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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Irrungen mit Frankreich.

Carl III von Savoyen war dem König verhaßt, weil er,
nachdem sein Haus sich früher fast immer zu Frankreich gehal-
ten, auf die Seite des Kaisers, seines Schwagers -- er hatte
sich mit der Schwester der Kaiserin vermählt -- übergetre-
ten war; man wollte wissen, er habe in Spanien einst die
Loslassung des Königs widerrathen. Höchst empfindlich fiel
diesem, daß der Herzog die Grafschaft Asti, die zwar im Frie-
den von Cambrai abgetreten worden, aber nicht ohne ge-
heime Protestation, sich hatte übertragen lassen: 1 er betrach-
tete dieß beinahe als eine persönliche Beleidigung.

Und welch ein ungemeiner Vortheil war es, durch einen
glücklichen Angriff auf denselben die Zugänge zu Italien
einzunehmen! -- So eben zeigte sich die beste Gelegen-
heit dazu.

Wir erinnern uns, daß im Jahr 1530, als sich über-
haupt das katholische Prinzip in der Schweiz wieder er-
mannte, auch Genf, schon erfüllt mit allen Elementen kirchlicher
Neuerung von dem Herzog von Savoyen, unter Connivenz
der meisten katholischen Cantone, bedroht ward, aber noch
im rechten Augenblicke Schutz und Rettung fand. Seitdem
war nun die Reform auch in Genf eingedrungen; der Bi-
schof war verjagt worden; da dieser sich an den Herzog an-
schloß, war der Krieg in dem vereinigten Interesse der geist-
lichen und der weltlichen Herrschaft wieder angegangen. Ge-
gen Ende des Jahres 1535 war Genf eingeschlossen, und in
Gefahr sich überliefern zu müssen. Es suchte sich der zur

1 Die Übertragung geschah an die Herzogin Beatrix "prop-
ter singularem affectum quo nos resque nostras prosequitur."

Urkunde Brüssel, 20 Nov. Guichenon Histoire de la royale maison
de Savoye III, p.
495.
Irrungen mit Frankreich.

Carl III von Savoyen war dem König verhaßt, weil er,
nachdem ſein Haus ſich früher faſt immer zu Frankreich gehal-
ten, auf die Seite des Kaiſers, ſeines Schwagers — er hatte
ſich mit der Schweſter der Kaiſerin vermählt — übergetre-
ten war; man wollte wiſſen, er habe in Spanien einſt die
Loslaſſung des Königs widerrathen. Höchſt empfindlich fiel
dieſem, daß der Herzog die Grafſchaft Aſti, die zwar im Frie-
den von Cambrai abgetreten worden, aber nicht ohne ge-
heime Proteſtation, ſich hatte übertragen laſſen: 1 er betrach-
tete dieß beinahe als eine perſönliche Beleidigung.

Und welch ein ungemeiner Vortheil war es, durch einen
glücklichen Angriff auf denſelben die Zugänge zu Italien
einzunehmen! — So eben zeigte ſich die beſte Gelegen-
heit dazu.

Wir erinnern uns, daß im Jahr 1530, als ſich über-
haupt das katholiſche Prinzip in der Schweiz wieder er-
mannte, auch Genf, ſchon erfüllt mit allen Elementen kirchlicher
Neuerung von dem Herzog von Savoyen, unter Connivenz
der meiſten katholiſchen Cantone, bedroht ward, aber noch
im rechten Augenblicke Schutz und Rettung fand. Seitdem
war nun die Reform auch in Genf eingedrungen; der Bi-
ſchof war verjagt worden; da dieſer ſich an den Herzog an-
ſchloß, war der Krieg in dem vereinigten Intereſſe der geiſt-
lichen und der weltlichen Herrſchaft wieder angegangen. Ge-
gen Ende des Jahres 1535 war Genf eingeſchloſſen, und in
Gefahr ſich überliefern zu müſſen. Es ſuchte ſich der zur

1 Die Uͤbertragung geſchah an die Herzogin Beatrix „prop-
ter singularem affectum quo nos resque nostras prosequitur.“

Urkunde Bruͤſſel, 20 Nov. Guichenon Histoire de la royale maison
de Savoye III, p.
495.
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[25/0037] Irrungen mit Frankreich. Carl III von Savoyen war dem König verhaßt, weil er, nachdem ſein Haus ſich früher faſt immer zu Frankreich gehal- ten, auf die Seite des Kaiſers, ſeines Schwagers — er hatte ſich mit der Schweſter der Kaiſerin vermählt — übergetre- ten war; man wollte wiſſen, er habe in Spanien einſt die Loslaſſung des Königs widerrathen. Höchſt empfindlich fiel dieſem, daß der Herzog die Grafſchaft Aſti, die zwar im Frie- den von Cambrai abgetreten worden, aber nicht ohne ge- heime Proteſtation, ſich hatte übertragen laſſen: 1 er betrach- tete dieß beinahe als eine perſönliche Beleidigung. Und welch ein ungemeiner Vortheil war es, durch einen glücklichen Angriff auf denſelben die Zugänge zu Italien einzunehmen! — So eben zeigte ſich die beſte Gelegen- heit dazu. Wir erinnern uns, daß im Jahr 1530, als ſich über- haupt das katholiſche Prinzip in der Schweiz wieder er- mannte, auch Genf, ſchon erfüllt mit allen Elementen kirchlicher Neuerung von dem Herzog von Savoyen, unter Connivenz der meiſten katholiſchen Cantone, bedroht ward, aber noch im rechten Augenblicke Schutz und Rettung fand. Seitdem war nun die Reform auch in Genf eingedrungen; der Bi- ſchof war verjagt worden; da dieſer ſich an den Herzog an- ſchloß, war der Krieg in dem vereinigten Intereſſe der geiſt- lichen und der weltlichen Herrſchaft wieder angegangen. Ge- gen Ende des Jahres 1535 war Genf eingeſchloſſen, und in Gefahr ſich überliefern zu müſſen. Es ſuchte ſich der zur 1 Die Uͤbertragung geſchah an die Herzogin Beatrix „prop- ter singularem affectum quo nos resque nostras prosequitur.“ Urkunde Bruͤſſel, 20 Nov. Guichenon Histoire de la royale maison de Savoye III, p. 495.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/37>, abgerufen am 21.11.2024.