Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Stellung und Politik Carls V.
tungen zu vereinigen, da war auch diese burgundische Macht
emporgekommen: aber im Widerspruch mit allem nationalen
Bestreben, nur auf Ansprüche der Erbfolge und Übergewicht
der Kräfte über die jedesmaligen Gegner gegründet: auf die-
sem Grunde emporstrebend und vom Glück begünstigt. Carl
der Kühne kam um, indem er seine Herrschaft über die Grenz-
lande von Deutschland und Frankreich auszudehnen suchte.
Wie weit aber sollte der Fortgang seines Hauses die Erwar-
tungen übertreffen die er hätte hegen können. Carln V,
der an dem von seinem Ahnherrn gebildeten Hofe, welcher
dessen Ideen festhielt, erzogen worden, der den dynastischen
Gedanken Burgunds in seinem Wahlspruch "Mehr Weiter"
auf seine Münzen prägen ließ, kostete es einige Mühe, in
den verschiedenen Ländern die ihm zufielen, in Besitz zu kom-
men: in den spanischen Königreichen, wo er mit einer gro-
ßen Rebellion zu kämpfen hatte, in Italien, wo ihm ein
mächtiger Nebenbuhler lange Jahre die Spitze bot; aber
es gelang ihm damit: dieser Nebenbuhler, ursprünglich an
Ansehen überlegen, vermochte doch das aufkommende Glück
Carls V nicht niederzuhalten: bald sehen wir es wie in selb-
ständigem Fluge sich erheben und den Glanz der französischen
Waffen und Macht verdunkeln. Nicht minder gelang es
Carl V, die Beschränkung die ihm jedes einzelne seiner Län-
der aufzulegen suchte, zu durchbrechen. Wir haben bemerkt,
wie Castilien zu seinen deutschen Kriegen beisteuerte; -- ein
Sohn jenes seines niederländischen Freundes, des Vicekönigs
Lannoy, führte ihm neapolitanische Reiter über die Alpen; --
Deutsche und Italiener kämpften für ihn auf den africanischen
Küsten; -- Antwerpen kam durch den Verkehr mit Spanien

Stellung und Politik Carls V.
tungen zu vereinigen, da war auch dieſe burgundiſche Macht
emporgekommen: aber im Widerſpruch mit allem nationalen
Beſtreben, nur auf Anſprüche der Erbfolge und Übergewicht
der Kräfte über die jedesmaligen Gegner gegründet: auf die-
ſem Grunde emporſtrebend und vom Glück begünſtigt. Carl
der Kühne kam um, indem er ſeine Herrſchaft über die Grenz-
lande von Deutſchland und Frankreich auszudehnen ſuchte.
Wie weit aber ſollte der Fortgang ſeines Hauſes die Erwar-
tungen übertreffen die er hätte hegen können. Carln V,
der an dem von ſeinem Ahnherrn gebildeten Hofe, welcher
deſſen Ideen feſthielt, erzogen worden, der den dynaſtiſchen
Gedanken Burgunds in ſeinem Wahlſpruch „Mehr Weiter“
auf ſeine Münzen prägen ließ, koſtete es einige Mühe, in
den verſchiedenen Ländern die ihm zufielen, in Beſitz zu kom-
men: in den ſpaniſchen Königreichen, wo er mit einer gro-
ßen Rebellion zu kämpfen hatte, in Italien, wo ihm ein
mächtiger Nebenbuhler lange Jahre die Spitze bot; aber
es gelang ihm damit: dieſer Nebenbuhler, urſprünglich an
Anſehen überlegen, vermochte doch das aufkommende Glück
Carls V nicht niederzuhalten: bald ſehen wir es wie in ſelb-
ſtändigem Fluge ſich erheben und den Glanz der franzöſiſchen
Waffen und Macht verdunkeln. Nicht minder gelang es
Carl V, die Beſchränkung die ihm jedes einzelne ſeiner Län-
der aufzulegen ſuchte, zu durchbrechen. Wir haben bemerkt,
wie Caſtilien zu ſeinen deutſchen Kriegen beiſteuerte; — ein
Sohn jenes ſeines niederländiſchen Freundes, des Vicekönigs
Lannoy, führte ihm neapolitaniſche Reiter über die Alpen; —
Deutſche und Italiener kämpften für ihn auf den africaniſchen
Küſten; — Antwerpen kam durch den Verkehr mit Spanien

