Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.Sechstes Buch. Zehntes Capitel. ob die kirchliche Reform Dänemark ergreifen würde; de-ren Schicksal war durch die Thronbesteigung eines prote- stantischen Königs hinreichend gesichert. Die Frage war vielmehr, ob die Durchführung der kirchlichen Reform mit einer politischen Umwälzung verbunden sey, ob jene Erhebung des demokratischen Prinzips, die von Lübeck aus sich über den Norden verbreitet, den Sieg davon tra- gen würde oder nicht; dieselbe Frage, die, seit sie in den karlstadtischen Zeiten zuerst in Wittenberg sich geregt, erst das obere, und nunmehr auch das niedere Deutschland in Gährung gesetzt hatte, die so eben auch in Münster entschie- den wurde. An dieser entfernten Stelle des Nordens war jetzt Am 11. Juni 1535, auf Fünen unfern Assens bei dem 1 Chytraeus: oculus nobilitatis eruditae in his terris ful-
gentissimus. Vergl. Christiani N. Gesch. von Schleswig und Hol- stein I, 479 II, 54. Sechstes Buch. Zehntes Capitel. ob die kirchliche Reform Dänemark ergreifen würde; de-ren Schickſal war durch die Thronbeſteigung eines prote- ſtantiſchen Königs hinreichend geſichert. Die Frage war vielmehr, ob die Durchführung der kirchlichen Reform mit einer politiſchen Umwälzung verbunden ſey, ob jene Erhebung des demokratiſchen Prinzips, die von Lübeck aus ſich über den Norden verbreitet, den Sieg davon tra- gen würde oder nicht; dieſelbe Frage, die, ſeit ſie in den karlſtadtiſchen Zeiten zuerſt in Wittenberg ſich geregt, erſt das obere, und nunmehr auch das niedere Deutſchland in Gährung geſetzt hatte, die ſo eben auch in Münſter entſchie- den wurde. An dieſer entfernten Stelle des Nordens war jetzt Am 11. Juni 1535, auf Fünen unfern Aſſens bei dem 1 Chytraeus: oculus nobilitatis eruditae in his terris ful-
gentissimus. Vergl. Chriſtiani N. Geſch. von Schleswig und Hol- ſtein I, 479 II, 54. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0608" n="592"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Sechstes Buch. Zehntes Capitel</hi>.</fw><lb/> ob die kirchliche Reform Dänemark ergreifen würde; de-<lb/> ren Schickſal war durch die Thronbeſteigung eines prote-<lb/> ſtantiſchen Königs hinreichend geſichert. Die Frage war<lb/> vielmehr, ob die Durchführung der kirchlichen Reform<lb/> mit einer politiſchen Umwälzung verbunden ſey, ob jene<lb/> Erhebung des demokratiſchen Prinzips, die von Lübeck<lb/> aus ſich über den Norden verbreitet, den Sieg davon tra-<lb/> gen würde oder nicht; dieſelbe Frage, die, ſeit ſie in den<lb/> karlſtadtiſchen Zeiten zuerſt in Wittenberg ſich geregt, erſt<lb/> das obere, und nunmehr auch das niedere Deutſchland in<lb/> Gährung geſetzt hatte, die ſo eben auch in Münſter entſchie-<lb/> den wurde.</p><lb/> <p>An dieſer entfernten Stelle des Nordens war jetzt<lb/> die ganze Kraft des demokratiſchen Prinzips vereinigt.<lb/> Hätte es geſiegt, ſo würde es auf Deutſchland noch ein-<lb/> mal eine große Rückwirkung ausgeübt haben.</p><lb/> <p>Am 11. Juni 1535, auf Fünen unfern Aſſens bei dem<lb/> Oxnebirg, — wo einſt Odin mit Opfern verehrt worden,<lb/> Sagen von der Größe des Hauſes Oldenburg, das nur durch<lb/> ſeine Zwietracht gelähmt worden, ihren Sitz haben, — kam<lb/> es zu dieſer Entſcheidung. Auf beiden Seiten waren Deut-<lb/> ſche und Dänen. Die königlichen wurden von Hans Rantzau<lb/> angeführt, der ſich noch den Ritterſchlag von Jeruſalem<lb/> geholt, ganz Europa durchzogen und wohl noch in höherem<lb/> Grade als ſein Herr proteſtantiſchen Eifer, Sinn für Cultur<lb/> und Wiſſenſchaft <note place="foot" n="1"><hi rendition="#aq">Chytraeus: oculus nobilitatis eruditae in his terris ful-<lb/> gentissimus.</hi> Vergl. Chriſtiani N. Geſch. von Schleswig und Hol-<lb/> ſtein <hi rendition="#aq">I, 479 II,</hi> 54.</note> mit Geſchicklichkeit im Rath und Tapferkeit<lb/> im Felde vereinigte; die ſtädtiſchen vom Grafen von Hoya.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [592/0608]
Sechstes Buch. Zehntes Capitel.
ob die kirchliche Reform Dänemark ergreifen würde; de-
ren Schickſal war durch die Thronbeſteigung eines prote-
ſtantiſchen Königs hinreichend geſichert. Die Frage war
vielmehr, ob die Durchführung der kirchlichen Reform
mit einer politiſchen Umwälzung verbunden ſey, ob jene
Erhebung des demokratiſchen Prinzips, die von Lübeck
aus ſich über den Norden verbreitet, den Sieg davon tra-
gen würde oder nicht; dieſelbe Frage, die, ſeit ſie in den
karlſtadtiſchen Zeiten zuerſt in Wittenberg ſich geregt, erſt
das obere, und nunmehr auch das niedere Deutſchland in
Gährung geſetzt hatte, die ſo eben auch in Münſter entſchie-
den wurde.
An dieſer entfernten Stelle des Nordens war jetzt
die ganze Kraft des demokratiſchen Prinzips vereinigt.
Hätte es geſiegt, ſo würde es auf Deutſchland noch ein-
mal eine große Rückwirkung ausgeübt haben.
Am 11. Juni 1535, auf Fünen unfern Aſſens bei dem
Oxnebirg, — wo einſt Odin mit Opfern verehrt worden,
Sagen von der Größe des Hauſes Oldenburg, das nur durch
ſeine Zwietracht gelähmt worden, ihren Sitz haben, — kam
es zu dieſer Entſcheidung. Auf beiden Seiten waren Deut-
ſche und Dänen. Die königlichen wurden von Hans Rantzau
angeführt, der ſich noch den Ritterſchlag von Jeruſalem
geholt, ganz Europa durchzogen und wohl noch in höherem
Grade als ſein Herr proteſtantiſchen Eifer, Sinn für Cultur
und Wiſſenſchaft 1 mit Geſchicklichkeit im Rath und Tapferkeit
im Felde vereinigte; die ſtädtiſchen vom Grafen von Hoya.
1 Chytraeus: oculus nobilitatis eruditae in his terris ful-
gentissimus. Vergl. Chriſtiani N. Geſch. von Schleswig und Hol-
ſtein I, 479 II, 54.
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