Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Der schmalkaldische Krieg. Schärtlin. vorwärts zu rücken: vielleicht Trient heimzusuchen um dasConcilium auseinanderzujagen: auf jeden Fall aber an den Grenzen von Deutschland die Truppen abzuwehren die aus Italien dem Kaiser zuzogen, die Straßen nach Baiern so gut zu schließen wie die nach Schwaben. Auch dieß wäre noch ein großer Erfolg gewesen, der den Protestanten die Überlegenheit im Felde gesichert hätte. Allein auch dem setzte sich die Bedenklichkeit der Kriegs- Ein Kriegsgefährte vergleicht die Stimmung Schärtlins Hiedurch geschah nun aber, daß der Kaiser nicht allein Während die Verbündeten in Tyrol vordrangen, ließ nöthigt, vielleicht weil er sich diesen nicht anders erklären konnte, aber
ohne Zweifel fälschlich: Schärtlin sagt ausdrücklich: "ich fand auch keinen Widerstand in Tyrol." p. 90. Der ſchmalkaldiſche Krieg. Schaͤrtlin. vorwärts zu rücken: vielleicht Trient heimzuſuchen um dasConcilium auseinanderzujagen: auf jeden Fall aber an den Grenzen von Deutſchland die Truppen abzuwehren die aus Italien dem Kaiſer zuzogen, die Straßen nach Baiern ſo gut zu ſchließen wie die nach Schwaben. Auch dieß wäre noch ein großer Erfolg geweſen, der den Proteſtanten die Überlegenheit im Felde geſichert hätte. Allein auch dem ſetzte ſich die Bedenklichkeit der Kriegs- Ein Kriegsgefährte vergleicht die Stimmung Schärtlins Hiedurch geſchah nun aber, daß der Kaiſer nicht allein Während die Verbündeten in Tyrol vordrangen, ließ noͤthigt, vielleicht weil er ſich dieſen nicht anders erklaͤren konnte, aber
ohne Zweifel faͤlſchlich: Schaͤrtlin ſagt ausdruͤcklich: „ich fand auch keinen Widerſtand in Tyrol.“ p. 90. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0433" n="421"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der ſchmalkaldiſche Krieg. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118754734">Schaͤrtlin</persName></hi>.</fw><lb/> vorwärts zu rücken: vielleicht <placeName>Trient</placeName> heimzuſuchen um das<lb/> Concilium auseinanderzujagen: auf jeden Fall aber an den<lb/> Grenzen von <placeName>Deutſchland</placeName> die Truppen abzuwehren die aus<lb/><placeName>Italien</placeName> dem Kaiſer zuzogen, die Straßen nach <placeName>Baiern</placeName> ſo<lb/> gut zu ſchließen wie die nach <placeName>Schwaben</placeName>. Auch dieß wäre<lb/> noch ein großer Erfolg geweſen, der den Proteſtanten die<lb/> Überlegenheit im Felde geſichert hätte.</p><lb/> <p>Allein auch dem ſetzte ſich die Bedenklichkeit der Kriegs-<lb/> räthe entgegen. Hinter der Vieldeutigkeit der Rede, mit der<lb/> man die Verhältniſſe umkleidete, konnten ſie das wahre We-<lb/> ſen derſelben noch immer nicht erkennen. Wer ſollte es glau-<lb/> ben? Sie zweifelten noch, ob König <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118532502">Ferdinand</persName> ſich für ſei-<lb/> nen Bruder, den Kaiſer, erklären würde. Um ihn nicht zum<lb/> Feinde zu bekommen, verboten ſie ihrem Oberſten alles wei-<lb/> tere Vorrücken. Er mußte ſeine Truppen von <placeName>Lermoos</placeName>, wo-<lb/> hin ſie vorgegangen, wieder abrufen, ſich mit Zuſagen be-<lb/> gnügen, von denen ſich wohl vorausſehen ließ daß ſie nicht<lb/> würden gehalten werden, und den Rückweg nach <placeName>Augsburg</placeName><lb/> einſchlagen.</p><lb/> <p>Ein Kriegsgefährte vergleicht die Stimmung <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118754734">Schärtlins</persName><lb/> in dieſem Augenblick mit der Stimmung <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118545655">Hannibals</persName>, als er<lb/> von ſeiner Vaterſtadt aus <placeName>Italien</placeName> abberufen ward.</p><lb/> <p>Hiedurch geſchah nun aber, daß der Kaiſer nicht allein<lb/> ſelbſt ungefährdet blieb, ſondern alle ſeine Vorbereitungen<lb/> ſich ohne Hinderniß entwickelten.</p><lb/> <p>Während die Verbündeten in <placeName>Tyrol</placeName> vordrangen, ließ<lb/><note xml:id="fn25f" prev="#fn25i" place="foot" n="2">noͤthigt, vielleicht weil er ſich dieſen nicht anders erklaͤren konnte, aber<lb/> ohne Zweifel faͤlſchlich: <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118754734">Schaͤrtlin</persName> ſagt ausdruͤcklich: „ich fand auch<lb/> keinen Widerſtand in <placeName>Tyrol</placeName>.“ <hi rendition="#aq">p.</hi> 90.</note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [421/0433]
Der ſchmalkaldiſche Krieg. Schaͤrtlin.
vorwärts zu rücken: vielleicht Trient heimzuſuchen um das
Concilium auseinanderzujagen: auf jeden Fall aber an den
Grenzen von Deutſchland die Truppen abzuwehren die aus
Italien dem Kaiſer zuzogen, die Straßen nach Baiern ſo
gut zu ſchließen wie die nach Schwaben. Auch dieß wäre
noch ein großer Erfolg geweſen, der den Proteſtanten die
Überlegenheit im Felde geſichert hätte.
Allein auch dem ſetzte ſich die Bedenklichkeit der Kriegs-
räthe entgegen. Hinter der Vieldeutigkeit der Rede, mit der
man die Verhältniſſe umkleidete, konnten ſie das wahre We-
ſen derſelben noch immer nicht erkennen. Wer ſollte es glau-
ben? Sie zweifelten noch, ob König Ferdinand ſich für ſei-
nen Bruder, den Kaiſer, erklären würde. Um ihn nicht zum
Feinde zu bekommen, verboten ſie ihrem Oberſten alles wei-
tere Vorrücken. Er mußte ſeine Truppen von Lermoos, wo-
hin ſie vorgegangen, wieder abrufen, ſich mit Zuſagen be-
gnügen, von denen ſich wohl vorausſehen ließ daß ſie nicht
würden gehalten werden, und den Rückweg nach Augsburg
einſchlagen.
Ein Kriegsgefährte vergleicht die Stimmung Schärtlins
in dieſem Augenblick mit der Stimmung Hannibals, als er
von ſeiner Vaterſtadt aus Italien abberufen ward.
Hiedurch geſchah nun aber, daß der Kaiſer nicht allein
ſelbſt ungefährdet blieb, ſondern alle ſeine Vorbereitungen
ſich ohne Hinderniß entwickelten.
Während die Verbündeten in Tyrol vordrangen, ließ
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2 noͤthigt, vielleicht weil er ſich dieſen nicht anders erklaͤren konnte, aber
ohne Zweifel faͤlſchlich: Schaͤrtlin ſagt ausdruͤcklich: „ich fand auch
keinen Widerſtand in Tyrol.“ p. 90.
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