Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Achtes Buch. Zweites Capitel.
die niederländischen Haufen, die noch jenseit des Rheines
heranzogen, hatte der Kaiser nunmehr 34000 M. z. F., 5000
M. z. Pf. beisammen, wenn nicht das zahlreichste, doch viel-
leicht das am besten organisirte Heer das er jemals im Feld
gehabt. Seiner Wahlcapitulation, welche ihm verbot fremde
Truppen ins Reich zu führen, zum Trotz hatte er sein Fuß-
volk mehr als zur Hälfte aus Ausländern zusammengesetzt:
man zählte 10000 Italiener, 8000 Spanier im Heer. Fürs
Erste nahm er seinen Weg nach Regensburg zurück, wo er
sein Geschütz gelassen, und das in diesem Augenblick von
den Verbündeten bedroht ward.

Denn indeß waren nun auch der Churfürst und der
Landgraf mit den Mannschaften die sie aufgeboten und ge-
worben, von Thüringen daher gezogen; ihre ursprüngliche
Absicht, sich der fränkischen Bisthümer zu bemeistern, hat-
ten sie, von den Oberländern täglich zu eilender Hülfleistung
angemahnt, nur zur Hälfte ausführen können und sich mit
dem Versprechen der Bischöfe, ihre Feinde nicht seyn zu
wollen, begnügen müssen; Anfang August hatten sie sich zu
Donauwerth mit dem würtenbergischen sowohl wie mit dem
städtischen Haufen vereinigt und eine Masse von 35000 M.
z. F., 6000 M. z. Pf. gebildet. Was ihnen für ihre ganze
Stellung in diesem Augenblick besonders zu Statten kam,
das waren die Erklärungen des römischen Hofes, die ihnen
in die Hände fielen: z. B. ein Ausschreiben an die katholi-
schen Stände der Schweiz, 1 welches ausdrücklich dahin lau-
tete, daß die Widersetzlichkeit der verstockten Leute in Deutsch-

1 Wahrhaftiger Abdruck bei Hortleder II, iii, 12, 296. Bei
Rainaldus finden sich ähnliche Schreiben nach Frankreich, nach Polen.

Achtes Buch. Zweites Capitel.
die niederländiſchen Haufen, die noch jenſeit des Rheines
heranzogen, hatte der Kaiſer nunmehr 34000 M. z. F., 5000
M. z. Pf. beiſammen, wenn nicht das zahlreichſte, doch viel-
leicht das am beſten organiſirte Heer das er jemals im Feld
gehabt. Seiner Wahlcapitulation, welche ihm verbot fremde
Truppen ins Reich zu führen, zum Trotz hatte er ſein Fuß-
volk mehr als zur Hälfte aus Ausländern zuſammengeſetzt:
man zählte 10000 Italiener, 8000 Spanier im Heer. Fürs
Erſte nahm er ſeinen Weg nach Regensburg zurück, wo er
ſein Geſchütz gelaſſen, und das in dieſem Augenblick von
den Verbündeten bedroht ward.

Denn indeß waren nun auch der Churfürſt und der
Landgraf mit den Mannſchaften die ſie aufgeboten und ge-
worben, von Thüringen daher gezogen; ihre urſprüngliche
Abſicht, ſich der fränkiſchen Bisthümer zu bemeiſtern, hat-
ten ſie, von den Oberländern täglich zu eilender Hülfleiſtung
angemahnt, nur zur Hälfte ausführen können und ſich mit
dem Verſprechen der Biſchöfe, ihre Feinde nicht ſeyn zu
wollen, begnügen müſſen; Anfang Auguſt hatten ſie ſich zu
Donauwerth mit dem würtenbergiſchen ſowohl wie mit dem
ſtädtiſchen Haufen vereinigt und eine Maſſe von 35000 M.
z. F., 6000 M. z. Pf. gebildet. Was ihnen für ihre ganze
Stellung in dieſem Augenblick beſonders zu Statten kam,
das waren die Erklärungen des römiſchen Hofes, die ihnen
in die Hände fielen: z. B. ein Ausſchreiben an die katholi-
ſchen Stände der Schweiz, 1 welches ausdrücklich dahin lau-
tete, daß die Widerſetzlichkeit der verſtockten Leute in Deutſch-

