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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Siebentes Buch. Siebentes Capitel.
Widerstand leistete daß er auf einen höchst außerordentlichen
Gedanken gerieth. 1

Wir erinnern uns, wie bei dem ersten Wieder-bekannt-
werden des alten Testamentes von Einigen die Verbindlichkeit
der Monogamie bezweifelt wurde. Luther sprach sich dahin aus,
daß diese Verbindlichkeit kraft der bürgerlichen Gesetze bestehe,
wenn er sie auch allerdings durch keinen Spruch der Schrift
als ein göttliches Gebot nachzuweisen vermöge. An einer
Stelle in der Erklärung der Genesis, worin dieß besonders
mild ausgedrückt war, hielt jetzt der Landgraf fest. Sein
Prediger und Beichtvater Dionysius Melander, der selbst
manche ungewöhnliche Verhältnisse durchgemacht, bestärkte
ihn darin, statt ihn abzuhalten. Genug, Philipp faßte den
Gedanken, Margarethen in aller Form zu seiner zweiten Ge-
mahlin zu machen.

Die Ehrlichkeit und Gewissenhaftigkeit, mit der er in
dieser Sache verfuhr, mildert doch den Fehler wieder, den
er begieng.

Vor allem kam es auf die Einwilligung seiner Gemah-
lin Christine an. Sie gab dieselbe auf dem Schloß Span-
genberg
, am 11ten Dezember 1539, in einer förmlichen Ur-
kunde, mit Vorbehalt wie sich versteht aller ihrer übrigen
Rechte und der Rechte ihrer Kinder, die ihr denn Philipp
feierlich gewährleistete.

Nicht weniger aber lag ihm an der Billigung seiner
Glaubensgenossen; erst durch die Beistimmung Luthers und
Melanchthons, in deren Urtheil nach dem göttlichen Wort

1 Vgl. Seckendorf Excurs (de digamia Landgravii narratio
accurata, p.
277). Strobel Beiträge z. Lit. des 16ten Jahrh. II.

Siebentes Buch. Siebentes Capitel.
Widerſtand leiſtete daß er auf einen höchſt außerordentlichen
Gedanken gerieth. 1

Wir erinnern uns, wie bei dem erſten Wieder-bekannt-
werden des alten Teſtamentes von Einigen die Verbindlichkeit
der Monogamie bezweifelt wurde. Luther ſprach ſich dahin aus,
daß dieſe Verbindlichkeit kraft der bürgerlichen Geſetze beſtehe,
wenn er ſie auch allerdings durch keinen Spruch der Schrift
als ein göttliches Gebot nachzuweiſen vermöge. An einer
Stelle in der Erklärung der Geneſis, worin dieß beſonders
mild ausgedrückt war, hielt jetzt der Landgraf feſt. Sein
Prediger und Beichtvater Dionyſius Melander, der ſelbſt
manche ungewöhnliche Verhältniſſe durchgemacht, beſtärkte
ihn darin, ſtatt ihn abzuhalten. Genug, Philipp faßte den
Gedanken, Margarethen in aller Form zu ſeiner zweiten Ge-
mahlin zu machen.

Die Ehrlichkeit und Gewiſſenhaftigkeit, mit der er in
dieſer Sache verfuhr, mildert doch den Fehler wieder, den
er begieng.

Vor allem kam es auf die Einwilligung ſeiner Gemah-
lin Chriſtine an. Sie gab dieſelbe auf dem Schloß Span-
genberg
, am 11ten Dezember 1539, in einer förmlichen Ur-
kunde, mit Vorbehalt wie ſich verſteht aller ihrer übrigen
Rechte und der Rechte ihrer Kinder, die ihr denn Philipp
feierlich gewährleiſtete.

Nicht weniger aber lag ihm an der Billigung ſeiner
Glaubensgenoſſen; erſt durch die Beiſtimmung Luthers und
Melanchthons, in deren Urtheil nach dem göttlichen Wort

1 Vgl. Seckendorf Excurs (de digamia Landgravii narratio
accurata, p.
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[258/0270] Siebentes Buch. Siebentes Capitel. Widerſtand leiſtete daß er auf einen höchſt außerordentlichen Gedanken gerieth. 1 Wir erinnern uns, wie bei dem erſten Wieder-bekannt- werden des alten Teſtamentes von Einigen die Verbindlichkeit der Monogamie bezweifelt wurde. Luther ſprach ſich dahin aus, daß dieſe Verbindlichkeit kraft der bürgerlichen Geſetze beſtehe, wenn er ſie auch allerdings durch keinen Spruch der Schrift als ein göttliches Gebot nachzuweiſen vermöge. An einer Stelle in der Erklärung der Geneſis, worin dieß beſonders mild ausgedrückt war, hielt jetzt der Landgraf feſt. Sein Prediger und Beichtvater Dionyſius Melander, der ſelbſt manche ungewöhnliche Verhältniſſe durchgemacht, beſtärkte ihn darin, ſtatt ihn abzuhalten. Genug, Philipp faßte den Gedanken, Margarethen in aller Form zu ſeiner zweiten Ge- mahlin zu machen. Die Ehrlichkeit und Gewiſſenhaftigkeit, mit der er in dieſer Sache verfuhr, mildert doch den Fehler wieder, den er begieng. Vor allem kam es auf die Einwilligung ſeiner Gemah- lin Chriſtine an. Sie gab dieſelbe auf dem Schloß Span- genberg, am 11ten Dezember 1539, in einer förmlichen Ur- kunde, mit Vorbehalt wie ſich verſteht aller ihrer übrigen Rechte und der Rechte ihrer Kinder, die ihr denn Philipp feierlich gewährleiſtete. Nicht weniger aber lag ihm an der Billigung ſeiner Glaubensgenoſſen; erſt durch die Beiſtimmung Luthers und Melanchthons, in deren Urtheil nach dem göttlichen Wort 1 Vgl. Seckendorf Excurs (de digamia Landgravii narratio accurata, p. 277). Strobel Beitraͤge z. Lit. des 16ten Jahrh. II.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/270>, abgerufen am 28.11.2024.