Nun kam es nur auf die Bedingungen an, über die man sich mit dem König von Frankreich verstehn würde.
Die deutschen Fürsten forderten eine Subsidie von 100000 Kronen des Monats: der König antwortete ihnen dafür mit zwei Gegenforderungen, welche universalhistorisch wichtig geworden sind.
Einmal: er verlangte das Zugeständniß, daß er sich der zum Reiche, aber der französischen Zunge gehörigen Städte Metz, Toul, Verdun und Cambrai bemächtigen könne, nicht allein um sie dem gemeinschaftlichen Feind zu entreißen oder vor ihm zu beschützen, sondern auch um sie als Reichsvicar inne zu haben.
Sodann -- jedoch erst etwas später -- kam der französi- sche Gesandte mit der Bemerkung hervor, der Kaiser habe nur darum die hohe Geistlichkeit auf seiner Seite, weil diese von einem Emporkommen seiner Gegner, der Protestanten, ihr Verderben fürchte. Er forderte für seinen König die Be- fugniß, die geistlichen Fürsten in seinen Schutz zu nehmen, wie er mit ihnen Eines Glaubens sey.
Vorschläge, die uns einen Blick in die Pläne eröffnen, welche die Franzosen auf Eroberungen über das Reich und einen durchgreifenden Einfluß innerhalb desselben hegten.
Dahin war es gekommen, daß man nur die Wahl zwi- schen zwei harten Nothwendigkeiten hatte: entweder den Kai- ser seine Entwürfe vollenden zu lassen, was die Cabinets- regierung desselben wie das Interim befestigt, eine concen- trirte weltlich-geistliche Gewalt einem Prinzen, der trotz al- ler absichtlichen Näherung doch immer als ein Fremder er- schien, überliefert, und die freie Entwickelung der Nation auf
Unterhandlung mit Frankreich.
Nun kam es nur auf die Bedingungen an, über die man ſich mit dem König von Frankreich verſtehn würde.
Die deutſchen Fürſten forderten eine Subſidie von 100000 Kronen des Monats: der König antwortete ihnen dafür mit zwei Gegenforderungen, welche univerſalhiſtoriſch wichtig geworden ſind.
Einmal: er verlangte das Zugeſtändniß, daß er ſich der zum Reiche, aber der franzöſiſchen Zunge gehörigen Städte Metz, Toul, Verdun und Cambrai bemächtigen könne, nicht allein um ſie dem gemeinſchaftlichen Feind zu entreißen oder vor ihm zu beſchützen, ſondern auch um ſie als Reichsvicar inne zu haben.
Sodann — jedoch erſt etwas ſpäter — kam der franzöſi- ſche Geſandte mit der Bemerkung hervor, der Kaiſer habe nur darum die hohe Geiſtlichkeit auf ſeiner Seite, weil dieſe von einem Emporkommen ſeiner Gegner, der Proteſtanten, ihr Verderben fürchte. Er forderte für ſeinen König die Be- fugniß, die geiſtlichen Fürſten in ſeinen Schutz zu nehmen, wie er mit ihnen Eines Glaubens ſey.
Vorſchläge, die uns einen Blick in die Pläne eröffnen, welche die Franzoſen auf Eroberungen über das Reich und einen durchgreifenden Einfluß innerhalb deſſelben hegten.
Dahin war es gekommen, daß man nur die Wahl zwi- ſchen zwei harten Nothwendigkeiten hatte: entweder den Kai- ſer ſeine Entwürfe vollenden zu laſſen, was die Cabinets- regierung deſſelben wie das Interim befeſtigt, eine concen- trirte weltlich-geiſtliche Gewalt einem Prinzen, der trotz al- ler abſichtlichen Näherung doch immer als ein Fremder er- ſchien, überliefert, und die freie Entwickelung der Nation auf
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Unterhandlung mit Frankreich.
Nun kam es nur auf die Bedingungen an, über die
man ſich mit dem König von Frankreich verſtehn würde.
Die deutſchen Fürſten forderten eine Subſidie von
100000 Kronen des Monats: der König antwortete ihnen
dafür mit zwei Gegenforderungen, welche univerſalhiſtoriſch
wichtig geworden ſind.
Einmal: er verlangte das Zugeſtändniß, daß er ſich
der zum Reiche, aber der franzöſiſchen Zunge gehörigen Städte
Metz, Toul, Verdun und Cambrai bemächtigen könne, nicht
allein um ſie dem gemeinſchaftlichen Feind zu entreißen oder
vor ihm zu beſchützen, ſondern auch um ſie als Reichsvicar
inne zu haben.
Sodann — jedoch erſt etwas ſpäter — kam der franzöſi-
ſche Geſandte mit der Bemerkung hervor, der Kaiſer habe nur
darum die hohe Geiſtlichkeit auf ſeiner Seite, weil dieſe von
einem Emporkommen ſeiner Gegner, der Proteſtanten, ihr
Verderben fürchte. Er forderte für ſeinen König die Be-
fugniß, die geiſtlichen Fürſten in ſeinen Schutz zu nehmen,
wie er mit ihnen Eines Glaubens ſey.
Vorſchläge, die uns einen Blick in die Pläne eröffnen,
welche die Franzoſen auf Eroberungen über das Reich und
einen durchgreifenden Einfluß innerhalb deſſelben hegten.
Dahin war es gekommen, daß man nur die Wahl zwi-
ſchen zwei harten Nothwendigkeiten hatte: entweder den Kai-
ſer ſeine Entwürfe vollenden zu laſſen, was die Cabinets-
regierung deſſelben wie das Interim befeſtigt, eine concen-
trirte weltlich-geiſtliche Gewalt einem Prinzen, der trotz al-
ler abſichtlichen Näherung doch immer als ein Fremder er-
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/231>, abgerufen am 21.11.2024.
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