1 Wahrhaftiger Abdruck bei Hortleder II, iii, 12, 296. Bei
Rainaldus finden ſich aͤhnliche Schreiben nach Frankreich, nach Polen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0436" n="424"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Achtes Buch. Zweites Capitel</hi>.</fw><lb/>
die niederländi&#x017F;chen Haufen, die noch jen&#x017F;eit des <placeName>Rheines</placeName><lb/>
heranzogen, hatte der Kai&#x017F;er nunmehr 34000 M. z. F., 5000<lb/>
M. z. Pf. bei&#x017F;ammen, wenn nicht das zahlreich&#x017F;te, doch viel-<lb/>
leicht das am be&#x017F;ten organi&#x017F;irte Heer das er jemals im Feld<lb/>
gehabt. Seiner Wahlcapitulation, welche ihm verbot fremde<lb/>
Truppen ins Reich zu führen, zum Trotz hatte er &#x017F;ein Fuß-<lb/>
volk mehr als zur Hälfte aus Ausländern zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzt:<lb/>
man zählte 10000 Italiener, 8000 Spanier im Heer. Fürs<lb/>
Er&#x017F;te nahm er &#x017F;einen Weg nach <placeName>Regensburg</placeName> zurück, wo er<lb/>
&#x017F;ein Ge&#x017F;chütz gela&#x017F;&#x017F;en, und das in die&#x017F;em Augenblick von<lb/>
den Verbündeten bedroht ward.</p><lb/>
          <p>Denn indeß waren nun auch der Churfür&#x017F;t und der<lb/>
Landgraf mit den Mann&#x017F;chaften die &#x017F;ie aufgeboten und ge-<lb/>
worben, von <placeName>Thüringen</placeName> daher gezogen; ihre ur&#x017F;prüngliche<lb/>
Ab&#x017F;icht, &#x017F;ich der fränki&#x017F;chen Bisthümer zu bemei&#x017F;tern, hat-<lb/>
ten &#x017F;ie, von den Oberländern täglich zu eilender Hülflei&#x017F;tung<lb/>
angemahnt, nur zur Hälfte ausführen können und &#x017F;ich mit<lb/>
dem Ver&#x017F;prechen der Bi&#x017F;chöfe, ihre Feinde nicht &#x017F;eyn zu<lb/>
wollen, begnügen mü&#x017F;&#x017F;en; Anfang Augu&#x017F;t hatten &#x017F;ie &#x017F;ich zu<lb/><placeName>Donauwerth</placeName> mit dem würtenbergi&#x017F;chen &#x017F;owohl wie mit dem<lb/>
&#x017F;tädti&#x017F;chen Haufen vereinigt und eine Ma&#x017F;&#x017F;e von 35000 M.<lb/>
z. F., 6000 M. z. Pf. gebildet. Was ihnen für ihre ganze<lb/>
Stellung in die&#x017F;em Augenblick be&#x017F;onders zu Statten kam,<lb/>
das waren die Erklärungen des römi&#x017F;chen Hofes, die ihnen<lb/>
in die Hände fielen: z. B. ein Aus&#x017F;chreiben an die katholi-<lb/>
&#x017F;chen Stände der <placeName>Schweiz</placeName>, <note place="foot" n="1">Wahrhaftiger Abdruck bei <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117011312">Hortleder</persName> <hi rendition="#aq">II, <hi rendition="#k">iii</hi>, 12,</hi> 296. Bei<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/130236160">Rainaldus</persName> finden &#x017F;ich a&#x0364;hnliche Schreiben nach <placeName>Frankreich</placeName>, nach <placeName>Polen</placeName>.</note> welches ausdrücklich dahin lau-<lb/>
tete, daß die Wider&#x017F;etzlichkeit der ver&#x017F;tockten Leute in <placeName xml:id="plN5a" next="#plN5b">Deut&#x017F;ch-</placeName><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[424/0436] Achtes Buch. Zweites Capitel. die niederländiſchen Haufen, die noch jenſeit des Rheines heranzogen, hatte der Kaiſer nunmehr 34000 M. z. F., 5000 M. z. Pf. beiſammen, wenn nicht das zahlreichſte, doch viel- leicht das am beſten organiſirte Heer das er jemals im Feld gehabt. Seiner Wahlcapitulation, welche ihm verbot fremde Truppen ins Reich zu führen, zum Trotz hatte er ſein Fuß- volk mehr als zur Hälfte aus Ausländern zuſammengeſetzt: man zählte 10000 Italiener, 8000 Spanier im Heer. Fürs Erſte nahm er ſeinen Weg nach Regensburg zurück, wo er ſein Geſchütz gelaſſen, und das in dieſem Augenblick von den Verbündeten bedroht ward. Denn indeß waren nun auch der Churfürſt und der Landgraf mit den Mannſchaften die ſie aufgeboten und ge- worben, von Thüringen daher gezogen; ihre urſprüngliche Abſicht, ſich der fränkiſchen Bisthümer zu bemeiſtern, hat- ten ſie, von den Oberländern täglich zu eilender Hülfleiſtung angemahnt, nur zur Hälfte ausführen können und ſich mit dem Verſprechen der Biſchöfe, ihre Feinde nicht ſeyn zu wollen, begnügen müſſen; Anfang Auguſt hatten ſie ſich zu Donauwerth mit dem würtenbergiſchen ſowohl wie mit dem ſtädtiſchen Haufen vereinigt und eine Maſſe von 35000 M. z. F., 6000 M. z. Pf. gebildet. Was ihnen für ihre ganze Stellung in dieſem Augenblick beſonders zu Statten kam, das waren die Erklärungen des römiſchen Hofes, die ihnen in die Hände fielen: z. B. ein Ausſchreiben an die katholi- ſchen Stände der Schweiz, 1 welches ausdrücklich dahin lau- tete, daß die Widerſetzlichkeit der verſtockten Leute in Deutſch- 1 Wahrhaftiger Abdruck bei Hortleder II, iii, 12, 296. Bei Rainaldus finden ſich aͤhnliche Schreiben nach Frankreich, nach Polen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/436
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/436>, abgerufen am 22.11.2024.