Ordnung des schmalkaldischen Bundes niemals ganz unter- werfen wollte, noch viel weniger aber bei Moritz, der die alten Räthe des Herzog Georg wieder hervorzog, und nicht gemeint war, um vergangener Wohlthaten willen, wie groß sie auch seyn mochten, momentane Beeinträchtigungen zu dul- den auch nur in geringen Dingen.
Als im Jahr 1542 eine neue Türkensteuer ausgeschrie- ben ward, versäumte der Bischof, wie er wohl schuldig ge- wesen wäre, die zur Einbringung derselben angeordnete stän- dische Versammlung des ernestinischen Fürstenthums zu be- suchen: auf die Anforderung Johann Friedrichs gab er nur ausweichende Antworten; jetzt aber war dieser sein Recht wenigstens in Wurzen geltend zu machen entschlossen: ohne erst bei seinem Vetter anzufragen, ließ er diesen Ort im März 1542 mit Truppen besetzen, die Stände des Amtes versam- meln und sie von seinetwegen zur Zahlung der Steuer auf- fordern. 1
Hierüber aber gerieth nun die albertinische Landschaft in Feuer und Flamme. Mit einem Theile des Adels stand der verletzte Bischof in Verbindung; ein andrer war durch die Pflugsche Sache aufgeregt; jetzt glaubten die beleidigten alten Räthe eine Gelegenheit gefunden zu haben um sich zu rächen; in dem jungen Fürsten erhob sich der leicht zu be- greifende Ehrgeiz nichts zu verlieren was seine Vorweser besessen. Er war auf der Stelle zum Äußersten entschlos- sen. Er forderte seine thüringischen, meißnischen und gebir-
1 Ein Bedenken von Brück Montag nach Invocavit erörtert alle Verhältnisse. Nur mit Ungeduld habe man dem Herzog Georg nachgesehen. "Die Meißner werden sich jetzo unterstehn, den Bischof ganz an sich zu ziehen."
Siebentes Buch. Siebentes Capitel.
Ordnung des ſchmalkaldiſchen Bundes niemals ganz unter- werfen wollte, noch viel weniger aber bei Moritz, der die alten Räthe des Herzog Georg wieder hervorzog, und nicht gemeint war, um vergangener Wohlthaten willen, wie groß ſie auch ſeyn mochten, momentane Beeinträchtigungen zu dul- den auch nur in geringen Dingen.
Als im Jahr 1542 eine neue Türkenſteuer ausgeſchrie- ben ward, verſäumte der Biſchof, wie er wohl ſchuldig ge- weſen wäre, die zur Einbringung derſelben angeordnete ſtän- diſche Verſammlung des erneſtiniſchen Fürſtenthums zu be- ſuchen: auf die Anforderung Johann Friedrichs gab er nur ausweichende Antworten; jetzt aber war dieſer ſein Recht wenigſtens in Wurzen geltend zu machen entſchloſſen: ohne erſt bei ſeinem Vetter anzufragen, ließ er dieſen Ort im März 1542 mit Truppen beſetzen, die Stände des Amtes verſam- meln und ſie von ſeinetwegen zur Zahlung der Steuer auf- fordern. 1
Hierüber aber gerieth nun die albertiniſche Landſchaft in Feuer und Flamme. Mit einem Theile des Adels ſtand der verletzte Biſchof in Verbindung; ein andrer war durch die Pflugſche Sache aufgeregt; jetzt glaubten die beleidigten alten Räthe eine Gelegenheit gefunden zu haben um ſich zu rächen; in dem jungen Fürſten erhob ſich der leicht zu be- greifende Ehrgeiz nichts zu verlieren was ſeine Vorweſer beſeſſen. Er war auf der Stelle zum Äußerſten entſchloſ- ſen. Er forderte ſeine thüringiſchen, meißniſchen und gebir-
1 Ein Bedenken von Bruͤck Montag nach Invocavit eroͤrtert alle Verhaͤltniſſe. Nur mit Ungeduld habe man dem Herzog Georg nachgeſehen. „Die Meißner werden ſich jetzo unterſtehn, den Biſchof ganz an ſich zu ziehen.“
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0284"n="272"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Siebentes Buch. Siebentes Capitel</hi>.</fw><lb/>
Ordnung des ſchmalkaldiſchen Bundes niemals ganz unter-<lb/>
werfen wollte, noch viel weniger aber bei <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118584138">Moritz</persName>, der die<lb/>
alten Räthe des Herzog <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118716921">Georg</persName> wieder hervorzog, und nicht<lb/>
