Im Brüsseler Archiv findet sich die Instruction die er dem Doctor Held im October des Jahres 1536 nach Deutsch- land mitgab. Darin nun beauftragt er denselben, seinem Bruder zwar nochmals zu versichern daß er trotz der ob- waltenden Bedrängnisse und der zweideutigen Haltung des Papstes nichts zu bewilligen gedenke was der Substanz des Glaubens und der Kirche zuwiderlaufe; ihm aber zugleich vorzustellen daß man Deutschland doch auch nicht in noch größere Verwirrung gerathen lassen dürfe: leicht möchte man sonst Kirche und Kaiserthum zugleich zu Grunde richten. Held sollte den römischen König fragen, ob sich in Deutsch- land das Concilium nicht vielleicht durchsetzen lasse auch in dem Falle daß der Papst es nicht wolle. Wie aber wenn das dem König, wie vorauszusehen, unmöglich schien? Der Kaiser spricht sich darüber unumwunden aus: dann, sagt er, muß man auf ein anderes Mittel denken, entweder indem man die Abgewichenen auf immer vor Anwendung der Ge- walt sichert, unter der Bedingung daß sie den Landfrieden halten und sich an uns anschließen dem Nürnberger Frieden gemäß, oder indem man eine neue Abkunft zu Stande bringt nach den Verhältnissen die seitdem eingetreten sind. Selbst den Gedanken eines Nationalconciliums, der ihm früher so verhaßt gewesen, weist er jetzt nicht mehr entschieden von sich. 1
1Fauldra adviser s'il y aura quelconque expedient autre, soit d'asseurer pour toujours les devoyez de la foy, quant a la force, moyennant qu'ils se conforment sincerement avec les aul- tres membres de la Germanie pour observer la commune paix et se joindre tous avec notre dit frere et nous, soit en ensuy- vant ce traite de Nuremberg ou en faisant ung autre de nouvel
Im Brüſſeler Archiv findet ſich die Inſtruction die er dem Doctor Held im October des Jahres 1536 nach Deutſch- land mitgab. Darin nun beauftragt er denſelben, ſeinem Bruder zwar nochmals zu verſichern daß er trotz der ob- waltenden Bedrängniſſe und der zweideutigen Haltung des Papſtes nichts zu bewilligen gedenke was der Subſtanz des Glaubens und der Kirche zuwiderlaufe; ihm aber zugleich vorzuſtellen daß man Deutſchland doch auch nicht in noch größere Verwirrung gerathen laſſen dürfe: leicht möchte man ſonſt Kirche und Kaiſerthum zugleich zu Grunde richten. Held ſollte den römiſchen König fragen, ob ſich in Deutſch- land das Concilium nicht vielleicht durchſetzen laſſe auch in dem Falle daß der Papſt es nicht wolle. Wie aber wenn das dem König, wie vorauszuſehen, unmöglich ſchien? Der Kaiſer ſpricht ſich darüber unumwunden aus: dann, ſagt er, muß man auf ein anderes Mittel denken, entweder indem man die Abgewichenen auf immer vor Anwendung der Ge- walt ſichert, unter der Bedingung daß ſie den Landfrieden halten und ſich an uns anſchließen dem Nürnberger Frieden gemäß, oder indem man eine neue Abkunft zu Stande bringt nach den Verhältniſſen die ſeitdem eingetreten ſind. Selbſt den Gedanken eines Nationalconciliums, der ihm früher ſo verhaßt geweſen, weiſt er jetzt nicht mehr entſchieden von ſich. 1
1Fauldra adviser s’il y aura quelconque expedient autre, soit d’asseurer pour toujours les devoyez de la foy, quant a la force, moyennant qu’ils se conforment sincerement avec les aul- tres membres de la Germanie pour observer la commune paix et se joindre tous avec notre dit frere et nous, soit en ensuy- vant ce traité de Nuremberg ou en faisant ung autre de nouvel
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0115"n="103"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Verhandlungen des Dr <persNameref="http://d-nb.info/gnd/119703637">Held</persName></hi>.</fw><lb/><p>So ſchlecht verſtand <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118560093">Carl <hirendition="#aq">V</hi></persName>ſeine Sache nicht.</p><lb/><p>Im Brüſſeler Archiv findet ſich die Inſtruction die er<lb/>
dem Doctor <persNameref="http://d-nb.info/gnd/119703637">Held</persName> im October des Jahres 1536 nach <placeName>Deutſch-<lb/>
