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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Siebentes Buch. Fünftes Capitel.
satz: keiner einzelnen Person, womit man doch auf Niemand
anders als auf den Papst deute, zugeschrieben werde. 1 Aber
auch die Protestanten fanden Vieles zu tadeln. Sie wollten
der Übereinstimmung der jedesmaligen Kirche und den Con-
cilien die bindende Gewalt nicht zuerkennen, welche der Ent-
wurf ihnen zuschrieb: es sey wohl vorgekommen, daß der
größte Theil der Kirche irre gegangen, wie damals, als der
heil. Augustinus erweckt worden. Die Zeiten waren vorüber,
in denen man dieß schlechthin abzuleugnen gewagt; die Geg-
ner zogen sich jetzt auf den Satz zurück, daß Concilien die im
heil. Geist versammelt worden, in den zum Heile nothwen-
digen Dingen doch gewiß nicht irren würden. 2 Die Pro-
testanten wandten ein, leider trotze jedes Concilium, wenn es
auch in einem ganz andern als dem heil. Geist versammelt
sey, auf jene Verheißung: wer wolle darüber entscheiden?
Doch konnten sie die Behauptung selbst in dieser Idealität
und Allgemeinheit nicht verwerfen. Nur war davon noch
ein weiter Schritt bis zur Anwendung. Zufrieden, daß doch
kein absoluter Gegensatz bestand, obwohl man sich auch frei-
lich nicht vereinigen können, beschloß man fürs Erste hier inne
zu halten und zu einem andern Gegenstand fortzuschreiten.

An der Reihe war der Artikel von der Eucharistie.

Die Verschiedenheit des Ritus schien jetzt nach den
Äußerungen des Legaten kein unübersteigliches Hinderniß zu

1 Ita est quidem donum interpretationis penes veram ec-
clesiam, sed non est certis personis aut locis alligatum. Et alias
est in pluribus, alias in paucioribus, alias magis, alias minus il-
lustre.
D. h. es kommt auf den innern Werth der Interpretation
an, die sich selber geltend machen muß.
2 Relation Butzers über das Gespräch p. 240.

Siebentes Buch. Fuͤnftes Capitel.
ſatz: keiner einzelnen Perſon, womit man doch auf Niemand
anders als auf den Papſt deute, zugeſchrieben werde. 1 Aber
auch die Proteſtanten fanden Vieles zu tadeln. Sie wollten
der Übereinſtimmung der jedesmaligen Kirche und den Con-
cilien die bindende Gewalt nicht zuerkennen, welche der Ent-
wurf ihnen zuſchrieb: es ſey wohl vorgekommen, daß der
größte Theil der Kirche irre gegangen, wie damals, als der
heil. Auguſtinus erweckt worden. Die Zeiten waren vorüber,
in denen man dieß ſchlechthin abzuleugnen gewagt; die Geg-
ner zogen ſich jetzt auf den Satz zurück, daß Concilien die im
heil. Geiſt verſammelt worden, in den zum Heile nothwen-
digen Dingen doch gewiß nicht irren würden. 2 Die Pro-
teſtanten wandten ein, leider trotze jedes Concilium, wenn es
auch in einem ganz andern als dem heil. Geiſt verſammelt
ſey, auf jene Verheißung: wer wolle darüber entſcheiden?
Doch konnten ſie die Behauptung ſelbſt in dieſer Idealität
und Allgemeinheit nicht verwerfen. Nur war davon noch
ein weiter Schritt bis zur Anwendung. Zufrieden, daß doch
kein abſoluter Gegenſatz beſtand, obwohl man ſich auch frei-
lich nicht vereinigen können, beſchloß man fürs Erſte hier inne
zu halten und zu einem andern Gegenſtand fortzuſchreiten.

An der Reihe war der Artikel von der Euchariſtie.

Die Verſchiedenheit des Ritus ſchien jetzt nach den
Äußerungen des Legaten kein unüberſteigliches Hinderniß zu

1 Ita est quidem donum interpretationis penes veram ec-
clesiam, sed non est certis personis aut locis alligatum. Et alias
est in pluribus, alias in paucioribus, alias magis, alias minus il-
lustre.
D. h. es kommt auf den innern Werth der Interpretation
an, die ſich ſelber geltend machen muß.
2 Relation Butzers uͤber das Geſpraͤch p. 240.
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[212/0224] Siebentes Buch. Fuͤnftes Capitel. ſatz: keiner einzelnen Perſon, womit man doch auf Niemand anders als auf den Papſt deute, zugeſchrieben werde. 1 Aber auch die Proteſtanten fanden Vieles zu tadeln. Sie wollten der Übereinſtimmung der jedesmaligen Kirche und den Con- cilien die bindende Gewalt nicht zuerkennen, welche der Ent- wurf ihnen zuſchrieb: es ſey wohl vorgekommen, daß der größte Theil der Kirche irre gegangen, wie damals, als der heil. Auguſtinus erweckt worden. Die Zeiten waren vorüber, in denen man dieß ſchlechthin abzuleugnen gewagt; die Geg- ner zogen ſich jetzt auf den Satz zurück, daß Concilien die im heil. Geiſt verſammelt worden, in den zum Heile nothwen- digen Dingen doch gewiß nicht irren würden. 2 Die Pro- teſtanten wandten ein, leider trotze jedes Concilium, wenn es auch in einem ganz andern als dem heil. Geiſt verſammelt ſey, auf jene Verheißung: wer wolle darüber entſcheiden? Doch konnten ſie die Behauptung ſelbſt in dieſer Idealität und Allgemeinheit nicht verwerfen. Nur war davon noch ein weiter Schritt bis zur Anwendung. Zufrieden, daß doch kein abſoluter Gegenſatz beſtand, obwohl man ſich auch frei- lich nicht vereinigen können, beſchloß man fürs Erſte hier inne zu halten und zu einem andern Gegenſtand fortzuſchreiten. An der Reihe war der Artikel von der Euchariſtie. Die Verſchiedenheit des Ritus ſchien jetzt nach den Äußerungen des Legaten kein unüberſteigliches Hinderniß zu 1 Ita est quidem donum interpretationis penes veram ec- clesiam, sed non est certis personis aut locis alligatum. Et alias est in pluribus, alias in paucioribus, alias magis, alias minus il- lustre. D. h. es kommt auf den innern Werth der Interpretation an, die ſich ſelber geltend machen muß. 2 Relation Butzers uͤber das Geſpraͤch p. 240.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/224>, abgerufen am 23.11.2024.