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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Zehntes Buch. Sechstes Capitel.
seine Erinnerung trug man Sorge, den hohen Adel über
die Besorgniß zu beruhigen, daß die von ihm in Besitz ge-
nommenen geistlichen Güter zurückgefordert werden könnten.
Und so stark wuchs nun die katholische Meinung unter dem
Einfluß des Hofes und der vorwaltenden Stimmung des
Augenblicks an, daß sich das Parlament wirklich entschloß,
und zwar beinahe einmüthig, die Begründung einer engli-
schen Kirche, auch so weit sie unter Heinreich VIII gedie-
hen, aufzugeben und unter den Gehorsam des Papstes zu-
rückzukehren.

Auf den Kaiser machte es einen großen Eindruck, daß
diese Rückkehr eines Königreichs in den Schooß der alten
Kirche mit der Aussicht zusammentraf, ein Geschlecht katho-
lischer Könige, sein eignes Geschlecht, in demselben fortge-
pflanzt zu sehen. Er sagte wohl, wenn er schon halb todt
sey, würden ihn Nachrichten dieser Art wieder ins Leben zu-
rückrufen. Er sah darin eine unmittelbare Fügung des Him-
mels, und gab zu vernehmen, sein Sohn sey noch zu großen
Dingen bestimmt, für England und für die Christenheit. 1

Wäre der Thronerbe geboren worden, den man in öf-
fentlichen Gebeten von Gott gleichsam forderte, mit beinahe
frevelhaft-stürmischer Überzeugtheit daß das Heil der Welt
darauf beruhe, und einer unglaublich sichern Erwartung, so

ligione, facendo pero prima un decreto, che non si possa trattar
in modo alcuno di spogliar di beni ecclesiastici quelli che al di
d'oggi ne son possessori, il numero de'quali interessati ascende
a piu di 40000 persone.
1 Schreiben Pagets vom 13 Nov., Masons vom 25 Decem-
ber 1554. He trusted, God had ordained him (Philip) to done
some good to the whole estate of Christendom and to that realm.

Tytler II, 465.

Zehntes Buch. Sechstes Capitel.
ſeine Erinnerung trug man Sorge, den hohen Adel über
die Beſorgniß zu beruhigen, daß die von ihm in Beſitz ge-
nommenen geiſtlichen Güter zurückgefordert werden könnten.
Und ſo ſtark wuchs nun die katholiſche Meinung unter dem
Einfluß des Hofes und der vorwaltenden Stimmung des
Augenblicks an, daß ſich das Parlament wirklich entſchloß,
und zwar beinahe einmüthig, die Begründung einer engli-
ſchen Kirche, auch ſo weit ſie unter Heinreich VIII gedie-
hen, aufzugeben und unter den Gehorſam des Papſtes zu-
rückzukehren.

Auf den Kaiſer machte es einen großen Eindruck, daß
dieſe Rückkehr eines Königreichs in den Schooß der alten
Kirche mit der Ausſicht zuſammentraf, ein Geſchlecht katho-
liſcher Könige, ſein eignes Geſchlecht, in demſelben fortge-
pflanzt zu ſehen. Er ſagte wohl, wenn er ſchon halb todt
ſey, würden ihn Nachrichten dieſer Art wieder ins Leben zu-
rückrufen. Er ſah darin eine unmittelbare Fügung des Him-
mels, und gab zu vernehmen, ſein Sohn ſey noch zu großen
Dingen beſtimmt, für England und für die Chriſtenheit. 1

Wäre der Thronerbe geboren worden, den man in öf-
fentlichen Gebeten von Gott gleichſam forderte, mit beinahe
frevelhaft-ſtürmiſcher Überzeugtheit daß das Heil der Welt
darauf beruhe, und einer unglaublich ſichern Erwartung, ſo

ligione, facendo però prima un decreto, che non si possa trattar
in modo alcuno di spogliar di beni ecclesiastici quelli che al dì
d’oggi ne son possessori, il numero de’quali interessati ascende
a piu di 40000 persone.
1 Schreiben Pagets vom 13 Nov., Maſons vom 25 Decem-
ber 1554. He trusted, God had ordained him (Philip) to done
some good to the whole estate of Christendom and to that realm.

Tytler II, 465.
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[398/0410] Zehntes Buch. Sechstes Capitel. ſeine Erinnerung trug man Sorge, den hohen Adel über die Beſorgniß zu beruhigen, daß die von ihm in Beſitz ge- nommenen geiſtlichen Güter zurückgefordert werden könnten. Und ſo ſtark wuchs nun die katholiſche Meinung unter dem Einfluß des Hofes und der vorwaltenden Stimmung des Augenblicks an, daß ſich das Parlament wirklich entſchloß, und zwar beinahe einmüthig, die Begründung einer engli- ſchen Kirche, auch ſo weit ſie unter Heinreich VIII gedie- hen, aufzugeben und unter den Gehorſam des Papſtes zu- rückzukehren. Auf den Kaiſer machte es einen großen Eindruck, daß dieſe Rückkehr eines Königreichs in den Schooß der alten Kirche mit der Ausſicht zuſammentraf, ein Geſchlecht katho- liſcher Könige, ſein eignes Geſchlecht, in demſelben fortge- pflanzt zu ſehen. Er ſagte wohl, wenn er ſchon halb todt ſey, würden ihn Nachrichten dieſer Art wieder ins Leben zu- rückrufen. Er ſah darin eine unmittelbare Fügung des Him- mels, und gab zu vernehmen, ſein Sohn ſey noch zu großen Dingen beſtimmt, für England und für die Chriſtenheit. 1 Wäre der Thronerbe geboren worden, den man in öf- fentlichen Gebeten von Gott gleichſam forderte, mit beinahe frevelhaft-ſtürmiſcher Überzeugtheit daß das Heil der Welt darauf beruhe, und einer unglaublich ſichern Erwartung, ſo 2 1 Schreiben Pagets vom 13 Nov., Maſons vom 25 Decem- ber 1554. He trusted, God had ordained him (Philip) to done some good to the whole estate of Christendom and to that realm. Tytler II, 465. 2 ligione, facendo però prima un decreto, che non si possa trattar in modo alcuno di spogliar di beni ecclesiastici quelli che al dì d’oggi ne son possessori, il numero de’quali interessati ascende a piu di 40000 persone.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/410>, abgerufen am 24.11.2024.