immer, unterwinden, das heilige Reich der deutschen Nation zu entziehen und auf eine andre zu übertragen, so wollen sie sich gemeinschaftlich dagegen setzen, keiner soll den an- dern verlassen. Das schwören sie einander, alle in der von den Protestanten angenommenen Formel, bei Gott und dem heiligen Evangelium. 1
In dieser Urkunde finden sich Ausdrücke die an den frühesten Churverein vom Jahr 1338 erinnern: ein späterer, von 1446, wird darin ausdrücklich erwähnt, die goldene Bulle zu wiederholten Malen. Wie wir bemerkten daß alle seit Friedrich III versuchte Reichseinrichtungen durch die Be- schlüsse von 1555 vollendet und erst recht festgestellt wur- den, so gab es dem neuen Zustand der sich in deren Folge bildete, noch eine besondere Gewähr, daß die Erneuerung der churfürstlichen Macht sich damit verband, deren Wur- zeln in noch bei weitem ältere Zeiten zurückreichen.
Freilich konnte sich nun auch Niemand wundern, wenn der Repräsentant der in den hierarchischen Jahrhunderten gebildeten Rechtgläubigkeit und geistlich-weltlichen Gewalt, der römische Papst, sich diesen Dingen widersetzte.
Paul IV haßte ohnehin das Haus Östreich, dem er das Emporkommen der protestantischen Meinungen zuschrieb; er konnte Ferdinand nicht vergeben, daß unter seinen Auspi- cien ein Reichsabschied zu Stande gekommen war, wie der augsburgische von 1555. "Was könne", heißt es in einem seiner Schreiben, "dem katholischen Glauben Widerwärtigeres
1 Neuester gemeiner Verein aller Churfürsten, unter andern bei Gerstlacher Handbuch der Reichsgesetze IV, 511. G. erinnert, daß 1745 Böhmen und Hannover in den Verein aufgenommen wurden.
Zehntes Buch. Sechstes Capitel.
immer, unterwinden, das heilige Reich der deutſchen Nation zu entziehen und auf eine andre zu übertragen, ſo wollen ſie ſich gemeinſchaftlich dagegen ſetzen, keiner ſoll den an- dern verlaſſen. Das ſchwören ſie einander, alle in der von den Proteſtanten angenommenen Formel, bei Gott und dem heiligen Evangelium. 1
In dieſer Urkunde finden ſich Ausdrücke die an den früheſten Churverein vom Jahr 1338 erinnern: ein ſpäterer, von 1446, wird darin ausdrücklich erwähnt, die goldene Bulle zu wiederholten Malen. Wie wir bemerkten daß alle ſeit Friedrich III verſuchte Reichseinrichtungen durch die Be- ſchlüſſe von 1555 vollendet und erſt recht feſtgeſtellt wur- den, ſo gab es dem neuen Zuſtand der ſich in deren Folge bildete, noch eine beſondere Gewähr, daß die Erneuerung der churfürſtlichen Macht ſich damit verband, deren Wur- zeln in noch bei weitem ältere Zeiten zurückreichen.
Freilich konnte ſich nun auch Niemand wundern, wenn der Repräſentant der in den hierarchiſchen Jahrhunderten gebildeten Rechtgläubigkeit und geiſtlich-weltlichen Gewalt, der römiſche Papſt, ſich dieſen Dingen widerſetzte.
Paul IV haßte ohnehin das Haus Öſtreich, dem er das Emporkommen der proteſtantiſchen Meinungen zuſchrieb; er konnte Ferdinand nicht vergeben, daß unter ſeinen Auſpi- cien ein Reichsabſchied zu Stande gekommen war, wie der augsburgiſche von 1555. „Was könne“, heißt es in einem ſeiner Schreiben, „dem katholiſchen Glauben Widerwärtigeres
1 Neueſter gemeiner Verein aller Churfuͤrſten, unter andern bei Gerſtlacher Handbuch der Reichsgeſetze IV, 511. G. erinnert, daß 1745 Boͤhmen und Hannover in den Verein aufgenommen wurden.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0432"n="420"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Zehntes Buch. Sechstes Capitel</hi>.</fw><lb/>
immer, unterwinden, das heilige Reich der deutſchen Nation<lb/>
zu entziehen und auf eine andre zu übertragen, ſo wollen<lb/>ſie ſich gemeinſchaftlich dagegen ſetzen, keiner ſoll den an-<lb/>
dern verlaſſen. Das ſchwören ſie einander, alle in der von<lb/>
den Proteſtanten angenommenen Formel, bei Gott und dem<lb/>
heiligen Evangelium. <noteplace="foot"n="1">Neueſter gemeiner Verein aller Churfuͤrſten, unter andern bei<lb/>
Gerſtlacher Handbuch der Reichsgeſetze <hirendition="#aq">IV,</hi> 511. G. erinnert, daß<lb/>
1745 Boͤhmen und Hannover in den Verein aufgenommen wurden.</note></p><lb/><p>In dieſer Urkunde finden ſich Ausdrücke die an den<lb/>
früheſten Churverein vom Jahr 1338 erinnern: ein ſpäterer,<lb/>
von 1446, wird darin ausdrücklich erwähnt, die goldene<lb/>
Bulle zu wiederholten Malen. Wie wir bemerkten daß alle<lb/>ſeit Friedrich <hirendition="#aq">III</hi> verſuchte Reichseinrichtungen durch die Be-<lb/>ſchlüſſe von 1555 vollendet und erſt recht feſtgeſtellt wur-<lb/>
den, ſo gab es dem neuen Zuſtand der ſich in deren Folge<lb/>
bildete, noch eine beſondere Gewähr, daß die Erneuerung<lb/>
der churfürſtlichen Macht ſich damit verband, deren Wur-<lb/>
zeln in noch bei weitem ältere Zeiten zurückreichen.</p><lb/><p>Freilich konnte ſich nun auch Niemand wundern, wenn<lb/>
der Repräſentant der in den hierarchiſchen Jahrhunderten<lb/>
gebildeten Rechtgläubigkeit und geiſtlich-weltlichen Gewalt, der<lb/>
römiſche Papſt, ſich dieſen Dingen widerſetzte.</p><lb/><p>Paul <hirendition="#aq">IV</hi> haßte ohnehin das Haus Öſtreich, dem er<lb/>
das Emporkommen der proteſtantiſchen Meinungen zuſchrieb;<lb/>
er konnte Ferdinand nicht vergeben, daß unter ſeinen Auſpi-<lb/>
cien ein Reichsabſchied zu Stande gekommen war, wie der<lb/>
augsburgiſche von 1555. „Was könne“, heißt es in einem<lb/>ſeiner Schreiben, „dem katholiſchen Glauben Widerwärtigeres<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[420/0432]
Zehntes Buch. Sechstes Capitel.
immer, unterwinden, das heilige Reich der deutſchen Nation
zu entziehen und auf eine andre zu übertragen, ſo wollen
ſie ſich gemeinſchaftlich dagegen ſetzen, keiner ſoll den an-
dern verlaſſen. Das ſchwören ſie einander, alle in der von
den Proteſtanten angenommenen Formel, bei Gott und dem
heiligen Evangelium. 1
In dieſer Urkunde finden ſich Ausdrücke die an den
früheſten Churverein vom Jahr 1338 erinnern: ein ſpäterer,
von 1446, wird darin ausdrücklich erwähnt, die goldene
Bulle zu wiederholten Malen. Wie wir bemerkten daß alle
ſeit Friedrich III verſuchte Reichseinrichtungen durch die Be-
ſchlüſſe von 1555 vollendet und erſt recht feſtgeſtellt wur-
den, ſo gab es dem neuen Zuſtand der ſich in deren Folge
bildete, noch eine beſondere Gewähr, daß die Erneuerung
der churfürſtlichen Macht ſich damit verband, deren Wur-
zeln in noch bei weitem ältere Zeiten zurückreichen.
Freilich konnte ſich nun auch Niemand wundern, wenn
der Repräſentant der in den hierarchiſchen Jahrhunderten
gebildeten Rechtgläubigkeit und geiſtlich-weltlichen Gewalt, der
römiſche Papſt, ſich dieſen Dingen widerſetzte.
Paul IV haßte ohnehin das Haus Öſtreich, dem er
das Emporkommen der proteſtantiſchen Meinungen zuſchrieb;
er konnte Ferdinand nicht vergeben, daß unter ſeinen Auſpi-
cien ein Reichsabſchied zu Stande gekommen war, wie der
augsburgiſche von 1555. „Was könne“, heißt es in einem
ſeiner Schreiben, „dem katholiſchen Glauben Widerwärtigeres
1 Neueſter gemeiner Verein aller Churfuͤrſten, unter andern bei
Gerſtlacher Handbuch der Reichsgeſetze IV, 511. G. erinnert, daß
1745 Boͤhmen und Hannover in den Verein aufgenommen wurden.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/432>, abgerufen am 26.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.