Am 23sten Mai rückte Moritz an der Spitze seiner Rei- ter und Fußvölker in Insbruck ein. 1 Die Landsknechte brü- steten sich in den prächtigen spanischen Kleidern, denn alles was den Spaniern gehörte, ward ihnen von dem Churfür- sten als gute Beute überlassen: auf ihren Hüten glänzten portugiesische Goldstücke; einer nannte den andern Don; übrigens aber wußte sie Moritz auf das beste in Zucht zu halten. Er tadelte Georg von Mecklenburg, der sich nur eine Truhe auf dem Schloß hatte eröffnen lassen. Es war ihm genug daß er so weit vorgedrungen, er begehrte nicht mehr. Übrigens blieb er, was König Ferdinand einen Augenblick bezweifelte, entschlossen, den Waffenstillstand von dem be- stimmten 26sten an zu beobachten; unverweilt machte er sich zu der angesetzten Versammlung auf den Weg.
Auch ehe wir die Verabredungen berücksichtigen, die da- selbst gepflogen worden, erkennen wir, daß ihm durch den Gang der Begebenheiten und ihre Entscheidung die größten Erfolge gelungen waren.
Vor ihm her wich der mächtige Kaiser höher ins Ge- birg, nach Villach: er ließ die Brücken hinter sich abwer- fen und in den schwierigsten Pässen spanische Soldaten auf- stellen, um ein etwaniges Nachdringen zu verwehren.
Und indessen löste sich, auf der andern Seite des Ge- birges, das Concilium von Trient von selber auf. Gleich auf die erste Nachricht von den deutschen Ereignissen, am 15ten
1 Schreiben der brandenburgischen Gesandten 1sten Juni: "Der Chf. von Sachsen ist alsbald gegen Insbruck verruckt und alles was spanisch und denselben zustendig gewest, welches die Bürger bei schwe- rer straf anzeigen und in ein kaufhaus zusammenbringen müssen, preis gemacht: den königischen aber hat er nichts nehmen lassen." (Berl. A.)
Neuntes Buch. Sechstes Capitel.
Am 23ſten Mai rückte Moritz an der Spitze ſeiner Rei- ter und Fußvölker in Insbruck ein. 1 Die Landsknechte brü- ſteten ſich in den prächtigen ſpaniſchen Kleidern, denn alles was den Spaniern gehörte, ward ihnen von dem Churfür- ſten als gute Beute überlaſſen: auf ihren Hüten glänzten portugieſiſche Goldſtücke; einer nannte den andern Don; übrigens aber wußte ſie Moritz auf das beſte in Zucht zu halten. Er tadelte Georg von Mecklenburg, der ſich nur eine Truhe auf dem Schloß hatte eröffnen laſſen. Es war ihm genug daß er ſo weit vorgedrungen, er begehrte nicht mehr. Übrigens blieb er, was König Ferdinand einen Augenblick bezweifelte, entſchloſſen, den Waffenſtillſtand von dem be- ſtimmten 26ſten an zu beobachten; unverweilt machte er ſich zu der angeſetzten Verſammlung auf den Weg.
Auch ehe wir die Verabredungen berückſichtigen, die da- ſelbſt gepflogen worden, erkennen wir, daß ihm durch den Gang der Begebenheiten und ihre Entſcheidung die größten Erfolge gelungen waren.
Vor ihm her wich der mächtige Kaiſer höher ins Ge- birg, nach Villach: er ließ die Brücken hinter ſich abwer- fen und in den ſchwierigſten Päſſen ſpaniſche Soldaten auf- ſtellen, um ein etwaniges Nachdringen zu verwehren.
Und indeſſen löſte ſich, auf der andern Seite des Ge- birges, das Concilium von Trient von ſelber auf. Gleich auf die erſte Nachricht von den deutſchen Ereigniſſen, am 15ten
1 Schreiben der brandenburgiſchen Geſandten 1ſten Juni: „Der Chf. von Sachſen iſt alsbald gegen Insbruck verruckt und alles was ſpaniſch und denſelben zuſtendig geweſt, welches die Buͤrger bei ſchwe- rer ſtraf anzeigen und in ein kaufhaus zuſammenbringen muͤſſen, preis gemacht: den koͤnigiſchen aber hat er nichts nehmen laſſen.“ (Berl. A.)
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Neuntes Buch. Sechstes Capitel.
Am 23ſten Mai rückte Moritz an der Spitze ſeiner Rei-
ter und Fußvölker in Insbruck ein. 1 Die Landsknechte brü-
ſteten ſich in den prächtigen ſpaniſchen Kleidern, denn alles
was den Spaniern gehörte, ward ihnen von dem Churfür-
ſten als gute Beute überlaſſen: auf ihren Hüten glänzten
portugieſiſche Goldſtücke; einer nannte den andern Don;
übrigens aber wußte ſie Moritz auf das beſte in Zucht zu
halten. Er tadelte Georg von Mecklenburg, der ſich nur eine
Truhe auf dem Schloß hatte eröffnen laſſen. Es war ihm
genug daß er ſo weit vorgedrungen, er begehrte nicht mehr.
Übrigens blieb er, was König Ferdinand einen Augenblick
bezweifelte, entſchloſſen, den Waffenſtillſtand von dem be-
ſtimmten 26ſten an zu beobachten; unverweilt machte er ſich
zu der angeſetzten Verſammlung auf den Weg.
Auch ehe wir die Verabredungen berückſichtigen, die da-
ſelbſt gepflogen worden, erkennen wir, daß ihm durch den
Gang der Begebenheiten und ihre Entſcheidung die größten
Erfolge gelungen waren.
Vor ihm her wich der mächtige Kaiſer höher ins Ge-
birg, nach Villach: er ließ die Brücken hinter ſich abwer-
fen und in den ſchwierigſten Päſſen ſpaniſche Soldaten auf-
ſtellen, um ein etwaniges Nachdringen zu verwehren.
Und indeſſen löſte ſich, auf der andern Seite des Ge-
birges, das Concilium von Trient von ſelber auf. Gleich auf
die erſte Nachricht von den deutſchen Ereigniſſen, am 15ten
1 Schreiben der brandenburgiſchen Geſandten 1ſten Juni: „Der
Chf. von Sachſen iſt alsbald gegen Insbruck verruckt und alles was
ſpaniſch und denſelben zuſtendig geweſt, welches die Buͤrger bei ſchwe-
rer ſtraf anzeigen und in ein kaufhaus zuſammenbringen muͤſſen, preis
gemacht: den koͤnigiſchen aber hat er nichts nehmen laſſen.“ (Berl. A.)
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/258>, abgerufen am 25.06.2024.
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