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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Zehntes Buch. Drittes Capitel.

Bei den ersten Bewegungen sprach man allgemein von
einer Eroberung und neuen Austheilung der Bisthümer. Der
gute Melanchthon warnte seinen Fürsten, sich nicht einer Un-
ternehmung anzuschließen, die dahin ziele, die ordentliche Ho-
heit und das gefaßte Reich umzuwerfen und eine allgemeine
Verwirrung anzurichten. 1

Moritz war viel zu bedachtsam und practisch, um auf
Gedanken dieser Art ernstlich einzugehn: es war ihm genug,
sich nicht durch entgegengesetzte Verpflichtungen zu fesseln.
Dem Markgrafen gab er im Einverständniß mit den übri-
gen Verbündeten die Zusicherung, was er von solchen Stän-
den, die sich dem Unternehmen nicht zugesellen würden, durch
Brandschatzung oder auf eine andre Art erlange, das solle
ihm und seinem Kriegsvolk zu Gute kommen.

Markgraf Albrecht sah darin eine Art von Berechtigung,
und säumte nicht dieselbe unverzüglich gegen die widerwär-
tigen und unvorbereiteten Nachbarn geltend zu machen.

Zuerst griff er, und zwar mit erneuerter Bewilligung des
Bundes, den Bischof von Bamberg an, und zwang ihn ein
volles Drittheil seines Stiftes gleich in förmlichem Vertrag
abzutreten. Mit Mühe konnte der Bischof seine Heimath
Cronach retten. 2 Der Bischof von Würzburg mußte sich
nicht minder zu einigen Abtretungen verstehn und besonders
einen guten Theil der markgräflichen Schulden übernehmen.
Daß Nürnberg sich durch eine Zahlung an die übrigen Für-

1 Gutachten Melanchthons bei Hortleder II, v, ii. "Und hat
einer neulich zu mir gesagt, das Bier sey noch nicht im rechten Faß,
aber es werde bald darein kommen."
2 "wo er zu Hause sey und lesen gelernt." Hans Fuchs an
Wilhelm von Grumbach, Hortleder II, vi, 28, nr. 101.
Zehntes Buch. Drittes Capitel.

Bei den erſten Bewegungen ſprach man allgemein von
einer Eroberung und neuen Austheilung der Bisthümer. Der
gute Melanchthon warnte ſeinen Fürſten, ſich nicht einer Un-
ternehmung anzuſchließen, die dahin ziele, die ordentliche Ho-
heit und das gefaßte Reich umzuwerfen und eine allgemeine
Verwirrung anzurichten. 1

Moritz war viel zu bedachtſam und practiſch, um auf
Gedanken dieſer Art ernſtlich einzugehn: es war ihm genug,
ſich nicht durch entgegengeſetzte Verpflichtungen zu feſſeln.
Dem Markgrafen gab er im Einverſtändniß mit den übri-
gen Verbündeten die Zuſicherung, was er von ſolchen Stän-
den, die ſich dem Unternehmen nicht zugeſellen würden, durch
Brandſchatzung oder auf eine andre Art erlange, das ſolle
ihm und ſeinem Kriegsvolk zu Gute kommen.

Markgraf Albrecht ſah darin eine Art von Berechtigung,
und ſäumte nicht dieſelbe unverzüglich gegen die widerwär-
tigen und unvorbereiteten Nachbarn geltend zu machen.

Zuerſt griff er, und zwar mit erneuerter Bewilligung des
Bundes, den Biſchof von Bamberg an, und zwang ihn ein
volles Drittheil ſeines Stiftes gleich in förmlichem Vertrag
abzutreten. Mit Mühe konnte der Biſchof ſeine Heimath
Cronach retten. 2 Der Biſchof von Würzburg mußte ſich
nicht minder zu einigen Abtretungen verſtehn und beſonders
einen guten Theil der markgräflichen Schulden übernehmen.
Daß Nürnberg ſich durch eine Zahlung an die übrigen Für-

1 Gutachten Melanchthons bei Hortleder II, v, ii. „Und hat
einer neulich zu mir geſagt, das Bier ſey noch nicht im rechten Faß,
aber es werde bald darein kommen.“
2 „wo er zu Hauſe ſey und leſen gelernt.“ Hans Fuchs an
Wilhelm von Grumbach, Hortleder II, vi, 28, nr. 101.
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[300/0312] Zehntes Buch. Drittes Capitel. Bei den erſten Bewegungen ſprach man allgemein von einer Eroberung und neuen Austheilung der Bisthümer. Der gute Melanchthon warnte ſeinen Fürſten, ſich nicht einer Un- ternehmung anzuſchließen, die dahin ziele, die ordentliche Ho- heit und das gefaßte Reich umzuwerfen und eine allgemeine Verwirrung anzurichten. 1 Moritz war viel zu bedachtſam und practiſch, um auf Gedanken dieſer Art ernſtlich einzugehn: es war ihm genug, ſich nicht durch entgegengeſetzte Verpflichtungen zu feſſeln. Dem Markgrafen gab er im Einverſtändniß mit den übri- gen Verbündeten die Zuſicherung, was er von ſolchen Stän- den, die ſich dem Unternehmen nicht zugeſellen würden, durch Brandſchatzung oder auf eine andre Art erlange, das ſolle ihm und ſeinem Kriegsvolk zu Gute kommen. Markgraf Albrecht ſah darin eine Art von Berechtigung, und ſäumte nicht dieſelbe unverzüglich gegen die widerwär- tigen und unvorbereiteten Nachbarn geltend zu machen. Zuerſt griff er, und zwar mit erneuerter Bewilligung des Bundes, den Biſchof von Bamberg an, und zwang ihn ein volles Drittheil ſeines Stiftes gleich in förmlichem Vertrag abzutreten. Mit Mühe konnte der Biſchof ſeine Heimath Cronach retten. 2 Der Biſchof von Würzburg mußte ſich nicht minder zu einigen Abtretungen verſtehn und beſonders einen guten Theil der markgräflichen Schulden übernehmen. Daß Nürnberg ſich durch eine Zahlung an die übrigen Für- 1 Gutachten Melanchthons bei Hortleder II, v, ii. „Und hat einer neulich zu mir geſagt, das Bier ſey noch nicht im rechten Faß, aber es werde bald darein kommen.“ 2 „wo er zu Hauſe ſey und leſen gelernt.“ Hans Fuchs an Wilhelm von Grumbach, Hortleder II, vi, 28, nr. 101.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/312>, abgerufen am 22.11.2024.