Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.Fünftes Buch. Erstes Capitel. wenn unter diesen Umständen der König von Frankreichdie Wärme und den Eifer in Doria vermißte, die man wohl sonst von ihm hätte erwarten dürfen. Auch Doria seinerseits führte mancherlei Beschwerden, über persönliche Kränkungen, so wie über die Behandlung seiner Vaterstadt, der man ihre alten Rechte auf Savona streitig machte. In England, wo damals viele Genuesen lebten und man alle diese Dinge auf das genaueste kannte, war man außer sich darüber. Wolsey meinte, man solle dem Doria so viel Geld geben, so viel Ehre erweisen, als er nur irgend verlange, Sa- vona lieber sechs Mal fahren lassen, nur diesen Mann nicht aufgeben in einer Zeit, wo man seiner am meisten bedürfe. Allein die französische Politik ward nicht so streng aus Ei- nem herrschenden Gesichtspunkt geleitet, daß man diesen Verlust in aller seiner Bedeutung erwogen hätte. Dage- gen unterschrieb der Kaiser alle Bedingungen, die Doria vorschlug; er stellte das Schicksal Genua's, so wie das persönliche Dorias vollkommen sicher; von freien Stücken fügte er noch einige Gnadenerweisungen z. B. ein nicht unbedeutendes Landgeschenk im Neapolitanischen hinzu. 1 Er wußte sehr wohl was er that. Gar bald pflanzte An- drea Doria die Fahnen, welche Filippino in jener See- schlacht den Kaiserlichen abgenommen, im Dienste des Kai- sers auf seiner Flotte auf. 1 Sein Uebertritt allein reichte hin um das Uebergewicht in den spanisch-italienischen Ge- anfangen. Vgl. übrigens Folieta historia Gennensis p. 309. Si- gonius de rebus gestis Andreae Auriae Opp. Sigonii I, 241. 1 Schreiben an Salviati L. d. principi II, 129. In einer
handschriftlichen Lebensbeschreibung Guasto's in der Bibliothek Chigi zu Rom findet sich auch ein Abschnitt über das Cambiamento di A. Doria, der freilich etwas abenteuerlich lautet. Die Gefangenen Do- Fuͤnftes Buch. Erſtes Capitel. wenn unter dieſen Umſtänden der König von Frankreichdie Wärme und den Eifer in Doria vermißte, die man wohl ſonſt von ihm hätte erwarten dürfen. Auch Doria ſeinerſeits führte mancherlei Beſchwerden, über perſönliche Kränkungen, ſo wie über die Behandlung ſeiner Vaterſtadt, der man ihre alten Rechte auf Savona ſtreitig machte. In England, wo damals viele Genueſen lebten und man alle dieſe Dinge auf das genaueſte kannte, war man außer ſich darüber. Wolſey meinte, man ſolle dem Doria ſo viel Geld geben, ſo viel Ehre erweiſen, als er nur irgend verlange, Sa- vona lieber ſechs Mal fahren laſſen, nur dieſen Mann nicht aufgeben in einer Zeit, wo man ſeiner am meiſten bedürfe. Allein die franzöſiſche Politik ward nicht ſo ſtreng aus Ei- nem herrſchenden Geſichtspunkt geleitet, daß man dieſen Verluſt in aller ſeiner Bedeutung erwogen hätte. Dage- gen unterſchrieb der Kaiſer alle Bedingungen, die Doria vorſchlug; er ſtellte das Schickſal Genua’s, ſo wie das perſönliche Dorias vollkommen ſicher; von freien Stücken fügte er noch einige Gnadenerweiſungen z. B. ein nicht unbedeutendes Landgeſchenk im Neapolitaniſchen hinzu. 1 Er wußte ſehr wohl was er that. Gar bald pflanzte An- drea Doria die Fahnen, welche Filippino in jener See- ſchlacht den Kaiſerlichen abgenommen, im Dienſte des Kai- ſers auf ſeiner Flotte auf. 1 Sein Uebertritt allein reichte hin um das Uebergewicht in den ſpaniſch-italieniſchen Ge- anfangen. Vgl. uͤbrigens Folieta historia Gennensis p. 309. Si- gonius de rebus gestis Andreae Auriae Opp. Sigonii I, 241. 1 Schreiben an Salviati L. d. principi II, 129. In einer
