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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Berathung der Reichsstände in Regensburg.
Hiedurch nicht veranlaßt, denn seine Meinung war unzweifel-
haft, aber doch bestärkt, forderte Herzog Wilhelm im Fürsten-
rath wiederholte Verkündigung des Abschiedes von Augsburg
und den einfachen Befehl, denselben zu beobachten: übrigens
sey ein Concilium das einzige geeignete Mittel Ketzereien zu
entwurzeln und die Einigkeit der Religion herzustellen. Er legte
ein Gutachten seines Theologen Johann Eck vor, worin die
verglichenen Artikel in aller Form verworfen und die beiden
andern katholischen Collocutoren beinahe des Abfalls beschul-
digt wurden. Es versteht sich nun daß diese Erklärung den
größten Eindruck bei den Fürsten machte. Was wollte ge-
gen Baiern die Stimme von Pfalz-Neuburg oder Constanz,
oder der Abt von Kempten ausrichten, die sich gemäßigt ver-
nehmen ließen? Der Fürstenrath setzte ein Gutachten auf,
worin die Annahme der verglichenen Artikel auf das entschie-
denste abgelehnt wurde. Herzog Wilhelm machte einen Ver-
such, die Churfürsten, denen er nicht beitreten wollen, vielmehr
auf seine Meinung herüberzuziehen; da es ihm damit nicht
gelang, so wurden zwei ganz entgegengesetzte Gutachten dem
Kaiser eingereicht.

Und hätte nun der Kaiser nicht doch es wagen kön-
nen, da er eine nicht unbedeutende Partei für sich hatte, dem
Fürstenrath entgegenzutreten und an den verglichenen Artikeln
festzuhalten?

Er hätte sich in eine offenbare Gefahr gestürzt.

Schon beklagten sich die Prälaten, daß von der Her-
stellung der ihnen entrissenen Güter und Rechte gar nicht

dell' imperatore, la qual augmentera grandemente con la concor-
dia della Germania.

Berathung der Reichsſtaͤnde in Regensburg.
Hiedurch nicht veranlaßt, denn ſeine Meinung war unzweifel-
haft, aber doch beſtärkt, forderte Herzog Wilhelm im Fürſten-
rath wiederholte Verkündigung des Abſchiedes von Augsburg
und den einfachen Befehl, denſelben zu beobachten: übrigens
ſey ein Concilium das einzige geeignete Mittel Ketzereien zu
entwurzeln und die Einigkeit der Religion herzuſtellen. Er legte
ein Gutachten ſeines Theologen Johann Eck vor, worin die
verglichenen Artikel in aller Form verworfen und die beiden
andern katholiſchen Collocutoren beinahe des Abfalls beſchul-
digt wurden. Es verſteht ſich nun daß dieſe Erklärung den
größten Eindruck bei den Fürſten machte. Was wollte ge-
gen Baiern die Stimme von Pfalz-Neuburg oder Conſtanz,
oder der Abt von Kempten ausrichten, die ſich gemäßigt ver-
nehmen ließen? Der Fürſtenrath ſetzte ein Gutachten auf,
worin die Annahme der verglichenen Artikel auf das entſchie-
denſte abgelehnt wurde. Herzog Wilhelm machte einen Ver-
ſuch, die Churfürſten, denen er nicht beitreten wollen, vielmehr
auf ſeine Meinung herüberzuziehen; da es ihm damit nicht
gelang, ſo wurden zwei ganz entgegengeſetzte Gutachten dem
Kaiſer eingereicht.

Und hätte nun der Kaiſer nicht doch es wagen kön-
nen, da er eine nicht unbedeutende Partei für ſich hatte, dem
Fürſtenrath entgegenzutreten und an den verglichenen Artikeln
feſtzuhalten?

Er hätte ſich in eine offenbare Gefahr geſtürzt.

Schon beklagten ſich die Prälaten, daß von der Her-
ſtellung der ihnen entriſſenen Güter und Rechte gar nicht

dell’ imperatore, la qual augmenterà grandemente con la concor-
dia della Germania.
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[219/0231] Berathung der Reichsſtaͤnde in Regensburg. Hiedurch nicht veranlaßt, denn ſeine Meinung war unzweifel- haft, aber doch beſtärkt, forderte Herzog Wilhelm im Fürſten- rath wiederholte Verkündigung des Abſchiedes von Augsburg und den einfachen Befehl, denſelben zu beobachten: übrigens ſey ein Concilium das einzige geeignete Mittel Ketzereien zu entwurzeln und die Einigkeit der Religion herzuſtellen. Er legte ein Gutachten ſeines Theologen Johann Eck vor, worin die verglichenen Artikel in aller Form verworfen und die beiden andern katholiſchen Collocutoren beinahe des Abfalls beſchul- digt wurden. Es verſteht ſich nun daß dieſe Erklärung den größten Eindruck bei den Fürſten machte. Was wollte ge- gen Baiern die Stimme von Pfalz-Neuburg oder Conſtanz, oder der Abt von Kempten ausrichten, die ſich gemäßigt ver- nehmen ließen? Der Fürſtenrath ſetzte ein Gutachten auf, worin die Annahme der verglichenen Artikel auf das entſchie- denſte abgelehnt wurde. Herzog Wilhelm machte einen Ver- ſuch, die Churfürſten, denen er nicht beitreten wollen, vielmehr auf ſeine Meinung herüberzuziehen; da es ihm damit nicht gelang, ſo wurden zwei ganz entgegengeſetzte Gutachten dem Kaiſer eingereicht. Und hätte nun der Kaiſer nicht doch es wagen kön- nen, da er eine nicht unbedeutende Partei für ſich hatte, dem Fürſtenrath entgegenzutreten und an den verglichenen Artikeln feſtzuhalten? Er hätte ſich in eine offenbare Gefahr geſtürzt. Schon beklagten ſich die Prälaten, daß von der Her- ſtellung der ihnen entriſſenen Güter und Rechte gar nicht 1 1 dell’ imperatore, la qual augmenterà grandemente con la concor- dia della Germania.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/231>, abgerufen am 27.11.2024.