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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Abdankung des Kaisers. (Das Kaiserthum.)

In allen spanischen Hauptstädten, auf der Halbinsel
selbst und in den Vicekönigreichen auf einer andern Hemi-
sphäre, wurden darauf die Fahnen für den König Don Fe-
lipe den Zweiten erhoben: nicht anders als ob König Car-
los, für sie dieses Namens der Erste, bereits gestorben sey.

So rasch und leicht konnte es nun aber mit der Über-
tragung des Kaiserthums nicht gehn.

Wie Ferdinand später erzählt, langte unmittelbar vor
dem Schlusse des Reichstags von 1555 der kaiserliche Ge-
heimschreiber Pfinzing bei ihm in Augsburg an: mit der
mündlichen und schriftlichen Anzeige, daß Carl das Kaiser-
thum ihm abzutreten wünsche, und zwar unverweilt: noch die
damalige Reichsversammlung sollte die Sache zu Ende brin-
gen. 1 Ferdinand zeigte wie unmöglich dieß sey, da die Ver-
sammlung noch an demselben Tage geschlossen werden müßte,
und die Sache ohnehin nicht vor den Reichstag, sondern
vor die Churfürsten gehörte. Er versichert, er habe alles
gethan um den Kaiser von diesem Gedanken zurückzubrin-
gen: vier Mal nach einander, durch Pfinzing und Gusman,
dann durch seine Söhne Ferdinand und Maximilian habe
er ihm Gegenvorstellungen machen lassen, es sey aber alles
vergeblich gewesen.

Manche wollten vermuthen, Ferdinand habe absichtlich
gezögert die Sache in Gang zu bringen, um nicht etwa
seinem Neffen Gelegenheit zur Erneuerung seiner alten Ver-
suche zu geben, 2 wie denn wenigstens der Einwand, den

1 Kaiserlicher Majestät Selbstrede, in den Acten der Resigna-
tion des Kaiserthums in Hoffmanns Sammlung ungedruckter Nach-
richten p. 27.
2 Cabrera Felipe segundo p. 31.
Abdankung des Kaiſers. (Das Kaiſerthum.)

In allen ſpaniſchen Hauptſtädten, auf der Halbinſel
ſelbſt und in den Vicekönigreichen auf einer andern Hemi-
ſphäre, wurden darauf die Fahnen für den König Don Fe-
lipe den Zweiten erhoben: nicht anders als ob König Car-
los, für ſie dieſes Namens der Erſte, bereits geſtorben ſey.

So raſch und leicht konnte es nun aber mit der Über-
tragung des Kaiſerthums nicht gehn.

Wie Ferdinand ſpäter erzählt, langte unmittelbar vor
dem Schluſſe des Reichstags von 1555 der kaiſerliche Ge-
heimſchreiber Pfinzing bei ihm in Augsburg an: mit der
mündlichen und ſchriftlichen Anzeige, daß Carl das Kaiſer-
thum ihm abzutreten wünſche, und zwar unverweilt: noch die
damalige Reichsverſammlung ſollte die Sache zu Ende brin-
gen. 1 Ferdinand zeigte wie unmöglich dieß ſey, da die Ver-
ſammlung noch an demſelben Tage geſchloſſen werden müßte,
und die Sache ohnehin nicht vor den Reichstag, ſondern
vor die Churfürſten gehörte. Er verſichert, er habe alles
gethan um den Kaiſer von dieſem Gedanken zurückzubrin-
gen: vier Mal nach einander, durch Pfinzing und Gusman,
dann durch ſeine Söhne Ferdinand und Maximilian habe
er ihm Gegenvorſtellungen machen laſſen, es ſey aber alles
vergeblich geweſen.

Manche wollten vermuthen, Ferdinand habe abſichtlich
gezögert die Sache in Gang zu bringen, um nicht etwa
ſeinem Neffen Gelegenheit zur Erneuerung ſeiner alten Ver-
ſuche zu geben, 2 wie denn wenigſtens der Einwand, den

1 Kaiſerlicher Majeſtaͤt Selbſtrede, in den Acten der Reſigna-
tion des Kaiſerthums in Hoffmanns Sammlung ungedruckter Nach-
richten p. 27.
2 Cabrera Felipe segundo p. 31.
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[411/0423] Abdankung des Kaiſers. (Das Kaiſerthum.) In allen ſpaniſchen Hauptſtädten, auf der Halbinſel ſelbſt und in den Vicekönigreichen auf einer andern Hemi- ſphäre, wurden darauf die Fahnen für den König Don Fe- lipe den Zweiten erhoben: nicht anders als ob König Car- los, für ſie dieſes Namens der Erſte, bereits geſtorben ſey. So raſch und leicht konnte es nun aber mit der Über- tragung des Kaiſerthums nicht gehn. Wie Ferdinand ſpäter erzählt, langte unmittelbar vor dem Schluſſe des Reichstags von 1555 der kaiſerliche Ge- heimſchreiber Pfinzing bei ihm in Augsburg an: mit der mündlichen und ſchriftlichen Anzeige, daß Carl das Kaiſer- thum ihm abzutreten wünſche, und zwar unverweilt: noch die damalige Reichsverſammlung ſollte die Sache zu Ende brin- gen. 1 Ferdinand zeigte wie unmöglich dieß ſey, da die Ver- ſammlung noch an demſelben Tage geſchloſſen werden müßte, und die Sache ohnehin nicht vor den Reichstag, ſondern vor die Churfürſten gehörte. Er verſichert, er habe alles gethan um den Kaiſer von dieſem Gedanken zurückzubrin- gen: vier Mal nach einander, durch Pfinzing und Gusman, dann durch ſeine Söhne Ferdinand und Maximilian habe er ihm Gegenvorſtellungen machen laſſen, es ſey aber alles vergeblich geweſen. Manche wollten vermuthen, Ferdinand habe abſichtlich gezögert die Sache in Gang zu bringen, um nicht etwa ſeinem Neffen Gelegenheit zur Erneuerung ſeiner alten Ver- ſuche zu geben, 2 wie denn wenigſtens der Einwand, den 1 Kaiſerlicher Majeſtaͤt Selbſtrede, in den Acten der Reſigna- tion des Kaiſerthums in Hoffmanns Sammlung ungedruckter Nach- richten p. 27. 2 Cabrera Felipe segundo p. 31.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/423>, abgerufen am 24.11.2024.