handſchriftlichen Lebensbeſchreibung Guaſto’s in der Bibliothek Chigi zu Rom findet ſich auch ein Abſchnitt uͤber das Cambiamento di A. Doria, der freilich etwas abenteuerlich lautet. Die Gefangenen Do- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0042" n="26"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fuͤnftes Buch. Erſtes Capitel</hi>.</fw><lb/> wenn unter dieſen Umſtänden der König von Frankreich<lb/> die Wärme und den Eifer in Doria vermißte, die man<lb/> wohl ſonſt von ihm hätte erwarten dürfen. Auch Doria<lb/> ſeinerſeits führte mancherlei Beſchwerden, über perſönliche<lb/> Kränkungen, ſo wie über die Behandlung ſeiner Vaterſtadt,<lb/> der man ihre alten Rechte auf Savona ſtreitig machte. In<lb/> England, wo damals viele Genueſen lebten und man alle<lb/> dieſe Dinge auf das genaueſte kannte, war man außer ſich<lb/> darüber. Wolſey meinte, man ſolle dem Doria ſo viel Geld<lb/> geben, ſo viel Ehre erweiſen, als er nur irgend verlange, Sa-<lb/> vona lieber ſechs Mal fahren laſſen, nur dieſen Mann nicht<lb/> aufgeben in einer Zeit, wo man ſeiner am meiſten bedürfe.<lb/> Allein die franzöſiſche Politik ward nicht ſo ſtreng aus Ei-<lb/> nem herrſchenden Geſichtspunkt geleitet, daß man dieſen<lb/> Verluſt in aller ſeiner Bedeutung erwogen hätte. Dage-<lb/> gen unterſchrieb der Kaiſer alle Bedingungen, die Doria<lb/> vorſchlug; er ſtellte das Schickſal Genua’s, ſo wie das<lb/> perſönliche Dorias vollkommen ſicher; von freien Stücken<lb/> fügte er noch einige Gnadenerweiſungen z. B. ein nicht<lb/> unbedeutendes Landgeſchenk im Neapolitaniſchen hinzu. <note xml:id="seg2pn_4_1" next="#seg2pn_4_2" place="foot" n="1">Schreiben an Salviati <hi rendition="#aq">L. d. principi II,</hi> 129. In einer<lb/> handſchriftlichen Lebensbeſchreibung Guaſto’s in der Bibliothek Chigi<lb/> zu Rom findet ſich auch ein Abſchnitt uͤber das <hi rendition="#aq">Cambiamento di A.<lb/> Doria,</hi> der freilich etwas abenteuerlich lautet. Die Gefangenen Do-</note><lb/> Er wußte ſehr wohl was er that. Gar bald pflanzte An-<lb/> drea Doria die Fahnen, welche Filippino in jener See-<lb/> ſchlacht den Kaiſerlichen abgenommen, im Dienſte des Kai-<lb/> ſers auf ſeiner Flotte auf. <note sameAs="#seg2pn_4_1" place="foot" n="1"/> Sein Uebertritt allein reichte<lb/> hin um das Uebergewicht in den ſpaniſch-italieniſchen Ge-<lb/><note xml:id="seg2pn_3_2" prev="#seg2pn_3_1" place="foot" n="3">anfangen. Vgl. uͤbrigens <hi rendition="#aq">Folieta historia Gennensis p. 309. Si-<lb/> gonius de rebus gestis Andreae Auriae Opp. Sigonii I, 241.</hi></note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [26/0042]
Fuͤnftes Buch. Erſtes Capitel.
wenn unter dieſen Umſtänden der König von Frankreich
die Wärme und den Eifer in Doria vermißte, die man
wohl ſonſt von ihm hätte erwarten dürfen. Auch Doria
ſeinerſeits führte mancherlei Beſchwerden, über perſönliche
Kränkungen, ſo wie über die Behandlung ſeiner Vaterſtadt,
der man ihre alten Rechte auf Savona ſtreitig machte. In
England, wo damals viele Genueſen lebten und man alle
dieſe Dinge auf das genaueſte kannte, war man außer ſich
darüber. Wolſey meinte, man ſolle dem Doria ſo viel Geld
geben, ſo viel Ehre erweiſen, als er nur irgend verlange, Sa-
vona lieber ſechs Mal fahren laſſen, nur dieſen Mann nicht
aufgeben in einer Zeit, wo man ſeiner am meiſten bedürfe.
Allein die franzöſiſche Politik ward nicht ſo ſtreng aus Ei-
nem herrſchenden Geſichtspunkt geleitet, daß man dieſen
Verluſt in aller ſeiner Bedeutung erwogen hätte. Dage-
gen unterſchrieb der Kaiſer alle Bedingungen, die Doria
vorſchlug; er ſtellte das Schickſal Genua’s, ſo wie das
perſönliche Dorias vollkommen ſicher; von freien Stücken
fügte er noch einige Gnadenerweiſungen z. B. ein nicht
unbedeutendes Landgeſchenk im Neapolitaniſchen hinzu. 1
Er wußte ſehr wohl was er that. Gar bald pflanzte An-
drea Doria die Fahnen, welche Filippino in jener See-
ſchlacht den Kaiſerlichen abgenommen, im Dienſte des Kai-
ſers auf ſeiner Flotte auf. 1 Sein Uebertritt allein reichte
hin um das Uebergewicht in den ſpaniſch-italieniſchen Ge-
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1 Schreiben an Salviati L. d. principi II, 129. In einer
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zu Rom findet ſich auch ein Abſchnitt uͤber das Cambiamento di A.
Doria, der freilich etwas abenteuerlich lautet. Die Gefangenen Do-
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3 anfangen. Vgl. uͤbrigens Folieta historia Gennensis p. 309. Si-
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