Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Erweiterung des schmalkaldischen Bundes. dessen Freundschaft für das Erzhaus nicht eben sehr sicherwar; Ferdinand sah es nicht ungern, wenn Augsburg ge- gen die Macht der Herzoge einen anderweiten Rückhalt ge- wann. Der Bischof von Lunden, der sich damals am Hofe des Königs aufhielt, und sonst keineswegs als ein Anhän- ger Johann Hofmanns erscheint, stimmte ihm doch in die- ser Sache bei: in seinen Briefen empfiehlt er Augsburg und Ulm dem Kaiser, hauptsächlich deshalb, weil die Einflüste- rungen französischer Emissare in diesen Städten kein Gehör gefunden. Und zu diesen Rücksichten kam noch eine reli- giöse. In Augsburg schien sich der Zwinglianismus fest- zusetzen; wovon weitaussehende Nachwirkungen zu fürchten gewesen wären; Ferdinand forderte den Churfürsten auf, et- was dagegen zu thun. Der Churfürst antwortete, vergeb- lich würde man suchen die Anhänger Zwinglis wieder in die Gebote des Papstthums zu schnüren; möglich sey nur, sie zur Annahme der Augsburger Confession zu bewegen; aber dazu gehöre vor allem, daß ihnen der nürnbergische Friede und der cadanische Vertrag zu Gute komme. 1 Alle diese Motive nun, Besorgniß vor den Tendenzen 1 In Neudeckers Urk. p. 244. "Damit mein Fleiß bei inen
eher zu Gedeihen gereichen möchte, -- -- wil ich verhoffen -- wo sie durch mich vertröstet würden, das sie sich des kays. Friedens und auch des Cadanischen Vertrages, so vil die Religion betrifft, gleich mir und andern sollten zu erfreuen haben, -- E. Kön. Maj. wer- den sie desselben genießen lassen." Man darf nicht mit Seckendorf sagen daß dieß Schreiben von Melanchthon verfaßt sey. Sein Gut- achten ist jetzt ebenfalls gedruckt (Corpus Ref. II, 781), ist aber mit dem Schreiben keineswegs identisch. Erweiterung des ſchmalkaldiſchen Bundes. deſſen Freundſchaft für das Erzhaus nicht eben ſehr ſicherwar; Ferdinand ſah es nicht ungern, wenn Augsburg ge- gen die Macht der Herzoge einen anderweiten Rückhalt ge- wann. Der Biſchof von Lunden, der ſich damals am Hofe des Königs aufhielt, und ſonſt keineswegs als ein Anhän- ger Johann Hofmanns erſcheint, ſtimmte ihm doch in die- ſer Sache bei: in ſeinen Briefen empfiehlt er Augsburg und Ulm dem Kaiſer, hauptſächlich deshalb, weil die Einflüſte- rungen franzöſiſcher Emiſſare in dieſen Städten kein Gehör gefunden. Und zu dieſen Rückſichten kam noch eine reli- giöſe. In Augsburg ſchien ſich der Zwinglianismus feſt- zuſetzen; wovon weitausſehende Nachwirkungen zu fürchten geweſen wären; Ferdinand forderte den Churfürſten auf, et- was dagegen zu thun. Der Churfürſt antwortete, vergeb- lich würde man ſuchen die Anhänger Zwinglis wieder in die Gebote des Papſtthums zu ſchnüren; möglich ſey nur, ſie zur Annahme der Augsburger Confeſſion zu bewegen; aber dazu gehöre vor allem, daß ihnen der nürnbergiſche Friede und der cadaniſche Vertrag zu Gute komme. 1 Alle dieſe Motive nun, Beſorgniß vor den Tendenzen 1 In Neudeckers Urk. p. 244. „Damit mein Fleiß bei inen
eher zu Gedeihen gereichen moͤchte, — — wil ich verhoffen — wo ſie durch mich vertroͤſtet wuͤrden, das ſie ſich des kayſ. Friedens und auch des Cadaniſchen Vertrages, ſo vil die Religion betrifft, gleich mir und andern ſollten zu erfreuen haben, — E. Koͤn. Maj. wer- den ſie deſſelben genießen laſſen.“ Man darf nicht mit Seckendorf ſagen daß dieß Schreiben von Melanchthon verfaßt ſey. Sein Gut- achten iſt jetzt ebenfalls gedruckt (Corpus Ref. II, 781), iſt aber mit dem Schreiben keineswegs identiſch. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0089" n="77"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Erweiterung des ſchmalkaldiſchen Bundes</hi>.</fw><lb/> deſſen Freundſchaft für das Erzhaus nicht eben ſehr ſicher<lb/> war; <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118532502">Ferdinand</persName> ſah es nicht ungern, wenn <placeName>Augsburg</placeName> ge-<lb/> gen die Macht der Herzoge einen anderweiten Rückhalt ge-<lb/> wann. Der Biſchof von <persName ref="http://d-nb.info/gnd/120907321">Lunden</persName>, der ſich damals am Hofe<lb/> des Königs aufhielt, und ſonſt keineswegs als ein Anhän-<lb/> ger <persName ref="nognd">Johann Hofmanns</persName> erſcheint, ſtimmte ihm doch in die-<lb/> ſer Sache bei: in ſeinen Briefen empfiehlt er <placeName>Augsburg</placeName> und<lb/><placeName>Ulm</placeName> dem Kaiſer, hauptſächlich deshalb, weil die Einflüſte-<lb/> rungen franzöſiſcher Emiſſare in dieſen Städten kein Gehör<lb/> gefunden. Und zu dieſen Rückſichten kam noch eine reli-<lb/> giöſe. In <placeName>Augsburg</placeName> ſchien ſich der Zwinglianismus feſt-<lb/> zuſetzen; wovon weitausſehende Nachwirkungen zu fürchten<lb/> geweſen wären; <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118532502">Ferdinand</persName> forderte den Churfürſten auf, et-<lb/> was dagegen zu thun. Der Churfürſt antwortete, vergeb-<lb/> lich würde man ſuchen die Anhänger <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118637533">Zwinglis</persName> wieder in<lb/> die Gebote des Papſtthums zu ſchnüren; möglich ſey nur,<lb/> ſie zur Annahme der Augsburger Confeſſion zu bewegen;<lb/> aber dazu gehöre vor allem, daß ihnen der nürnbergiſche<lb/> Friede und der cadaniſche Vertrag zu Gute komme. <note place="foot" n="1">In <persName ref="http://d-nb.info/gnd/104286067 ">Neudeckers</persName> Urk. <hi rendition="#aq">p.</hi> 244. „Damit mein Fleiß bei inen<lb/> eher zu Gedeihen gereichen moͤchte, — — wil ich verhoffen — wo<lb/> ſie durch mich vertroͤſtet wuͤrden, das ſie ſich des kayſ. Friedens und<lb/> auch des Cadaniſchen Vertrages, ſo vil die Religion betrifft, gleich<lb/> mir und andern ſollten zu erfreuen haben, — E. Koͤn. Maj. wer-<lb/> den ſie deſſelben genießen laſſen.“ Man darf nicht mit <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118760343">Seckendorf</persName><lb/> ſagen daß dieß Schreiben von <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118580485">Melanchthon</persName> verfaßt ſey. Sein Gut-<lb/> achten iſt jetzt ebenfalls gedruckt (<hi rendition="#aq">Corpus Ref. II,</hi> 781), iſt aber mit<lb/> dem Schreiben keineswegs identiſch.</note></p><lb/> <p>Alle dieſe Motive nun, Beſorgniß vor den Tendenzen<lb/> des Zwinglianismus, vor einer unbequemen Machtvergröße-<lb/> rung von <placeName>Baiern</placeName> und vor den noch immer drohenden Er-<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [77/0089]
Erweiterung des ſchmalkaldiſchen Bundes.
deſſen Freundſchaft für das Erzhaus nicht eben ſehr ſicher
war; Ferdinand ſah es nicht ungern, wenn Augsburg ge-
gen die Macht der Herzoge einen anderweiten Rückhalt ge-
wann. Der Biſchof von Lunden, der ſich damals am Hofe
des Königs aufhielt, und ſonſt keineswegs als ein Anhän-
ger Johann Hofmanns erſcheint, ſtimmte ihm doch in die-
ſer Sache bei: in ſeinen Briefen empfiehlt er Augsburg und
Ulm dem Kaiſer, hauptſächlich deshalb, weil die Einflüſte-
rungen franzöſiſcher Emiſſare in dieſen Städten kein Gehör
gefunden. Und zu dieſen Rückſichten kam noch eine reli-
giöſe. In Augsburg ſchien ſich der Zwinglianismus feſt-
zuſetzen; wovon weitausſehende Nachwirkungen zu fürchten
geweſen wären; Ferdinand forderte den Churfürſten auf, et-
was dagegen zu thun. Der Churfürſt antwortete, vergeb-
lich würde man ſuchen die Anhänger Zwinglis wieder in
die Gebote des Papſtthums zu ſchnüren; möglich ſey nur,
ſie zur Annahme der Augsburger Confeſſion zu bewegen;
aber dazu gehöre vor allem, daß ihnen der nürnbergiſche
Friede und der cadaniſche Vertrag zu Gute komme. 1
Alle dieſe Motive nun, Beſorgniß vor den Tendenzen
des Zwinglianismus, vor einer unbequemen Machtvergröße-
rung von Baiern und vor den noch immer drohenden Er-
1 In Neudeckers Urk. p. 244. „Damit mein Fleiß bei inen
eher zu Gedeihen gereichen moͤchte, — — wil ich verhoffen — wo
ſie durch mich vertroͤſtet wuͤrden, das ſie ſich des kayſ. Friedens und
auch des Cadaniſchen Vertrages, ſo vil die Religion betrifft, gleich
mir und andern ſollten zu erfreuen haben, — E. Koͤn. Maj. wer-
den ſie deſſelben genießen laſſen.“ Man darf nicht mit Seckendorf
ſagen daß dieß Schreiben von Melanchthon verfaßt ſey. Sein Gut-
achten iſt jetzt ebenfalls gedruckt (Corpus Ref. II, 781), iſt aber mit
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