Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Siebentes Buch. Zweites Capitel. und verhieß sie wieder drucken zu lassen, denn auf diesePuncte komme es jetzt vor allem an. Faber hatte ihn auf- merksam gemacht, wie schädlich es werden könne, wenn man der Versammlung die Bücher Luthers und seiner Anhänger mittheile, wie dieß leicht eine weitere Verbreitung der ketze- rischen Meinungen zur Folge haben dürfte. 1 Der Papst billigte, daß dem Concilium blos ein Auszug ihrer Behaup- tungen vorgelegt würde, und zwar jeder Satz sogleich mit einer katholischen Widerlegung versehen. So wenig dachte er daran, eine freie Erörterung zuzulassen. Nur über abge- rissene Sätze sollte geurtheilt werden, ohne Rücksicht auf ihre Begründung. Und selbst die Zurückhaltung, die Vergerio empfohlen, Unter diesen Umständen konnten die Protestanten wohl 1 Formidandum est vehementer quod multi ex aliis natio- nibus, si totos libros haereticorum in concilio legerent, non modo non illos impugnarent, verum potius inde Lutherani et haeretici redderentur. 2 Rainaldus Tom. XXI, 40. Man muß sich hier vor einem
sonderbaren Mißgriff des Rainaldus hüten. Er theilt p. 18. ein aus- führliches Schreiben des Papstes Pauls III an den Kaiser vom 31 Juli 1535 mit, welches aber nichts ist als die Übersetzung eines Schreibens Clemens VII von demselben Tag, aber im J. 1530. Siebentes Buch. Zweites Capitel. und verhieß ſie wieder drucken zu laſſen, denn auf dieſePuncte komme es jetzt vor allem an. Faber hatte ihn auf- merkſam gemacht, wie ſchädlich es werden könne, wenn man der Verſammlung die Bücher Luthers und ſeiner Anhänger mittheile, wie dieß leicht eine weitere Verbreitung der ketze- riſchen Meinungen zur Folge haben dürfte. 1 Der Papſt billigte, daß dem Concilium blos ein Auszug ihrer Behaup- tungen vorgelegt würde, und zwar jeder Satz ſogleich mit einer katholiſchen Widerlegung verſehen. So wenig dachte er daran, eine freie Erörterung zuzulaſſen. Nur über abge- riſſene Sätze ſollte geurtheilt werden, ohne Rückſicht auf ihre Begründung. Und ſelbſt die Zurückhaltung, die Vergerio empfohlen, Unter dieſen Umſtänden konnten die Proteſtanten wohl 1 Formidandum est vehementer quod multi ex aliis natio- nibus, si totos libros haereticorum in concilio legerent, non modo non illos impugnarent, verum potius inde Lutherani et haeretici redderentur. 2 Rainaldus Tom. XXI, 40. Man muß ſich hier vor einem
ſonderbaren Mißgriff des Rainaldus huͤten. Er theilt p. 18. ein aus- fuͤhrliches Schreiben des Papſtes Pauls III an den Kaiſer vom 31 Juli 1535 mit, welches aber nichts iſt als die Uͤberſetzung eines Schreibens Clemens VII von demſelben Tag, aber im J. 1530. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0106" n="94"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Siebentes Buch. Zweites Capitel</hi>.</fw><lb/> und verhieß ſie wieder drucken zu laſſen, denn auf dieſe<lb/> Puncte komme es jetzt vor allem an. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/103159088">Faber</persName> hatte ihn auf-<lb/> merkſam gemacht, wie ſchädlich es werden könne, wenn man<lb/> der Verſammlung die Bücher <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118575449">Luthers</persName> und ſeiner Anhänger<lb/> mittheile, wie dieß leicht eine weitere Verbreitung der ketze-<lb/> riſchen Meinungen zur Folge haben dürfte. <note place="foot" n="1"><hi rendition="#aq">Formidandum est vehementer quod multi ex aliis natio-<lb/> nibus, si totos libros haereticorum in concilio legerent, non modo<lb/> non illos impugnarent, verum potius inde Lutherani et haeretici<lb/> redderentur.