Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Aussöhnungen und Unterwerfungen. Ulm. derung, die er zu beseitigen gedacht, wenn nicht mit deralten Heftigkeit, doch mit Energie entgegen. Churfürst Friedrich von der Pfalz, der in diesen Ta- Es war, wie wir wissen, eben der Punct, auf den es Herzog Ulrich, dem nun auch Eröffnungen waren ge- Einen zweiten Vorschlag, den Granvella vorlegen ließ, 1 Nach Granvellas Vorschlag sollten die Bürger versprechen,
bei dem Kaiser, als ihrer höchsten und ainigen ordentlichen Obrig- keit, alle Zeit als gehorsame Unterthanen zu bleiben: nie wieder einen Bund zu machen, ohne daß der Kaiser und das Haus Östreich darin begriffen oder vorbehalten wären; dem Kammergericht zu gehorchen, wie es der Kaiser bestellen würde. Die Ulmer ermäßigten diese Be- Ausſoͤhnungen und Unterwerfungen. Ulm. derung, die er zu beſeitigen gedacht, wenn nicht mit deralten Heftigkeit, doch mit Energie entgegen. Churfürſt Friedrich von der Pfalz, der in dieſen Ta- Es war, wie wir wiſſen, eben der Punct, auf den es Herzog Ulrich, dem nun auch Eröffnungen waren ge- Einen zweiten Vorſchlag, den Granvella vorlegen ließ, 1 Nach Granvellas Vorſchlag ſollten die Buͤrger verſprechen,
bei dem Kaiſer, als ihrer hoͤchſten und ainigen ordentlichen Obrig- keit, alle Zeit als gehorſame Unterthanen zu bleiben: nie wieder einen Bund zu machen, ohne daß der Kaiſer und das Haus Oͤſtreich darin begriffen oder vorbehalten waͤren; dem Kammergericht zu gehorchen, wie es der Kaiſer beſtellen wuͤrde. Die Ulmer ermaͤßigten dieſe Be- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0467" n="455"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ausſoͤhnungen und Unterwerfungen. <placeName>Ulm</placeName></hi>.</fw><lb/> derung, die er zu beſeitigen gedacht, wenn nicht mit der<lb/> alten Heftigkeit, doch mit Energie entgegen.</p><lb/> <p>Churfürſt <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118535714">Friedrich von der Pfalz</persName>, der in dieſen Ta-<lb/> gen in die Nähe gekommen, hauptſächlich um ſeine Theil-<lb/> nahme am Kriege mit der Geringfügigkeit derſelben — er<lb/> hatte nur dem Herzog von <placeName>Würtenberg</placeName> kraft alter Tractaten<lb/> ein paar hundert Mann zugeſchickt — zu entſchuldigen, ent-<lb/> wickelte dem Kaiſer, wie leicht ſich ihm <placeName>Deutſchland</placeName> jetzt un-<lb/> terwerfen werde, wenn er Gnade ergehn laſſe, hauptſächlich<lb/> in Einem Artikel, dem der Religion. So tiefe Wurzeln habe<lb/> die neue Lehre in Hohen und Niedrigen geſchlagen, daß es<lb/> nicht mehr möglich ſey ſie zu vertilgen. Alles rufe ihn an,<lb/> nur in dieſem Punct keine Gewalt auszuüben: in jedem an-<lb/> dern wolle man Gehorſam beweiſen.</p><lb/> <p>Es war, wie wir wiſſen, eben der Punct, auf den es<lb/> dem Kaiſer am meiſten ankam. Allein auch jetzt noch war<lb/> er nicht in der Lage, geradezu damit durchzugreifen.</p><lb/> <p>Herzog <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118625357">Ulrich</persName>, dem nun auch Eröffnungen waren ge-<lb/> macht worden, forderte ebenfalls „bei der wahren evangeli-<lb/> ſchen Lehre erhalten zu werden.“</p><lb/> <p>Einen zweiten Vorſchlag, den <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118718444">Granvella</persName> vorlegen ließ,<lb/> wieſen die Ulmer, zwar auch wegen einiger Beſtimmun-<lb/> gen über den Gehorſam gegen den Kaiſer die man ver-<lb/> fänglich fand, <note xml:id="fn27i" n="1" place="foot" next="#fn27f">Nach <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118718444">Granvellas</persName> Vorſchlag ſollten die Buͤrger verſprechen,<lb/> bei dem Kaiſer, als ihrer hoͤchſten und ainigen ordentlichen Obrig-<lb/> keit, alle Zeit als gehorſame Unterthanen zu bleiben: nie wieder einen<lb/> Bund zu machen, ohne daß der Kaiſer und das Haus <placeName>Oͤſtreich</placeName> darin<lb/> begriffen oder vorbehalten waͤren; dem Kammergericht zu gehorchen,<lb/> wie es der Kaiſer beſtellen wuͤrde. Die Ulmer ermaͤßigten dieſe Be-</note> hauptſächlich aber wegen der Religion von<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [455/0467]
Ausſoͤhnungen und Unterwerfungen. Ulm.
derung, die er zu beſeitigen gedacht, wenn nicht mit der
alten Heftigkeit, doch mit Energie entgegen.
Churfürſt Friedrich von der Pfalz, der in dieſen Ta-
gen in die Nähe gekommen, hauptſächlich um ſeine Theil-
nahme am Kriege mit der Geringfügigkeit derſelben — er
hatte nur dem Herzog von Würtenberg kraft alter Tractaten
ein paar hundert Mann zugeſchickt — zu entſchuldigen, ent-
wickelte dem Kaiſer, wie leicht ſich ihm Deutſchland jetzt un-
terwerfen werde, wenn er Gnade ergehn laſſe, hauptſächlich
in Einem Artikel, dem der Religion. So tiefe Wurzeln habe
die neue Lehre in Hohen und Niedrigen geſchlagen, daß es
nicht mehr möglich ſey ſie zu vertilgen. Alles rufe ihn an,
nur in dieſem Punct keine Gewalt auszuüben: in jedem an-
dern wolle man Gehorſam beweiſen.
Es war, wie wir wiſſen, eben der Punct, auf den es
dem Kaiſer am meiſten ankam. Allein auch jetzt noch war
er nicht in der Lage, geradezu damit durchzugreifen.
Herzog Ulrich, dem nun auch Eröffnungen waren ge-
macht worden, forderte ebenfalls „bei der wahren evangeli-
ſchen Lehre erhalten zu werden.“
Einen zweiten Vorſchlag, den Granvella vorlegen ließ,
wieſen die Ulmer, zwar auch wegen einiger Beſtimmun-
gen über den Gehorſam gegen den Kaiſer die man ver-
fänglich fand, 1 hauptſächlich aber wegen der Religion von
1 Nach Granvellas Vorſchlag ſollten die Buͤrger verſprechen,
bei dem Kaiſer, als ihrer hoͤchſten und ainigen ordentlichen Obrig-
keit, alle Zeit als gehorſame Unterthanen zu bleiben: nie wieder einen
Bund zu machen, ohne daß der Kaiſer und das Haus Oͤſtreich darin
begriffen oder vorbehalten waͤren; dem Kammergericht zu gehorchen,
wie es der Kaiſer beſtellen wuͤrde. Die Ulmer ermaͤßigten dieſe Be-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |