glaubten nicht einmal das Recht des Widerstandes zu haben. Granvella sagte noch in Ita- lien, bei dem ersten Sturme würden sie auseinander flie- gen, wie Tauben, wenn der Geier unter sie fährt. 1
Dagegen concentrirte sich, wenn wir so sagen dürfen, die Energie der lateinischen Christenheit in dem Kaiser; sie sah in ihm noch einmal ein mächtiges Oberhaupt an ih- rer Spitze. Unter den großen Mächten war fürs Erste Friede, und da man auch von den Osmanen für das nächste Jahr keinen neuen Angriff zu besorgen brauchte, so konnte
1Leodius lib. VII p. 139. Vgl. wie sich Erasmus gegen Sa- dolet äußert: Duae res nonnullam praebent spem, una est genius Caesaris mire felix, altera, quod isti in dogmatibus mire inter se dissentiunt. Ende 1529 oder Anfang 1530. Epp. II, 1258.
Achtes Capitel. Reichstag zu Augsburg im Jahre 1530.
Ankunft, Abſichten des Kaiſers.
In welchem Gegenſatz ſtanden nun der Kaiſer und die Proteſtanten.
Die Proteſtanten hatten ſich unter einander entzweit, von einander iſolirt, ſie glaubten nicht einmal das Recht des Widerſtandes zu haben. Granvella ſagte noch in Ita- lien, bei dem erſten Sturme würden ſie auseinander flie- gen, wie Tauben, wenn der Geier unter ſie fährt. 1
Dagegen concentrirte ſich, wenn wir ſo ſagen dürfen, die Energie der lateiniſchen Chriſtenheit in dem Kaiſer; ſie ſah in ihm noch einmal ein mächtiges Oberhaupt an ih- rer Spitze. Unter den großen Mächten war fürs Erſte Friede, und da man auch von den Osmanen für das nächſte Jahr keinen neuen Angriff zu beſorgen brauchte, ſo konnte
1Leodius lib. VII p. 139. Vgl. wie ſich Erasmus gegen Sa- dolet aͤußert: Duae res nonnullam praebent spem, una est genius Caesaris mire felix, altera, quod isti in dogmatibus mire inter se dissentiunt. Ende 1529 oder Anfang 1530. Epp. II, 1258.
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Achtes Capitel.
Reichstag zu Augsburg im Jahre 1530.
Ankunft, Abſichten des Kaiſers.
In welchem Gegenſatz ſtanden nun der Kaiſer und die
Proteſtanten.
Die Proteſtanten hatten ſich unter einander entzweit,
von einander iſolirt, ſie glaubten nicht einmal das Recht
des Widerſtandes zu haben. Granvella ſagte noch in Ita-
lien, bei dem erſten Sturme würden ſie auseinander flie-
gen, wie Tauben, wenn der Geier unter ſie fährt. 1
Dagegen concentrirte ſich, wenn wir ſo ſagen dürfen,
die Energie der lateiniſchen Chriſtenheit in dem Kaiſer; ſie
ſah in ihm noch einmal ein mächtiges Oberhaupt an ih-
rer Spitze. Unter den großen Mächten war fürs Erſte
Friede, und da man auch von den Osmanen für das nächſte
Jahr keinen neuen Angriff zu beſorgen brauchte, ſo konnte
1 Leodius lib. VII p. 139. Vgl. wie ſich Erasmus gegen Sa-
dolet aͤußert: Duae res nonnullam praebent spem, una est genius
Caesaris mire felix, altera, quod isti in dogmatibus mire inter se
dissentiunt. Ende 1529 oder Anfang 1530. Epp. II, 1258.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. [226]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/242>, abgerufen am 21.11.2024.
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