Man mußte erwarten, daß das Kammergericht sich hie- bei nicht beruhigen, daß es dem Herzog nicht immer an Freunden fehlen werde. Um so enger schlossen sich die Pro- testanten an einander.
Unmittelbar nach dem Kriegszug fand eine Versamm- lung des schmalkaldischen Bundes zu Braunschweig Statt. Obgleich die Mitglieder nicht ohne Ausnahme das Verfah- ren der beiden Hauptleute gebilligt hatten, wie man denn namentlich in Nürnberg auch ungleiche Reden vernommen, so waren doch jetzt Alle einverstanden: Alle zeigten sich da- von durchdrungen, daß es kein andres Mittel gegeben habe die Städte zu schützen; sie verpflichteten sich sämmtlich, diese Sache gleichmäßig mit den beiden Fürsten zu vertreten und durchzuführen.
Darauf kam es nun vor allem andern an. Es war das große protestantische Interesse.
Es konnte noch nicht genügen, blos die Execution eines Urtels gehindert und den Versuch einer solchen mit Waffen- gewalt verhindert zu haben: des Gerichtes selbst, von wel- chem diese Entscheidung ausgegangen, und das jetzt mit noch gefährlichern drohte (die Revision, welche beschlossen gewe- sen, war im Momente wo sie beginnen sollte, inhibirt wor- den), mußte man sich endlich einmal, und auf immer ent- ledigen.
Am 4ten December erließen der Churfürst und der Land- graf eine Erklärung zugleich für sich selbst und im Namen "der hochgebornen Fürsten, wohlgebornen Grafen und ehr- baren Städte" ihrer Verständniß, worin sie auf den Grund der Regensburger Declaration ausführten, daß dem Kammer-
Siebentes Buch. Siebentes Capitel.
Man mußte erwarten, daß das Kammergericht ſich hie- bei nicht beruhigen, daß es dem Herzog nicht immer an Freunden fehlen werde. Um ſo enger ſchloſſen ſich die Pro- teſtanten an einander.
Unmittelbar nach dem Kriegszug fand eine Verſamm- lung des ſchmalkaldiſchen Bundes zu Braunſchweig Statt. Obgleich die Mitglieder nicht ohne Ausnahme das Verfah- ren der beiden Hauptleute gebilligt hatten, wie man denn namentlich in Nürnberg auch ungleiche Reden vernommen, ſo waren doch jetzt Alle einverſtanden: Alle zeigten ſich da- von durchdrungen, daß es kein andres Mittel gegeben habe die Städte zu ſchützen; ſie verpflichteten ſich ſämmtlich, dieſe Sache gleichmäßig mit den beiden Fürſten zu vertreten und durchzuführen.
Darauf kam es nun vor allem andern an. Es war das große proteſtantiſche Intereſſe.
Es konnte noch nicht genügen, blos die Execution eines Urtels gehindert und den Verſuch einer ſolchen mit Waffen- gewalt verhindert zu haben: des Gerichtes ſelbſt, von wel- chem dieſe Entſcheidung ausgegangen, und das jetzt mit noch gefährlichern drohte (die Reviſion, welche beſchloſſen gewe- ſen, war im Momente wo ſie beginnen ſollte, inhibirt wor- den), mußte man ſich endlich einmal, und auf immer ent- ledigen.
Am 4ten December erließen der Churfürſt und der Land- graf eine Erklärung zugleich für ſich ſelbſt und im Namen „der hochgebornen Fürſten, wohlgebornen Grafen und ehr- baren Städte“ ihrer Verſtändniß, worin ſie auf den Grund der Regensburger Declaration ausführten, daß dem Kammer-
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Siebentes Buch. Siebentes Capitel.
Man mußte erwarten, daß das Kammergericht ſich hie-
bei nicht beruhigen, daß es dem Herzog nicht immer an
Freunden fehlen werde. Um ſo enger ſchloſſen ſich die Pro-
teſtanten an einander.
Unmittelbar nach dem Kriegszug fand eine Verſamm-
lung des ſchmalkaldiſchen Bundes zu Braunſchweig Statt.
Obgleich die Mitglieder nicht ohne Ausnahme das Verfah-
ren der beiden Hauptleute gebilligt hatten, wie man denn
namentlich in Nürnberg auch ungleiche Reden vernommen,
ſo waren doch jetzt Alle einverſtanden: Alle zeigten ſich da-
von durchdrungen, daß es kein andres Mittel gegeben habe
die Städte zu ſchützen; ſie verpflichteten ſich ſämmtlich, dieſe
Sache gleichmäßig mit den beiden Fürſten zu vertreten und
durchzuführen.
Darauf kam es nun vor allem andern an. Es war
das große proteſtantiſche Intereſſe.
Es konnte noch nicht genügen, blos die Execution eines
Urtels gehindert und den Verſuch einer ſolchen mit Waffen-
gewalt verhindert zu haben: des Gerichtes ſelbſt, von wel-
chem dieſe Entſcheidung ausgegangen, und das jetzt mit noch
gefährlichern drohte (die Reviſion, welche beſchloſſen gewe-
ſen, war im Momente wo ſie beginnen ſollte, inhibirt wor-
den), mußte man ſich endlich einmal, und auf immer ent-
ledigen.
Am 4ten December erließen der Churfürſt und der Land-
graf eine Erklärung zugleich für ſich ſelbſt und im Namen
„der hochgebornen Fürſten, wohlgebornen Grafen und ehr-
baren Städte“ ihrer Verſtändniß, worin ſie auf den Grund
der Regensburger Declaration ausführten, daß dem Kammer-
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/296>, abgerufen am 23.11.2024.
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