Es war nicht so leicht, wie man wohl glauben möchte, diese Momente zu ergreifen.
Die Protestanten konnten ihre Verbindung mit den aus- wärtigen Mächten nicht aufgeben: und mußten sich doch hüten, von der Strenge reichsständischer Pflichten auch nur einen Schritt breit abzuweichen. Nach der ganzen Lage in der sie waren mußten sie Selbständigkeit und Unterordnung, Widerstand und Gehorsam, eine gesunde auf richtigem Ver- ständniß der europäischen Geschäfte beruhende Politik und un- wandelbares Festhalten der religiösen Grundsätze vereinigen. Es gab wohl nie eine politisch bedeutende Stellung, die per- sönlichem Ehrgeiz einen geringern Spielraum gelassen hätte.
Wir haben nun zu beobachten, wie sie unter diesem Ver- hältniß verfuhren, ob und wie sie es weiter brachten.
Zunächst hieng alles von dem Bestehen und der Fortbil- dung ihres Bundes ab.
Erweiterung des schmalkaldischen Bundes.
So viel die Protestanten auch seit dem Jahr 1530, wo sie dem Untergange nahe gewesen, gewonnen haben moch- ten, so befanden sie sich doch noch keinesweges in haltba- rem Zustand.
Dem Friedensschluß zu Nürnberg und den späteren Er- läuterungen desselben zum Trotz hörte das Kammergericht, in welchem sich die Meinung der reichsständischen Majorität dar- stellte, und das nun, da der religiöse Streit ein Rechtsstreit geworden, für die geistlichen Angelegenheiten die größte Be-
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Erweiterung des ſchmalkaldiſchen Bundes.
Es war nicht ſo leicht, wie man wohl glauben möchte, dieſe Momente zu ergreifen.
Die Proteſtanten konnten ihre Verbindung mit den aus- wärtigen Mächten nicht aufgeben: und mußten ſich doch hüten, von der Strenge reichsſtändiſcher Pflichten auch nur einen Schritt breit abzuweichen. Nach der ganzen Lage in der ſie waren mußten ſie Selbſtändigkeit und Unterordnung, Widerſtand und Gehorſam, eine geſunde auf richtigem Ver- ſtändniß der europäiſchen Geſchäfte beruhende Politik und un- wandelbares Feſthalten der religiöſen Grundſätze vereinigen. Es gab wohl nie eine politiſch bedeutende Stellung, die per- ſönlichem Ehrgeiz einen geringern Spielraum gelaſſen hätte.
Wir haben nun zu beobachten, wie ſie unter dieſem Ver- hältniß verfuhren, ob und wie ſie es weiter brachten.
Zunächſt hieng alles von dem Beſtehen und der Fortbil- dung ihres Bundes ab.
Erweiterung des ſchmalkaldiſchen Bundes.
So viel die Proteſtanten auch ſeit dem Jahr 1530, wo ſie dem Untergange nahe geweſen, gewonnen haben moch- ten, ſo befanden ſie ſich doch noch keinesweges in haltba- rem Zuſtand.
Dem Friedensſchluß zu Nürnberg und den ſpäteren Er- läuterungen deſſelben zum Trotz hörte das Kammergericht, in welchem ſich die Meinung der reichsſtändiſchen Majorität dar- ſtellte, und das nun, da der religiöſe Streit ein Rechtsſtreit geworden, für die geiſtlichen Angelegenheiten die größte Be-
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Erweiterung des ſchmalkaldiſchen Bundes.
Es war nicht ſo leicht, wie man wohl glauben möchte,
dieſe Momente zu ergreifen.
Die Proteſtanten konnten ihre Verbindung mit den aus-
wärtigen Mächten nicht aufgeben: und mußten ſich doch
hüten, von der Strenge reichsſtändiſcher Pflichten auch nur
einen Schritt breit abzuweichen. Nach der ganzen Lage in
der ſie waren mußten ſie Selbſtändigkeit und Unterordnung,
Widerſtand und Gehorſam, eine geſunde auf richtigem Ver-
ſtändniß der europäiſchen Geſchäfte beruhende Politik und un-
wandelbares Feſthalten der religiöſen Grundſätze vereinigen.
Es gab wohl nie eine politiſch bedeutende Stellung, die per-
ſönlichem Ehrgeiz einen geringern Spielraum gelaſſen hätte.
Wir haben nun zu beobachten, wie ſie unter dieſem Ver-
hältniß verfuhren, ob und wie ſie es weiter brachten.
Zunächſt hieng alles von dem Beſtehen und der Fortbil-
dung ihres Bundes ab.
Erweiterung des ſchmalkaldiſchen Bundes.
So viel die Proteſtanten auch ſeit dem Jahr 1530,
wo ſie dem Untergange nahe geweſen, gewonnen haben moch-
ten, ſo befanden ſie ſich doch noch keinesweges in haltba-
rem Zuſtand.
Dem Friedensſchluß zu Nürnberg und den ſpäteren Er-
läuterungen deſſelben zum Trotz hörte das Kammergericht, in
welchem ſich die Meinung der reichsſtändiſchen Majorität dar-
ſtellte, und das nun, da der religiöſe Streit ein Rechtsſtreit
geworden, für die geiſtlichen Angelegenheiten die größte Be-
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/79>, abgerufen am 21.11.2024.
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