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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Sechstes Buch. Zehntes Capitel.

Bei alle dem hätte der Besitz dieser beiden Punkte wohl
noch immer eine Möglichkeit zur Wiederaufnahme der al-
ten Pläne dargeboten, wäre nicht indessen in Lübeck selbst
die bei der ersten Ungunst des Geschickes begonnene Ver-
stimmung zu einer vollen Umwandlung gereift.

Endlich nämlich griff auch die Reichsgewalt, wie dieß
die kaiserlichen Gesandten schon vor zwei Jahren gefordert
hatten, ernstlicher in die innern lübeckschen Angelegenheiten
ein. Ein Mandat des Kammergerichts wies die Stadt
an, die ausgetriebenen Bürgermeister und alle Rathsglie-
der, die sich seitdem entfernt hatten, wiedereinzusetzen. An
und für sich hätte dieß Mandat wohl noch nichts entschie-
den. Aber es sprach eine Forderung aus, die sich jetzt
auch in fast allen andern niederdeutschen Städten geltend
gemacht hatte, und von denselben unterstützt wurde. Und
vor allem: die Lübecker fühlten sich geschlagen; mit ihren
weltumfassenden Plänen waren sie auf unüberwindlichen
ja siegreichen Widerstand gestoßen; die Energie der demo-
kratischen Tendenzen ward durch ihre eigenen Unfälle ge-
brochen.

Am 14. August 1535 rief der Rath die Gemeinde zu-
sammen, und legte ihr das kammergerichtliche Mandat vor.
Wohl nicht ohne Absicht ward hiezu der Augenblick gewählt,
in welchem Wullenweber auf einer Geschäftsreise nach
Meklenburg begriffen war. Die Gemeinde überzeugte sich
zuerst, daß in dem Mandat nicht von der Herstellung der
alten Kirchenformen die Rede sey; hierauf erklärte sie
sich bereit, demselben Folge zu leisten und alle Neuerun-

Sechstes Buch. Zehntes Capitel.

Bei alle dem hätte der Beſitz dieſer beiden Punkte wohl
noch immer eine Möglichkeit zur Wiederaufnahme der al-
ten Pläne dargeboten, wäre nicht indeſſen in Lübeck ſelbſt
die bei der erſten Ungunſt des Geſchickes begonnene Ver-
ſtimmung zu einer vollen Umwandlung gereift.

Endlich nämlich griff auch die Reichsgewalt, wie dieß
die kaiſerlichen Geſandten ſchon vor zwei Jahren gefordert
hatten, ernſtlicher in die innern lübeckſchen Angelegenheiten
ein. Ein Mandat des Kammergerichts wies die Stadt
an, die ausgetriebenen Bürgermeiſter und alle Rathsglie-
der, die ſich ſeitdem entfernt hatten, wiedereinzuſetzen. An
und für ſich hätte dieß Mandat wohl noch nichts entſchie-
den. Aber es ſprach eine Forderung aus, die ſich jetzt
auch in faſt allen andern niederdeutſchen Städten geltend
gemacht hatte, und von denſelben unterſtützt wurde. Und
vor allem: die Lübecker fühlten ſich geſchlagen; mit ihren
weltumfaſſenden Plänen waren ſie auf unüberwindlichen
ja ſiegreichen Widerſtand geſtoßen; die Energie der demo-
kratiſchen Tendenzen ward durch ihre eigenen Unfälle ge-
brochen.

Am 14. Auguſt 1535 rief der Rath die Gemeinde zu-
ſammen, und legte ihr das kammergerichtliche Mandat vor.
Wohl nicht ohne Abſicht ward hiezu der Augenblick gewählt,
in welchem Wullenweber auf einer Geſchäftsreiſe nach
Meklenburg begriffen war. Die Gemeinde überzeugte ſich
zuerſt, daß in dem Mandat nicht von der Herſtellung der
alten Kirchenformen die Rede ſey; hierauf erklärte ſie
ſich bereit, demſelben Folge zu leiſten und alle Neuerun-

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[594/0610] Sechstes Buch. Zehntes Capitel. Bei alle dem hätte der Beſitz dieſer beiden Punkte wohl noch immer eine Möglichkeit zur Wiederaufnahme der al- ten Pläne dargeboten, wäre nicht indeſſen in Lübeck ſelbſt die bei der erſten Ungunſt des Geſchickes begonnene Ver- ſtimmung zu einer vollen Umwandlung gereift. Endlich nämlich griff auch die Reichsgewalt, wie dieß die kaiſerlichen Geſandten ſchon vor zwei Jahren gefordert hatten, ernſtlicher in die innern lübeckſchen Angelegenheiten ein. Ein Mandat des Kammergerichts wies die Stadt an, die ausgetriebenen Bürgermeiſter und alle Rathsglie- der, die ſich ſeitdem entfernt hatten, wiedereinzuſetzen. An und für ſich hätte dieß Mandat wohl noch nichts entſchie- den. Aber es ſprach eine Forderung aus, die ſich jetzt auch in faſt allen andern niederdeutſchen Städten geltend gemacht hatte, und von denſelben unterſtützt wurde. Und vor allem: die Lübecker fühlten ſich geſchlagen; mit ihren weltumfaſſenden Plänen waren ſie auf unüberwindlichen ja ſiegreichen Widerſtand geſtoßen; die Energie der demo- kratiſchen Tendenzen ward durch ihre eigenen Unfälle ge- brochen. Am 14. Auguſt 1535 rief der Rath die Gemeinde zu- ſammen, und legte ihr das kammergerichtliche Mandat vor. Wohl nicht ohne Abſicht ward hiezu der Augenblick gewählt, in welchem Wullenweber auf einer Geſchäftsreiſe nach Meklenburg begriffen war. Die Gemeinde überzeugte ſich zuerſt, daß in dem Mandat nicht von der Herſtellung der alten Kirchenformen die Rede ſey; hierauf erklärte ſie ſich bereit, demſelben Folge zu leiſten und alle Neuerun-

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 594. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/610>, abgerufen am 24.11.2024.