land</placeName> mitgab. Darin nun beauftragt er denſelben, ſeinem<lb/>
Bruder zwar nochmals zu verſichern daß er trotz der ob-<lb/>
waltenden Bedrängniſſe und der zweideutigen Haltung des<lb/>
Papſtes nichts zu bewilligen gedenke was der Subſtanz des<lb/>
Glaubens und der Kirche zuwiderlaufe; ihm aber zugleich<lb/>
vorzuſtellen daß man <placeName>Deutſchland</placeName> doch auch nicht in noch<lb/>
größere Verwirrung gerathen laſſen dürfe: leicht möchte man<lb/>ſonſt Kirche und Kaiſerthum zugleich zu Grunde richten.<lb/><persNameref="http://d-nb.info/gnd/119703637">Held</persName>ſollte den römiſchen König fragen, ob ſich in <placeName>Deutſch-<lb/>
land</placeName> das Concilium nicht vielleicht durchſetzen laſſe auch in<lb/>
dem Falle daß der Papſt es nicht wolle. Wie aber wenn<lb/>
das dem König, wie vorauszuſehen, unmöglich ſchien? Der<lb/>
Kaiſer ſpricht ſich darüber unumwunden aus: dann, ſagt er,<lb/>
muß man auf ein anderes Mittel denken, entweder indem<lb/>
man die Abgewichenen auf immer vor Anwendung der Ge-<lb/>
walt ſichert, unter der Bedingung daß ſie den Landfrieden<lb/>
halten und ſich an uns anſchließen dem Nürnberger Frieden<lb/>
gemäß, oder indem man eine neue Abkunft zu Stande bringt<lb/>
nach den Verhältniſſen die ſeitdem eingetreten ſind. Selbſt<lb/>
den Gedanken eines Nationalconciliums, der ihm früher ſo<lb/>
verhaßt geweſen, weiſt er jetzt nicht mehr entſchieden von ſich. <notexml:id="fn5i"n="1"place="foot"next="#fn5f"><hirendition="#aq">Fauldra adviser s’il y aura quelconque expedient autre,<lb/>
soit d’asseurer pour toujours les devoyez de la foy, quant a la<lb/>
force, moyennant qu’ils se conforment sincerement avec les aul-<lb/>
tres membres de la <placeName>Germanie</placeName> pour observer la commune paix<lb/>
et se joindre tous avec notre dit frere et nous, soit en ensuy-<lb/>
vant ce traité de <placeName>Nuremberg</placeName> ou en faisant ung autre de nouvel</hi></note><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[103/0115]
Verhandlungen des Dr Held.
So ſchlecht verſtand Carl V ſeine Sache nicht.
Im Brüſſeler Archiv findet ſich die Inſtruction die er
dem Doctor Held im October des Jahres 1536 nach Deutſch-
land mitgab. Darin nun beauftragt er denſelben, ſeinem
Bruder zwar nochmals zu verſichern daß er trotz der ob-
waltenden Bedrängniſſe und der zweideutigen Haltung des
Papſtes nichts zu bewilligen gedenke was der Subſtanz des
Glaubens und der Kirche zuwiderlaufe; ihm aber zugleich
vorzuſtellen daß man Deutſchland doch auch nicht in noch
größere Verwirrung gerathen laſſen dürfe: leicht möchte man
ſonſt Kirche und Kaiſerthum zugleich zu Grunde richten.
Held ſollte den römiſchen König fragen, ob ſich in Deutſch-
land das Concilium nicht vielleicht durchſetzen laſſe auch in
dem Falle daß der Papſt es nicht wolle. Wie aber wenn
das dem König, wie vorauszuſehen, unmöglich ſchien? Der
Kaiſer ſpricht ſich darüber unumwunden aus: dann, ſagt er,
muß man auf ein anderes Mittel denken, entweder indem
man die Abgewichenen auf immer vor Anwendung der Ge-
walt ſichert, unter der Bedingung daß ſie den Landfrieden
halten und ſich an uns anſchließen dem Nürnberger Frieden
gemäß, oder indem man eine neue Abkunft zu Stande bringt
nach den Verhältniſſen die ſeitdem eingetreten ſind. Selbſt
den Gedanken eines Nationalconciliums, der ihm früher ſo
verhaßt geweſen, weiſt er jetzt nicht mehr entſchieden von ſich. 1
1 Fauldra adviser s’il y aura quelconque expedient autre,
soit d’asseurer pour toujours les devoyez de la foy, quant a la
force, moyennant qu’ils se conforment sincerement avec les aul-
tres membres de la Germanie pour observer la commune paix
et se joindre tous avec notre dit frere et nous, soit en ensuy-
vant ce traité de Nuremberg ou en faisant ung autre de nouvel
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/115>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.