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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Forderungen der Bürgerstädte.
meinschaft in den Vogteien, sobald der eine Theil der Herr-
schaften den Glauben verfolgte, in welchem der andere sein
Heil erblickte? Wie konnten die evangelischen Mitglieder des
Bundes überhaupt zusehen, daß ihre Glaubensgenossen ein
paar Meilen von ihnen mit Gefängniß bestraft wurden? Darin
lag doch im Grunde nichts, als eine Anerkennung der Christlich-
keit des neuen Zustandes; nur diese nahmen sie in Anspruch.

In diesen Zeiten hatte sich aber das religiöse Bekenntniß
viel zu enge mit der Staatsgewalt vereinigt, als daß Zuge-
ständnisse auch nur solcher Art anders als auf dem Wege
des Zwanges hätten durchgesetzt werden können. Die Staats-
gewalt in den fünf Orten beruhte auf der ausschließenden
Herrschaft des Katholicismus. Hätten die Machthaber sich
bequemt, die entgegengesetzten Meinungen zuzulassen, so
würde sich unter ihren Augen ein ihnen feindseliges Element
in der Bevölkerung gebildet haben, das von den Tendenzen
der Zeit getragen, und von außen her unterstützt ihnen leicht
selbst hätte gefährlich werden können. Sie wiesen alle jene
Anmuthungen entschieden von der Hand.

Da trug nun Zwingli kein Bedenken, Krieg zu fordern,
unverzüglichen Angriff, so lange man den Vortheil in Hän-
den habe; er bewirkte, daß Zürich, wo jetzt Niemand mehr
ihm offen widersprach, sich in seinem Sinn erklärte.

In Bern jedoch war seine Autorität nicht so groß.
Zwangsmaaßregeln hielt auch Bern für nothwendig, aber
es wollte nicht zu den äußersten Mitteln schreiten. Es setzte
durch, daß man, wie es auch in dem Landfrieden schon vor-
gesehen war, die fünf Orte zuerst durch Entziehung der Zu-
fuhr zu bekämpfen beschloß.

Wie hätte das aber Zwingli befriedigen sollen? Er

Forderungen der Buͤrgerſtaͤdte.
meinſchaft in den Vogteien, ſobald der eine Theil der Herr-
ſchaften den Glauben verfolgte, in welchem der andere ſein
Heil erblickte? Wie konnten die evangeliſchen Mitglieder des
Bundes überhaupt zuſehen, daß ihre Glaubensgenoſſen ein
paar Meilen von ihnen mit Gefängniß beſtraft wurden? Darin
lag doch im Grunde nichts, als eine Anerkennung der Chriſtlich-
keit des neuen Zuſtandes; nur dieſe nahmen ſie in Anſpruch.

In dieſen Zeiten hatte ſich aber das religiöſe Bekenntniß
viel zu enge mit der Staatsgewalt vereinigt, als daß Zuge-
ſtändniſſe auch nur ſolcher Art anders als auf dem Wege
des Zwanges hätten durchgeſetzt werden können. Die Staats-
gewalt in den fünf Orten beruhte auf der ausſchließenden
Herrſchaft des Katholicismus. Hätten die Machthaber ſich
bequemt, die entgegengeſetzten Meinungen zuzulaſſen, ſo
würde ſich unter ihren Augen ein ihnen feindſeliges Element
in der Bevölkerung gebildet haben, das von den Tendenzen
der Zeit getragen, und von außen her unterſtützt ihnen leicht
ſelbſt hätte gefährlich werden können. Sie wieſen alle jene
Anmuthungen entſchieden von der Hand.

Da trug nun Zwingli kein Bedenken, Krieg zu fordern,
unverzüglichen Angriff, ſo lange man den Vortheil in Hän-
den habe; er bewirkte, daß Zürich, wo jetzt Niemand mehr
ihm offen widerſprach, ſich in ſeinem Sinn erklärte.

In Bern jedoch war ſeine Autorität nicht ſo groß.
Zwangsmaaßregeln hielt auch Bern für nothwendig, aber
es wollte nicht zu den äußerſten Mitteln ſchreiten. Es ſetzte
durch, daß man, wie es auch in dem Landfrieden ſchon vor-
geſehen war, die fünf Orte zuerſt durch Entziehung der Zu-
fuhr zu bekämpfen beſchloß.

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[357/0373] Forderungen der Buͤrgerſtaͤdte. meinſchaft in den Vogteien, ſobald der eine Theil der Herr- ſchaften den Glauben verfolgte, in welchem der andere ſein Heil erblickte? Wie konnten die evangeliſchen Mitglieder des Bundes überhaupt zuſehen, daß ihre Glaubensgenoſſen ein paar Meilen von ihnen mit Gefängniß beſtraft wurden? Darin lag doch im Grunde nichts, als eine Anerkennung der Chriſtlich- keit des neuen Zuſtandes; nur dieſe nahmen ſie in Anſpruch. In dieſen Zeiten hatte ſich aber das religiöſe Bekenntniß viel zu enge mit der Staatsgewalt vereinigt, als daß Zuge- ſtändniſſe auch nur ſolcher Art anders als auf dem Wege des Zwanges hätten durchgeſetzt werden können. Die Staats- gewalt in den fünf Orten beruhte auf der ausſchließenden Herrſchaft des Katholicismus. Hätten die Machthaber ſich bequemt, die entgegengeſetzten Meinungen zuzulaſſen, ſo würde ſich unter ihren Augen ein ihnen feindſeliges Element in der Bevölkerung gebildet haben, das von den Tendenzen der Zeit getragen, und von außen her unterſtützt ihnen leicht ſelbſt hätte gefährlich werden können. Sie wieſen alle jene Anmuthungen entſchieden von der Hand. Da trug nun Zwingli kein Bedenken, Krieg zu fordern, unverzüglichen Angriff, ſo lange man den Vortheil in Hän- den habe; er bewirkte, daß Zürich, wo jetzt Niemand mehr ihm offen widerſprach, ſich in ſeinem Sinn erklärte. In Bern jedoch war ſeine Autorität nicht ſo groß. Zwangsmaaßregeln hielt auch Bern für nothwendig, aber es wollte nicht zu den äußerſten Mitteln ſchreiten. Es ſetzte durch, daß man, wie es auch in dem Landfrieden ſchon vor- geſehen war, die fünf Orte zuerſt durch Entziehung der Zu- fuhr zu bekämpfen beſchloß. Wie hätte das aber Zwingli befriedigen ſollen? Er

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/373>, abgerufen am 24.11.2024.