Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Siebentes Buch. Achtes Capitel. reich. Allein jetzt erfuhr er, wie so mancher andre Verbün-dete dieser Macht, wie falsch seine Politik gewesen war. Kö- nig Franz dachte wenig an die Versprechungen die er gege- ben; statt ihm zu Hülfe zu kommen, wollte er den Augen- blick benutzen, um wie das Land so auch die Stadt Luxen- burg, auf die er selber Ansprüche machte, zu erobern. Die Folge war, daß der Herzog von Cleve in die nem- Dem Geschütz aber widerstanden diese Befestigungen so 1 Sepulveda XXII, 21 erzählt, man habe gesagt, der Kaiser
führe eine neue Menschenrace mit sich, mit langen Krallen und her- vorstehenden Eberzähnen, "cui commento locum fecerat Hispanorum agilitas." In deutschen Schriften finde ich jedoch davon nichts. Siebentes Buch. Achtes Capitel. reich. Allein jetzt erfuhr er, wie ſo mancher andre Verbün-dete dieſer Macht, wie falſch ſeine Politik geweſen war. Kö- nig Franz dachte wenig an die Verſprechungen die er gege- ben; ſtatt ihm zu Hülfe zu kommen, wollte er den Augen- blick benutzen, um wie das Land ſo auch die Stadt Luxen- burg, auf die er ſelber Anſprüche machte, zu erobern. Die Folge war, daß der Herzog von Cleve in die nem- Dem Geſchütz aber widerſtanden dieſe Befeſtigungen ſo 1 Sepulveda XXII, 21 erzaͤhlt, man habe geſagt, der Kaiſer
fuͤhre eine neue Menſchenrace mit ſich, mit langen Krallen und her- vorſtehenden Eberzaͤhnen, „cui commento locum fecerat Hispanorum agilitas.“ In deutſchen Schriften finde ich jedoch davon nichts. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0306" n="294"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Siebentes Buch. Achtes Capitel</hi>.</fw><lb/><placeName xml:id="plN4b" prev="#plN4a">reich</placeName>. Allein jetzt erfuhr er, wie ſo mancher andre Verbün-<lb/> dete dieſer Macht, wie falſch ſeine Politik geweſen war. Kö-<lb/> nig <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118534947">Franz</persName> dachte wenig an die Verſprechungen die er gege-<lb/> ben; ſtatt ihm zu Hülfe zu kommen, wollte er den Augen-<lb/> blick benutzen, um wie das Land ſo auch die Stadt <placeName>Luxen-<lb/> burg</placeName>, auf die er ſelber Anſprüche machte, zu erobern.</p><lb/> <p>Die Folge war, daß der Herzog von <placeName>Cleve</placeName> in die nem-<lb/> liche ungünſtige Lage gerieth, in welcher wir ſo eben <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119024918">Hein-<lb/> rich von Braunſchweig</persName> geſehen; ſeine einzige Sicherheit be-<lb/> ſtand in ſeinen Feſtungen. Namentlich hatte er Düren mit<lb/> doppeltem Graben, zwiſchen beiden einem mächtigen Wall bis<lb/> zur Höhe der Mauern, befeſtigt: er hielt es für unbezwinglich.</p><lb/> <p>Dem Geſchütz aber widerſtanden dieſe Befeſtigungen ſo<lb/> wenig wie einſt die <placeName>Ebernburg</placeName> oder wie <placeName>Wolfenbüttel</placeName>, und<lb/> bald konnte <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118560093">Carl <hi rendition="#aq">V</hi></persName> zum Sturm ſchreiten laſſen. Die Be-<lb/> ſatzung wehrte ſich mannhaft genug: an den gefährlichſten<lb/> Stellen ſah man den tapfern Befehlshaber <persName ref="nognd">Vlaten</persName> ſelber in<lb/> dem vorderſten Haufen der Vertheidiger, mit ſeinem breiten<lb/> Schlachtſchwert das er mit beiden Händen ſchwang, und<lb/> viermal ward der Feind zurückgetrieben; endlich aber errang<lb/> die wetteifernde Wuth der Spanier und Italiener den Sieg;<lb/><persName ref="nognd">Vlaten</persName> ward unter den Ruinen eines zuſammenſtürzenden<lb/> Hauſes begraben; die Wälle wurden erſtiegen, die Feſtung<lb/> genommen, die Stadt aufs entſetzlichſte geplündert und ver-<lb/> heert. In dem Schrecken den dieß verbreitete, <note place="foot" n="1"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118796194">Sepulveda</persName><hi rendition="#aq">XXII,</hi> 21 erzaͤhlt, man habe geſagt, der Kaiſer<lb/> fuͤhre eine neue Menſchenrace mit ſich, mit langen Krallen und her-<lb/> vorſtehenden Eberzaͤhnen, <hi rendition="#aq">„cui commento locum fecerat Hispanorum<lb/> agilitas.“</hi> In deutſchen Schriften finde ich jedoch davon nichts.</note> <supplied>erg</supplied>aben ſich<lb/><placeName>Jülich</placeName>, <placeName>Ruremonde</placeName>, <placeName>Orkelen</placeName>.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [294/0306]
Siebentes Buch. Achtes Capitel.
reich. Allein jetzt erfuhr er, wie ſo mancher andre Verbün-
dete dieſer Macht, wie falſch ſeine Politik geweſen war. Kö-
nig Franz dachte wenig an die Verſprechungen die er gege-
ben; ſtatt ihm zu Hülfe zu kommen, wollte er den Augen-
blick benutzen, um wie das Land ſo auch die Stadt Luxen-
burg, auf die er ſelber Anſprüche machte, zu erobern.
Die Folge war, daß der Herzog von Cleve in die nem-
liche ungünſtige Lage gerieth, in welcher wir ſo eben Hein-
rich von Braunſchweig geſehen; ſeine einzige Sicherheit be-
ſtand in ſeinen Feſtungen. Namentlich hatte er Düren mit
doppeltem Graben, zwiſchen beiden einem mächtigen Wall bis
zur Höhe der Mauern, befeſtigt: er hielt es für unbezwinglich.
Dem Geſchütz aber widerſtanden dieſe Befeſtigungen ſo
wenig wie einſt die Ebernburg oder wie Wolfenbüttel, und
bald konnte Carl V zum Sturm ſchreiten laſſen. Die Be-
ſatzung wehrte ſich mannhaft genug: an den gefährlichſten
Stellen ſah man den tapfern Befehlshaber Vlaten ſelber in
dem vorderſten Haufen der Vertheidiger, mit ſeinem breiten
Schlachtſchwert das er mit beiden Händen ſchwang, und
viermal ward der Feind zurückgetrieben; endlich aber errang
die wetteifernde Wuth der Spanier und Italiener den Sieg;
Vlaten ward unter den Ruinen eines zuſammenſtürzenden
Hauſes begraben; die Wälle wurden erſtiegen, die Feſtung
genommen, die Stadt aufs entſetzlichſte geplündert und ver-
heert. In dem Schrecken den dieß verbreitete, 1 ergaben ſich
Jülich, Ruremonde, Orkelen.
1 Sepulveda XXII, 21 erzaͤhlt, man habe geſagt, der Kaiſer
fuͤhre eine neue Menſchenrace mit ſich, mit langen Krallen und her-
vorſtehenden Eberzaͤhnen, „cui commento locum fecerat Hispanorum
agilitas.“ In deutſchen Schriften finde ich jedoch davon nichts.
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