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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Fünftes Buch. Achtes Capitel.
sen, stehen in Angelegenheiten der ganzen Christenheit un-
ter dem Heerbanner unsres Heilands in schwerem Kampfe:
wir bitten täglich von Gott dem Herrn Geduld und Stärke.

Und hiedurch waren nun die Dinge in Deutschland
bereits zu einer entschiedenen Gestalt entwickelt. Einer alle
Rechte des Reichs in Anspruch nehmenden, mit dem Kai-
ser vereinten, mit den Kräften des alten Europa verbün-
deten Majorität gegenüber, suchte eine Minorität sich zu
halten, noch vereinzelt und formlos, aber voll von religiö-
ser Entschlossenheit. Die Majorität, den Kaiser an der
Spitze, schien gesonnen, Gewalt zu brauchen; 1 schon ward
über eine Werbung leichter Reiterei in Italien unterhan-
delt. 2 Die Minorität hatte noch keine Absicht; sie wußte
nur, daß sie nicht weichen werde.

War aber nicht jeder Schritt der Gewalt auch für
die Majorität der Stände höchst gefährlich? Sie war ihrer
eignen Unterthanen nicht sicher: die Erinnerung des Chur-
fürsten von Mainz an die Gefahr, mit der ein im rechten
Moment eintreffender Angriff der Türken beide Theile be-
drohe, machte einen allgemeinen Eindruck. Wie die fried-
liche Partei gleich anfangs beabsichtigt und den Beschlüssen
einverleibt hatte, so zog man es doch vor, noch einen Ver-
such der Vermittelung zu machen.


1 Butzer fürchtet eine "laniena sanctorum qualis vix Diocle-
tiani tempore fuit."
14. Aug. 1530 bei Röhrich II, p. 136.
2 Nicc. Tiepolo Relatione. Essendo in Augusta intesi che
si offersero
(die beiden Herzoge von Baiern) all imperatore vo-
lendo lui muover guerra a Lutheranis e seppi che tentorno col
duca di Mantova d'haver il modo di condur 1000 cavalli leggieri
d'Italia in caso si facesse guerra in Germania.

Fuͤnftes Buch. Achtes Capitel.
ſen, ſtehen in Angelegenheiten der ganzen Chriſtenheit un-
ter dem Heerbanner unſres Heilands in ſchwerem Kampfe:
wir bitten täglich von Gott dem Herrn Geduld und Stärke.

Und hiedurch waren nun die Dinge in Deutſchland
bereits zu einer entſchiedenen Geſtalt entwickelt. Einer alle
Rechte des Reichs in Anſpruch nehmenden, mit dem Kai-
ſer vereinten, mit den Kräften des alten Europa verbün-
deten Majorität gegenüber, ſuchte eine Minorität ſich zu
halten, noch vereinzelt und formlos, aber voll von religiö-
ſer Entſchloſſenheit. Die Majorität, den Kaiſer an der
Spitze, ſchien geſonnen, Gewalt zu brauchen; 1 ſchon ward
über eine Werbung leichter Reiterei in Italien unterhan-
delt. 2 Die Minorität hatte noch keine Abſicht; ſie wußte
nur, daß ſie nicht weichen werde.

War aber nicht jeder Schritt der Gewalt auch für
die Majorität der Stände höchſt gefährlich? Sie war ihrer
eignen Unterthanen nicht ſicher: die Erinnerung des Chur-
fürſten von Mainz an die Gefahr, mit der ein im rechten
Moment eintreffender Angriff der Türken beide Theile be-
drohe, machte einen allgemeinen Eindruck. Wie die fried-
liche Partei gleich anfangs beabſichtigt und den Beſchlüſſen
einverleibt hatte, ſo zog man es doch vor, noch einen Ver-
ſuch der Vermittelung zu machen.


1 Butzer fuͤrchtet eine „laniena sanctorum qualis vix Diocle-
tiani tempore fuit.“
14. Aug. 1530 bei Roͤhrich II, p. 136.
2 Nicc. Tiepolo Relatione. Essendo in Augusta intesi che
si offersero
(die beiden Herzoge von Baiern) all imperatore vo-
lendo lui muover guerra a Lutheranis e seppi che tentorno col
duca di Mantova d’haver il modo di condur 1000 cavalli leggieri
d’Italia in caso si facesse guerra in Germania.
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[274/0290] Fuͤnftes Buch. Achtes Capitel. ſen, ſtehen in Angelegenheiten der ganzen Chriſtenheit un- ter dem Heerbanner unſres Heilands in ſchwerem Kampfe: wir bitten täglich von Gott dem Herrn Geduld und Stärke. Und hiedurch waren nun die Dinge in Deutſchland bereits zu einer entſchiedenen Geſtalt entwickelt. Einer alle Rechte des Reichs in Anſpruch nehmenden, mit dem Kai- ſer vereinten, mit den Kräften des alten Europa verbün- deten Majorität gegenüber, ſuchte eine Minorität ſich zu halten, noch vereinzelt und formlos, aber voll von religiö- ſer Entſchloſſenheit. Die Majorität, den Kaiſer an der Spitze, ſchien geſonnen, Gewalt zu brauchen; 1 ſchon ward über eine Werbung leichter Reiterei in Italien unterhan- delt. 2 Die Minorität hatte noch keine Abſicht; ſie wußte nur, daß ſie nicht weichen werde. War aber nicht jeder Schritt der Gewalt auch für die Majorität der Stände höchſt gefährlich? Sie war ihrer eignen Unterthanen nicht ſicher: die Erinnerung des Chur- fürſten von Mainz an die Gefahr, mit der ein im rechten Moment eintreffender Angriff der Türken beide Theile be- drohe, machte einen allgemeinen Eindruck. Wie die fried- liche Partei gleich anfangs beabſichtigt und den Beſchlüſſen einverleibt hatte, ſo zog man es doch vor, noch einen Ver- ſuch der Vermittelung zu machen. 1 Butzer fuͤrchtet eine „laniena sanctorum qualis vix Diocle- tiani tempore fuit.“ 14. Aug. 1530 bei Roͤhrich II, p. 136. 2 Nicc. Tiepolo Relatione. Essendo in Augusta intesi che si offersero (die beiden Herzoge von Baiern) all imperatore vo- lendo lui muover guerra a Lutheranis e seppi che tentorno col duca di Mantova d’haver il modo di condur 1000 cavalli leggieri d’Italia in caso si facesse guerra in Germania.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/290>, abgerufen am 24.11.2024.