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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Wullenweber, Bürgermeister in Lübeck.
in Lübeck, deren Emporstreben während der religiösen Ir-
rungen wir wahrgenommen, jetzt daselbst ans Ruder kam
und sich mit frischem Eifer auf diese Angelegenheiten warf.

Bei der Gründung von Lübeck, in den ersten einfa-
chen Zeiten, wo man es dort wie in Venedig als eine Last
ansah, an der Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten
Theil nehmen, in Rath kommen zu müssen, war das Sta-
tut gemacht worden, daß es einem Jeden, wenn er zwei
Jahr darin gesessen, frei stehen solle, im dritten herauszu-
bleiben. 1 Seitdem aber hatte man sich längst gewöhnt, diese
Last als eine Ehre zu betrachten, und war eifersüchtig, sie mit
Jemand theilen zu müssen. Nichtsdestominder legte die auf-
strebende Faction das Statut dahin aus, daß Niemand länger
als zwei Jahr im Rath sitzen dürfe, das Collegium demnach
alle Jahre zum dritten Theil erneuert werden müsse. Besonders
ward diese Auslegung von Georg Wullenweber durchge-
setzt, einem der Directoren der Hundert Vier und sechzig;
er mochte es für das beste Mittel halten, sich unter dem An-
schein der Gesetzlichkeit der höchsten Gewalt zu bemächtigen;
die aufgeregte Bürgerschaft gab ihm Beifall. Im Februar
1533 ward der Rath erneuert und Wullenweber befand sich
unter den Ersten, die in denselben eintraten; -- kaum hatte
er 14 Tage darin gesessen, so ward er (8. März) zum
Bürgermeister ernannt. Hiedurch erst ward die Umwand-

1 Des driden Jaers sol he freye sin des Rads, men he möghe
id dann mit Bedde von eme hebben, dat he soeke den Rad. Becker
II, p. 54. Ich kenne die Gründe nicht, worauf sich Barthold stützt,
wenn er in seinem Aufsatz über Wullenweber in Raumers Taschen-
buch 1835 p. 37 das Statut folgendergestalt auslegt: es solle Nie-
mand länger als 2 Jahre im Rathe sitzen, falls nicht die Bürger
aus besondern Gründen auf eine Erstreckung der Würde antragen.

Wullenweber, Buͤrgermeiſter in Luͤbeck.
in Lübeck, deren Emporſtreben während der religiöſen Ir-
rungen wir wahrgenommen, jetzt daſelbſt ans Ruder kam
und ſich mit friſchem Eifer auf dieſe Angelegenheiten warf.

Bei der Gründung von Lübeck, in den erſten einfa-
chen Zeiten, wo man es dort wie in Venedig als eine Laſt
anſah, an der Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten
Theil nehmen, in Rath kommen zu müſſen, war das Sta-
tut gemacht worden, daß es einem Jeden, wenn er zwei
Jahr darin geſeſſen, frei ſtehen ſolle, im dritten herauszu-
bleiben. 1 Seitdem aber hatte man ſich längſt gewöhnt, dieſe
Laſt als eine Ehre zu betrachten, und war eiferſüchtig, ſie mit
Jemand theilen zu müſſen. Nichtsdeſtominder legte die auf-
ſtrebende Faction das Statut dahin aus, daß Niemand länger
als zwei Jahr im Rath ſitzen dürfe, das Collegium demnach
alle Jahre zum dritten Theil erneuert werden müſſe. Beſonders
ward dieſe Auslegung von Georg Wullenweber durchge-
ſetzt, einem der Directoren der Hundert Vier und ſechzig;
er mochte es für das beſte Mittel halten, ſich unter dem An-
ſchein der Geſetzlichkeit der höchſten Gewalt zu bemächtigen;
die aufgeregte Bürgerſchaft gab ihm Beifall. Im Februar
1533 ward der Rath erneuert und Wullenweber befand ſich
unter den Erſten, die in denſelben eintraten; — kaum hatte
er 14 Tage darin geſeſſen, ſo ward er (8. März) zum
Bürgermeiſter ernannt. Hiedurch erſt ward die Umwand-

1 Des driden Jaers ſol he freye ſin des Rads, men he moͤghe
id dann mit Bedde von eme hebben, dat he ſoeke den Rad. Becker
II, p. 54. Ich kenne die Gruͤnde nicht, worauf ſich Barthold ſtuͤtzt,
wenn er in ſeinem Aufſatz uͤber Wullenweber in Raumers Taſchen-
buch 1835 p. 37 das Statut folgendergeſtalt auslegt: es ſolle Nie-
mand laͤnger als 2 Jahre im Rathe ſitzen, falls nicht die Buͤrger
aus beſondern Gruͤnden auf eine Erſtreckung der Wuͤrde antragen.
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[573/0589] Wullenweber, Buͤrgermeiſter in Luͤbeck. in Lübeck, deren Emporſtreben während der religiöſen Ir- rungen wir wahrgenommen, jetzt daſelbſt ans Ruder kam und ſich mit friſchem Eifer auf dieſe Angelegenheiten warf. Bei der Gründung von Lübeck, in den erſten einfa- chen Zeiten, wo man es dort wie in Venedig als eine Laſt anſah, an der Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten Theil nehmen, in Rath kommen zu müſſen, war das Sta- tut gemacht worden, daß es einem Jeden, wenn er zwei Jahr darin geſeſſen, frei ſtehen ſolle, im dritten herauszu- bleiben. 1 Seitdem aber hatte man ſich längſt gewöhnt, dieſe Laſt als eine Ehre zu betrachten, und war eiferſüchtig, ſie mit Jemand theilen zu müſſen. Nichtsdeſtominder legte die auf- ſtrebende Faction das Statut dahin aus, daß Niemand länger als zwei Jahr im Rath ſitzen dürfe, das Collegium demnach alle Jahre zum dritten Theil erneuert werden müſſe. Beſonders ward dieſe Auslegung von Georg Wullenweber durchge- ſetzt, einem der Directoren der Hundert Vier und ſechzig; er mochte es für das beſte Mittel halten, ſich unter dem An- ſchein der Geſetzlichkeit der höchſten Gewalt zu bemächtigen; die aufgeregte Bürgerſchaft gab ihm Beifall. Im Februar 1533 ward der Rath erneuert und Wullenweber befand ſich unter den Erſten, die in denſelben eintraten; — kaum hatte er 14 Tage darin geſeſſen, ſo ward er (8. März) zum Bürgermeiſter ernannt. Hiedurch erſt ward die Umwand- 1 Des driden Jaers ſol he freye ſin des Rads, men he moͤghe id dann mit Bedde von eme hebben, dat he ſoeke den Rad. Becker II, p. 54. Ich kenne die Gruͤnde nicht, worauf ſich Barthold ſtuͤtzt, wenn er in ſeinem Aufſatz uͤber Wullenweber in Raumers Taſchen- buch 1835 p. 37 das Statut folgendergeſtalt auslegt: es ſolle Nie- mand laͤnger als 2 Jahre im Rathe ſitzen, falls nicht die Buͤrger aus beſondern Gruͤnden auf eine Erſtreckung der Wuͤrde antragen.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 573. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/589>, abgerufen am 22.11.2024.