</hi></note> Der Papſt<lb/> billigte, daß dem Concilium blos ein Auszug ihrer Behaup-<lb/> tungen vorgelegt würde, und zwar jeder Satz ſogleich mit<lb/> einer katholiſchen Widerlegung verſehen. So wenig dachte<lb/> er daran, eine freie Erörterung zuzulaſſen. Nur über abge-<lb/> riſſene Sätze ſollte geurtheilt werden, ohne Rückſicht auf ihre<lb/> Begründung.</p><lb/> <p>Und ſelbſt die Zurückhaltung, die <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118768077">Vergerio</persName> empfohlen,<lb/> beobachtete der Papſt nur einen Augenblick. In einer Bulle<lb/> über die Reformation des Hofes, die er in dieſer Zeit er-<lb/> ließ, ſagt er unverholen, er habe das Concilium zur Aus-<lb/> rottung der verpeſtenden lutheriſchen Ketzerei angekündigt. <note place="foot" n="2"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/130236160">Rainaldus</persName><hi rendition="#aq">Tom. XXI,</hi> 40. Man muß ſich hier vor einem<lb/> ſonderbaren Mißgriff des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/130236160">Rainaldus</persName> huͤten. Er theilt <hi rendition="#aq">p.</hi> 18. ein aus-<lb/> fuͤhrliches Schreiben des Papſtes <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118592068">Pauls <hi rendition="#aq">III</hi></persName> an den Kaiſer vom 31<lb/> Juli 1535 mit, welches aber nichts iſt als die Uͤberſetzung eines<lb/> Schreibens <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118723510">Clemens <hi rendition="#aq">VII</hi></persName> von demſelben Tag, aber im J. 1530.</note></p><lb/> <p>Unter dieſen Umſtänden konnten die Proteſtanten wohl<lb/> nicht zweifelhaft ſeyn, ob ſie das Concilium annehmen ſoll-<lb/> ten oder nicht. Sie ſahen mit Beſtimmtheit voraus, daß<lb/> der Papſt es in ſeinem Sinne einrichten, ſie darin verdam-<lb/> men laſſen werde. Jenes Verſprechen <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118712373">Johann Friedrichs</persName><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [94/0106]
Siebentes Buch. Zweites Capitel.
und verhieß ſie wieder drucken zu laſſen, denn auf dieſe
Puncte komme es jetzt vor allem an. Faber hatte ihn auf-
merkſam gemacht, wie ſchädlich es werden könne, wenn man
der Verſammlung die Bücher Luthers und ſeiner Anhänger
mittheile, wie dieß leicht eine weitere Verbreitung der ketze-
riſchen Meinungen zur Folge haben dürfte. 1 Der Papſt
billigte, daß dem Concilium blos ein Auszug ihrer Behaup-
tungen vorgelegt würde, und zwar jeder Satz ſogleich mit
einer katholiſchen Widerlegung verſehen. So wenig dachte
er daran, eine freie Erörterung zuzulaſſen. Nur über abge-
riſſene Sätze ſollte geurtheilt werden, ohne Rückſicht auf ihre
Begründung.
Und ſelbſt die Zurückhaltung, die Vergerio empfohlen,
beobachtete der Papſt nur einen Augenblick. In einer Bulle
über die Reformation des Hofes, die er in dieſer Zeit er-
ließ, ſagt er unverholen, er habe das Concilium zur Aus-
rottung der verpeſtenden lutheriſchen Ketzerei angekündigt. 2
Unter dieſen Umſtänden konnten die Proteſtanten wohl
nicht zweifelhaft ſeyn, ob ſie das Concilium annehmen ſoll-
ten oder nicht. Sie ſahen mit Beſtimmtheit voraus, daß
der Papſt es in ſeinem Sinne einrichten, ſie darin verdam-
men laſſen werde. Jenes Verſprechen Johann Friedrichs
1 Formidandum est vehementer quod multi ex aliis natio-
nibus, si totos libros haereticorum in concilio legerent, non modo
non illos impugnarent, verum potius inde Lutherani et haeretici
redderentur.
2 Rainaldus Tom. XXI, 40. Man muß ſich hier vor einem
ſonderbaren Mißgriff des Rainaldus huͤten. Er theilt p. 18. ein aus-
fuͤhrliches Schreiben des Papſtes Pauls III an den Kaiſer vom 31
Juli 1535 mit, welches aber nichts iſt als die Uͤberſetzung eines
Schreibens Clemens VII von demſelben Tag, aber im J. 1530.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |