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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Siebentes Buch. Erstes Capitel.
allein er fand sich getäuscht. Es blieb ihm nichts übrig, als
seinen Rückzug zu nehmen, wie einst Bourbon. 1

Der Kaiser tröstete sich zwar damit, daß sein Gegner
so viele Feinde in seinem Königreiche gehabt, so großen
Schaden erlitten habe; 2 allein seine Absicht, denselben zu
Bedingungen zu nöthigen welche den Frieden gesichert hät-
ten, war doch auf jeden Fall gescheitert; die Wahrheit zu
sagen, dieß Mal war es der König, der als Sieger aus dem
Kampfe hervorgieng. 3 Die drohende Stellung welche er
durch die Besetzung von Piemont eingenommen, ward nun erst
recht befestigt.

Auch das niederländische Heer, das eine Zeitlang Pe-
ronne
belagert, aber sehr vergeblich, war mißvergnügt zurück-
gegangen. Die Deutschen waren mit der Führung dieses
Haufens so unzufrieden, daß sie von Verrätherei redeten, und
die Summe nannten, durch welche ihr Heerführer von den
Franzosen bestochen worden sey. Der König nahm jetzt die
aufgegebene Lehnsherrlichkeit über Artois und Flandern wieder
in Anspruch, und erhob sich, in diese Länder einzubrechen.

Hauptsächlich trat er in ganz unverhehlten Bund mit
den Osmanen. Wir finden die französische und die osma-
nische Flotte schon im Jahr 1536 vereinigt; für das Jahr

1 L'empereur a Mr de Nasson 4 Sept. Arch. z. Brüssel.
Auszug. Advertist qu'il est delibere de se retirer vers Italie.
2 Gutachten der Räthe im October -- Bien l'a Vre Mte outraige
et lui fait grosse honte et dommaige dans son propre royaume
qu[']il aura compourte sans revanche.
Arch. z. Br.
3 Le glorieux retour de l'empereur de Provence (Cimber
et Danjou Arch. curieux III, p. 10)
zeigt wie man in Frankreich
triumphirte: Marseille habe mehr zu bedeuten als Goletta, das La-
ger eines Montmorency bei Avignon mehr als Tunis.

Siebentes Buch. Erſtes Capitel.
allein er fand ſich getäuſcht. Es blieb ihm nichts übrig, als
ſeinen Rückzug zu nehmen, wie einſt Bourbon. 1

Der Kaiſer tröſtete ſich zwar damit, daß ſein Gegner
ſo viele Feinde in ſeinem Königreiche gehabt, ſo großen
Schaden erlitten habe; 2 allein ſeine Abſicht, denſelben zu
Bedingungen zu nöthigen welche den Frieden geſichert hät-
ten, war doch auf jeden Fall geſcheitert; die Wahrheit zu
ſagen, dieß Mal war es der König, der als Sieger aus dem
Kampfe hervorgieng. 3 Die drohende Stellung welche er
durch die Beſetzung von Piemont eingenommen, ward nun erſt
recht befeſtigt.

Auch das niederländiſche Heer, das eine Zeitlang Pe-
ronne
belagert, aber ſehr vergeblich, war mißvergnügt zurück-
gegangen. Die Deutſchen waren mit der Führung dieſes
Haufens ſo unzufrieden, daß ſie von Verrätherei redeten, und
die Summe nannten, durch welche ihr Heerführer von den
Franzoſen beſtochen worden ſey. Der König nahm jetzt die
aufgegebene Lehnsherrlichkeit über Artois und Flandern wieder
in Anſpruch, und erhob ſich, in dieſe Länder einzubrechen.

Hauptſächlich trat er in ganz unverhehlten Bund mit
den Osmanen. Wir finden die franzöſiſche und die osma-
niſche Flotte ſchon im Jahr 1536 vereinigt; für das Jahr

1 L’empereur à Mr de Nasson 4 Sept. Arch. z. Bruͤſſel.
Auszug. Advertist qu’il est déliberé de se retirer vers Italie.
2 Gutachten der Raͤthe im October — Bien l’a Vre M outraigé
et lui fait grosse honte et dommaige dans son propre royaume
qu[']il aura compourté sans revanche.
Arch. z. Br.
3 Le glorieux retour de l’empereur de Provence (Cimber
et Danjou Arch. curieux III, p. 10)
zeigt wie man in Frankreich
triumphirte: Marſeille habe mehr zu bedeuten als Goletta, das La-
ger eines Montmorency bei Avignon mehr als Tunis.
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[36/0048] Siebentes Buch. Erſtes Capitel. allein er fand ſich getäuſcht. Es blieb ihm nichts übrig, als ſeinen Rückzug zu nehmen, wie einſt Bourbon. 1 Der Kaiſer tröſtete ſich zwar damit, daß ſein Gegner ſo viele Feinde in ſeinem Königreiche gehabt, ſo großen Schaden erlitten habe; 2 allein ſeine Abſicht, denſelben zu Bedingungen zu nöthigen welche den Frieden geſichert hät- ten, war doch auf jeden Fall geſcheitert; die Wahrheit zu ſagen, dieß Mal war es der König, der als Sieger aus dem Kampfe hervorgieng. 3 Die drohende Stellung welche er durch die Beſetzung von Piemont eingenommen, ward nun erſt recht befeſtigt. Auch das niederländiſche Heer, das eine Zeitlang Pe- ronne belagert, aber ſehr vergeblich, war mißvergnügt zurück- gegangen. Die Deutſchen waren mit der Führung dieſes Haufens ſo unzufrieden, daß ſie von Verrätherei redeten, und die Summe nannten, durch welche ihr Heerführer von den Franzoſen beſtochen worden ſey. Der König nahm jetzt die aufgegebene Lehnsherrlichkeit über Artois und Flandern wieder in Anſpruch, und erhob ſich, in dieſe Länder einzubrechen. Hauptſächlich trat er in ganz unverhehlten Bund mit den Osmanen. Wir finden die franzöſiſche und die osma- niſche Flotte ſchon im Jahr 1536 vereinigt; für das Jahr 1 L’empereur à Mr de Nasson 4 Sept. Arch. z. Bruͤſſel. Auszug. Advertist qu’il est déliberé de se retirer vers Italie. 2 Gutachten der Raͤthe im October — Bien l’a Vre Mté outraigé et lui fait grosse honte et dommaige dans son propre royaume qu'il aura compourté sans revanche. Arch. z. Br. 3 Le glorieux retour de l’empereur de Provence (Cimber et Danjou Arch. curieux III, p. 10) zeigt wie man in Frankreich triumphirte: Marſeille habe mehr zu bedeuten als Goletta, das La- ger eines Montmorency bei Avignon mehr als Tunis.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/48>, abgerufen am 21.11.2024.