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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Gespräch zu Worms.
einer neuen Widerlegung der augsburgischen Confession ar-
beiten, und bald brachte Eck über die ersten Artikel eine For-
mel zu Stande, von der er wohl sagte, eine bessere werde
man in beiden Indien nicht ausfindig machen.

Damit aber drang der Nuntius doch nicht durch. Bran-
denburg
, Pfalz und Cleve verwarfen nicht allein das ihnen
mitgetheilte Gutachten, sondern sie widersprachen, so wie die
Protestanten, dem ganzen Verfahren. 1 Endlich erklärte auch
Granvella, er sey beauftragt ein Gespräch zu veranstalten
und könne dieß nicht von einem Schriftwechsel sondern nur
von mündlichen Conferenzen verstehen. "Ich war ganz er-
schüttert," sagt Morone, "da ich sah daß es nun doch zu
einem öffentlichen freien Gespräche, einem Abgeben der Stim-
men kommen solle."

Granvellas Vorschlag gieng jetzt dahin, daß zwar für
jeden Theil nur ein Theolog sprechen solle, aber mit dem
Vorbehalt für die andern, später ihre Meinung ebenfalls zu
sagen. Eine Form, die der Absicht einer freien Conferenz
eben auch nur sehr unvollkommen entspricht. Aber Morone
erklärte, er werde es nimmermehr bewilligen: Etwas hinzu-
zufügen könne nur dann erlaubt werden wenn die Mehrheit
jeder Partei es nothwendig finde. Um keinen Preis wollte

1 Vorlauff Colloquii Vormatiensis im brandenburgischen Ar-
chiv, die beste Nachricht die so viel ich weiß von diesem Gespräch
existirt, berichtet von Versuchen die auf die abweichenden Glieder der
Majorität gemacht wurden. Beim 20 Dez. "Und disen tag kegen
abent ist der pfalzgrefische Theologus, Mag. Henricus Stol, predi-
cant zu Heidelberg, von den vier verordenten furgenumen, Ist aber
nichts außgericht, dann die proposition, das man allein durch den
glauben für Gott gerecht wirt, und sonderlich die exclusiva sola hat
Pfalz in kein weg begeben noch davon abstehn wollen."

Geſpraͤch zu Worms.
einer neuen Widerlegung der augsburgiſchen Confeſſion ar-
beiten, und bald brachte Eck über die erſten Artikel eine For-
mel zu Stande, von der er wohl ſagte, eine beſſere werde
man in beiden Indien nicht ausfindig machen.

Damit aber drang der Nuntius doch nicht durch. Bran-
denburg
, Pfalz und Cleve verwarfen nicht allein das ihnen
mitgetheilte Gutachten, ſondern ſie widerſprachen, ſo wie die
Proteſtanten, dem ganzen Verfahren. 1 Endlich erklärte auch
Granvella, er ſey beauftragt ein Geſpräch zu veranſtalten
und könne dieß nicht von einem Schriftwechſel ſondern nur
von mündlichen Conferenzen verſtehen. „Ich war ganz er-
ſchüttert,“ ſagt Morone, „da ich ſah daß es nun doch zu
einem öffentlichen freien Geſpräche, einem Abgeben der Stim-
men kommen ſolle.“

Granvellas Vorſchlag gieng jetzt dahin, daß zwar für
jeden Theil nur ein Theolog ſprechen ſolle, aber mit dem
Vorbehalt für die andern, ſpäter ihre Meinung ebenfalls zu
ſagen. Eine Form, die der Abſicht einer freien Conferenz
eben auch nur ſehr unvollkommen entſpricht. Aber Morone
erklärte, er werde es nimmermehr bewilligen: Etwas hinzu-
zufügen könne nur dann erlaubt werden wenn die Mehrheit
jeder Partei es nothwendig finde. Um keinen Preis wollte

1 Vorlauff Colloquii Vormatienſis im brandenburgiſchen Ar-
chiv, die beſte Nachricht die ſo viel ich weiß von dieſem Geſpraͤch
exiſtirt, berichtet von Verſuchen die auf die abweichenden Glieder der
Majoritaͤt gemacht wurden. Beim 20 Dez. „Und diſen tag kegen
abent iſt der pfalzgrefiſche Theologus, Mag. Henricus Stol, predi-
cant zu Heidelberg, von den vier verordenten furgenumen, Iſt aber
nichts außgericht, dann die propoſition, das man allein durch den
glauben fuͤr Gott gerecht wirt, und ſonderlich die excluſiva ſola hat
Pfalz in kein weg begeben noch davon abſtehn wollen.“
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[201/0213] Geſpraͤch zu Worms. einer neuen Widerlegung der augsburgiſchen Confeſſion ar- beiten, und bald brachte Eck über die erſten Artikel eine For- mel zu Stande, von der er wohl ſagte, eine beſſere werde man in beiden Indien nicht ausfindig machen. Damit aber drang der Nuntius doch nicht durch. Bran- denburg, Pfalz und Cleve verwarfen nicht allein das ihnen mitgetheilte Gutachten, ſondern ſie widerſprachen, ſo wie die Proteſtanten, dem ganzen Verfahren. 1 Endlich erklärte auch Granvella, er ſey beauftragt ein Geſpräch zu veranſtalten und könne dieß nicht von einem Schriftwechſel ſondern nur von mündlichen Conferenzen verſtehen. „Ich war ganz er- ſchüttert,“ ſagt Morone, „da ich ſah daß es nun doch zu einem öffentlichen freien Geſpräche, einem Abgeben der Stim- men kommen ſolle.“ Granvellas Vorſchlag gieng jetzt dahin, daß zwar für jeden Theil nur ein Theolog ſprechen ſolle, aber mit dem Vorbehalt für die andern, ſpäter ihre Meinung ebenfalls zu ſagen. Eine Form, die der Abſicht einer freien Conferenz eben auch nur ſehr unvollkommen entſpricht. Aber Morone erklärte, er werde es nimmermehr bewilligen: Etwas hinzu- zufügen könne nur dann erlaubt werden wenn die Mehrheit jeder Partei es nothwendig finde. Um keinen Preis wollte 1 Vorlauff Colloquii Vormatienſis im brandenburgiſchen Ar- chiv, die beſte Nachricht die ſo viel ich weiß von dieſem Geſpraͤch exiſtirt, berichtet von Verſuchen die auf die abweichenden Glieder der Majoritaͤt gemacht wurden. Beim 20 Dez. „Und diſen tag kegen abent iſt der pfalzgrefiſche Theologus, Mag. Henricus Stol, predi- cant zu Heidelberg, von den vier verordenten furgenumen, Iſt aber nichts außgericht, dann die propoſition, das man allein durch den glauben fuͤr Gott gerecht wirt, und ſonderlich die excluſiva ſola hat Pfalz in kein weg begeben noch davon abſtehn wollen.“

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/213>, abgerufen am 23.11.2024.