gemeint war, um vergangener Wohlthaten willen, wie groß<lb/>ſie auch ſeyn mochten, momentane Beeinträchtigungen zu dul-<lb/>
den auch nur in geringen Dingen.</p><lb/><p>Als im Jahr 1542 eine neue Türkenſteuer ausgeſchrie-<lb/>
ben ward, verſäumte der Biſchof, wie er wohl ſchuldig ge-<lb/>
weſen wäre, die zur Einbringung derſelben angeordnete ſtän-<lb/>
diſche Verſammlung des erneſtiniſchen Fürſtenthums zu be-<lb/>ſuchen: auf die Anforderung <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118712373">Johann Friedrichs</persName> gab er nur<lb/>
ausweichende Antworten; jetzt aber war dieſer ſein Recht<lb/>
wenigſtens in <placeName>Wurzen</placeName> geltend zu machen entſchloſſen: ohne<lb/>
erſt bei ſeinem Vetter anzufragen, ließ er dieſen Ort im März<lb/>
1542 mit Truppen beſetzen, die Stände des Amtes verſam-<lb/>
meln und ſie von ſeinetwegen zur Zahlung der Steuer auf-<lb/>
fordern. <noteplace="foot"n="1">Ein Bedenken von <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118674579">Bruͤck</persName> Montag nach Invocavit eroͤrtert<lb/>
alle Verhaͤltniſſe. Nur mit Ungeduld habe man dem Herzog <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118716921">Georg</persName><lb/>
nachgeſehen. „Die Meißner werden ſich jetzo unterſtehn, den Biſchof<lb/>
ganz an ſich zu ziehen.“</note></p><lb/><p>Hierüber aber gerieth nun die albertiniſche Landſchaft in<lb/>
Feuer und Flamme. Mit einem Theile des Adels ſtand<lb/>
der verletzte Biſchof in Verbindung; ein andrer war durch<lb/>
die Pflugſche Sache aufgeregt; jetzt glaubten die beleidigten<lb/>
alten Räthe eine Gelegenheit gefunden zu haben um ſich zu<lb/>
rächen; in dem jungen Fürſten erhob ſich der leicht zu be-<lb/>
greifende Ehrgeiz nichts zu verlieren was ſeine Vorweſer<lb/>
beſeſſen. Er war auf der Stelle zum Äußerſten entſchloſ-<lb/>ſen. Er forderte ſeine thüringiſchen, meißniſchen und gebir-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[272/0284]
Siebentes Buch. Siebentes Capitel.
Ordnung des ſchmalkaldiſchen Bundes niemals ganz unter-
werfen wollte, noch viel weniger aber bei Moritz, der die
alten Räthe des Herzog Georg wieder hervorzog, und nicht
gemeint war, um vergangener Wohlthaten willen, wie groß
ſie auch ſeyn mochten, momentane Beeinträchtigungen zu dul-
den auch nur in geringen Dingen.
Als im Jahr 1542 eine neue Türkenſteuer ausgeſchrie-
ben ward, verſäumte der Biſchof, wie er wohl ſchuldig ge-
weſen wäre, die zur Einbringung derſelben angeordnete ſtän-
diſche Verſammlung des erneſtiniſchen Fürſtenthums zu be-
ſuchen: auf die Anforderung Johann Friedrichs gab er nur
ausweichende Antworten; jetzt aber war dieſer ſein Recht
wenigſtens in Wurzen geltend zu machen entſchloſſen: ohne
erſt bei ſeinem Vetter anzufragen, ließ er dieſen Ort im März
1542 mit Truppen beſetzen, die Stände des Amtes verſam-
meln und ſie von ſeinetwegen zur Zahlung der Steuer auf-
fordern. 1
Hierüber aber gerieth nun die albertiniſche Landſchaft in
Feuer und Flamme. Mit einem Theile des Adels ſtand
der verletzte Biſchof in Verbindung; ein andrer war durch
die Pflugſche Sache aufgeregt; jetzt glaubten die beleidigten
alten Räthe eine Gelegenheit gefunden zu haben um ſich zu
rächen; in dem jungen Fürſten erhob ſich der leicht zu be-
greifende Ehrgeiz nichts zu verlieren was ſeine Vorweſer
beſeſſen. Er war auf der Stelle zum Äußerſten entſchloſ-
ſen. Er forderte ſeine thüringiſchen, meißniſchen und gebir-
1 Ein Bedenken von Bruͤck Montag nach Invocavit eroͤrtert
alle Verhaͤltniſſe. Nur mit Ungeduld habe man dem Herzog Georg
nachgeſehen. „Die Meißner werden ſich jetzo unterſtehn, den Biſchof
ganz an ſich zu ziehen.“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/284>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.