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0103" n="91"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Stellung und Politik Carls</hi><hi rendition="#aq">V.</hi></fw><lb/>
tungen zu vereinigen, da war auch die&#x017F;e burgundi&#x017F;che Macht<lb/>
emporgekommen: aber im Wider&#x017F;pruch mit allem nationalen<lb/>
Be&#x017F;treben, nur auf An&#x017F;prüche der Erbfolge und Übergewicht<lb/>
der Kräfte über die jedesmaligen Gegner gegründet: auf die-<lb/>
&#x017F;em Grunde empor&#x017F;trebend und vom Glück begün&#x017F;tigt. Carl<lb/>
der Kühne kam um, indem er &#x017F;eine Herr&#x017F;chaft über die Grenz-<lb/>
lande von Deut&#x017F;chland und Frankreich auszudehnen &#x017F;uchte.<lb/>
Wie weit aber &#x017F;ollte der Fortgang &#x017F;eines Hau&#x017F;es die Erwar-<lb/>
tungen übertreffen die er hätte hegen können. Carln <hi rendition="#aq">V</hi>,<lb/>
der an dem von &#x017F;einem Ahnherrn gebildeten Hofe, welcher<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Ideen fe&#x017F;thielt, erzogen worden, der den dyna&#x017F;ti&#x017F;chen<lb/>
Gedanken Burgunds in &#x017F;einem Wahl&#x017F;pruch &#x201E;Mehr Weiter&#x201C;<lb/>
auf &#x017F;eine Münzen prägen ließ, ko&#x017F;tete es einige Mühe, in<lb/>
den ver&#x017F;chiedenen Ländern die ihm zufielen, in Be&#x017F;itz zu kom-<lb/>
men: in den &#x017F;pani&#x017F;chen Königreichen, wo er mit einer gro-<lb/>
ßen Rebellion zu kämpfen hatte, in Italien, wo ihm ein<lb/>
mächtiger Nebenbuhler lange Jahre die Spitze bot; aber<lb/>
es gelang ihm damit: die&#x017F;er Nebenbuhler, ur&#x017F;prünglich an<lb/>
An&#x017F;ehen überlegen, vermochte doch das aufkommende Glück<lb/>
Carls <hi rendition="#aq">V</hi> nicht niederzuhalten: bald &#x017F;ehen wir es wie in &#x017F;elb-<lb/>
&#x017F;tändigem Fluge &#x017F;ich erheben und den Glanz der franzö&#x017F;i&#x017F;chen<lb/>
Waffen und Macht verdunkeln. Nicht minder gelang es<lb/>
Carl <hi rendition="#aq">V</hi>, die Be&#x017F;chränkung die ihm jedes einzelne &#x017F;einer Län-<lb/>
der aufzulegen &#x017F;uchte, zu durchbrechen. Wir haben bemerkt,<lb/>
wie Ca&#x017F;tilien zu &#x017F;einen deut&#x017F;chen Kriegen bei&#x017F;teuerte; &#x2014; ein<lb/>
Sohn jenes &#x017F;eines niederländi&#x017F;chen Freundes, des Vicekönigs<lb/>
Lannoy, führte ihm neapolitani&#x017F;che Reiter über die Alpen; &#x2014;<lb/>
Deut&#x017F;che und Italiener kämpften für ihn auf den africani&#x017F;chen<lb/>&#x017F;ten; &#x2014; Antwerpen kam durch den Verkehr mit Spanien<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91/0103] Stellung und Politik Carls V. tungen zu vereinigen, da war auch dieſe burgundiſche Macht emporgekommen: aber im Widerſpruch mit allem nationalen Beſtreben, nur auf Anſprüche der Erbfolge und Übergewicht der Kräfte über die jedesmaligen Gegner gegründet: auf die- ſem Grunde emporſtrebend und vom Glück begünſtigt. Carl der Kühne kam um, indem er ſeine Herrſchaft über die Grenz- lande von Deutſchland und Frankreich auszudehnen ſuchte. Wie weit aber ſollte der Fortgang ſeines Hauſes die Erwar- tungen übertreffen die er hätte hegen können. Carln V, der an dem von ſeinem Ahnherrn gebildeten Hofe, welcher deſſen Ideen feſthielt, erzogen worden, der den dynaſtiſchen Gedanken Burgunds in ſeinem Wahlſpruch „Mehr Weiter“ auf ſeine Münzen prägen ließ, koſtete es einige Mühe, in den verſchiedenen Ländern die ihm zufielen, in Beſitz zu kom- men: in den ſpaniſchen Königreichen, wo er mit einer gro- ßen Rebellion zu kämpfen hatte, in Italien, wo ihm ein mächtiger Nebenbuhler lange Jahre die Spitze bot; aber es gelang ihm damit: dieſer Nebenbuhler, urſprünglich an Anſehen überlegen, vermochte doch das aufkommende Glück Carls V nicht niederzuhalten: bald ſehen wir es wie in ſelb- ſtändigem Fluge ſich erheben und den Glanz der franzöſiſchen Waffen und Macht verdunkeln. Nicht minder gelang es Carl V, die Beſchränkung die ihm jedes einzelne ſeiner Län- der aufzulegen ſuchte, zu durchbrechen. Wir haben bemerkt, wie Caſtilien zu ſeinen deutſchen Kriegen beiſteuerte; — ein Sohn jenes ſeines niederländiſchen Freundes, des Vicekönigs Lannoy, führte ihm neapolitaniſche Reiter über die Alpen; — Deutſche und Italiener kämpften für ihn auf den africaniſchen Küſten; — Antwerpen kam durch den Verkehr mit Spanien

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/103
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/103>, abgerufen am 24.11.2024.