Auch auf alle andern Anträge hatten sie eine entspre- chende Antwort bereit.
Man muthete ihnen an, die Geistlichen "des Ihren" nicht weiter zu entsetzen. Sie entgegneten, sollte den Bi- schöfen ihre Jurisdiction verbleiben, -- denn diese haupt- sächlich verstand man unter dem Ihren, -- so würden die- selben ein Schwert in der Hand behalten, um damit die Lehre jederzeit auszurotten.
Ferner erneuerte der Kaiser die Forderung, daß in den protestantischen Ländern die Ausübung des alten Ri- tus, namentlich der Communion unter Einer Gestalt ge- stattet werde. Der sächsische Canzler Brück erwiederte, daß dann auch in dem ganzen Reiche beide Gestalten erlaubt seyn müßten: erst das werde ein Frieden zu nennen seyn, wenn man sich in den beiden wichtigsten Sacramen- ten in der ganzen Nation gleichförmig halten dürfe.
Endlich gedachte man auch der Wahl: der mainzische Canzler Türk äußerte die Ansicht, daß die protestantische Partei durch ihre Opposition in dieser Sache wohl nur die Religionsangelegenheit zu fördern gedenke. Dr. Brück versetzte, er müsse ihm sagen, man habe diesseit der Reli- gion halber keinerlei Furcht; sie sey zu tief in das Volk gedrungen; Jedermann wisse Recht oder Unrecht zu unter- scheiden. Die Meinung der Protestanten gehe ernstlich dahin, daß der König die Sache entweder zum rechtlichen Austrag kommen lassen, oder zufrieden seyn möge über die zu herrschen, welche ihn gewählt. 1
1Dr. Brucken Bericht, was er mit Dr. Türken in Bitterfeld
Differenzpunkte in der prot. Unterhandl.
Auch auf alle andern Anträge hatten ſie eine entſpre- chende Antwort bereit.
Man muthete ihnen an, die Geiſtlichen „des Ihren“ nicht weiter zu entſetzen. Sie entgegneten, ſollte den Bi- ſchöfen ihre Jurisdiction verbleiben, — denn dieſe haupt- ſächlich verſtand man unter dem Ihren, — ſo würden die- ſelben ein Schwert in der Hand behalten, um damit die Lehre jederzeit auszurotten.
Ferner erneuerte der Kaiſer die Forderung, daß in den proteſtantiſchen Ländern die Ausübung des alten Ri- tus, namentlich der Communion unter Einer Geſtalt ge- ſtattet werde. Der ſächſiſche Canzler Brück erwiederte, daß dann auch in dem ganzen Reiche beide Geſtalten erlaubt ſeyn müßten: erſt das werde ein Frieden zu nennen ſeyn, wenn man ſich in den beiden wichtigſten Sacramen- ten in der ganzen Nation gleichförmig halten dürfe.
Endlich gedachte man auch der Wahl: der mainziſche Canzler Türk äußerte die Anſicht, daß die proteſtantiſche Partei durch ihre Oppoſition in dieſer Sache wohl nur die Religionsangelegenheit zu fördern gedenke. Dr. Brück verſetzte, er müſſe ihm ſagen, man habe dieſſeit der Reli- gion halber keinerlei Furcht; ſie ſey zu tief in das Volk gedrungen; Jedermann wiſſe Recht oder Unrecht zu unter- ſcheiden. Die Meinung der Proteſtanten gehe ernſtlich dahin, daß der König die Sache entweder zum rechtlichen Austrag kommen laſſen, oder zufrieden ſeyn möge über die zu herrſchen, welche ihn gewählt. 1
1Dr. Brucken Bericht, was er mit Dr. Tuͤrken in Bitterfeld
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Differenzpunkte in der prot. Unterhandl.
Auch auf alle andern Anträge hatten ſie eine entſpre-
chende Antwort bereit.
Man muthete ihnen an, die Geiſtlichen „des Ihren“
nicht weiter zu entſetzen. Sie entgegneten, ſollte den Bi-
ſchöfen ihre Jurisdiction verbleiben, — denn dieſe haupt-
ſächlich verſtand man unter dem Ihren, — ſo würden die-
ſelben ein Schwert in der Hand behalten, um damit die
Lehre jederzeit auszurotten.
Ferner erneuerte der Kaiſer die Forderung, daß in
den proteſtantiſchen Ländern die Ausübung des alten Ri-
tus, namentlich der Communion unter Einer Geſtalt ge-
ſtattet werde. Der ſächſiſche Canzler Brück erwiederte, daß
dann auch in dem ganzen Reiche beide Geſtalten erlaubt
ſeyn müßten: erſt das werde ein Frieden zu nennen
ſeyn, wenn man ſich in den beiden wichtigſten Sacramen-
ten in der ganzen Nation gleichförmig halten dürfe.
Endlich gedachte man auch der Wahl: der mainziſche
Canzler Türk äußerte die Anſicht, daß die proteſtantiſche
Partei durch ihre Oppoſition in dieſer Sache wohl nur
die Religionsangelegenheit zu fördern gedenke. Dr. Brück
verſetzte, er müſſe ihm ſagen, man habe dieſſeit der Reli-
gion halber keinerlei Furcht; ſie ſey zu tief in das Volk
gedrungen; Jedermann wiſſe Recht oder Unrecht zu unter-
ſcheiden. Die Meinung der Proteſtanten gehe ernſtlich
dahin, daß der König die Sache entweder zum rechtlichen
Austrag kommen laſſen, oder zufrieden ſeyn möge über die
zu herrſchen, welche ihn gewählt. 1
1 Dr. Brucken Bericht, was er mit Dr. Tuͤrken in Bitterfeld
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/429>, abgerufen am 24.11.2024.
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