mente durchdringen und den vollen Sieg behalten. Da das nicht geschah, so war wenigstens ein Glück, daß sie dazu beitrug, den allgemeinen Einrichtungen festere Formen zu ge- ben. Auf den beiden Gegensätzen und ihrem Verhältniß be- ruhte fortan das Reich.
Es lag nun alles daran, fremde Einwirkungen, sey es der Meinung oder des Interesses, nicht wieder eingreifen und das Eben-gegründete zersprengen zu lassen. Dann konn- ten die geistigen Momente die das Reich enthielt, die althisto- rischen, die seiner Bildung zu Grunde lagen, und die neuen den Fortgang der Entwickelung bedingenden, sich in friedli- chem Beisammenseyn noch inniger durchdringen.
Noch schritt das protestantische Element unaufhörlich fort.
Was Churfürst Friedrich von der Pfalz zwar unternom- men, aber doch nicht mit voller Entschiedenheit ausgeführt, die Reformation der Rheinpfalz, davon ließ sich dessen Nach- folger, Ottheinrich, durch keine Rücksicht abhalten. Elsassi- sche und würtenbergische Theologen wirkten dabei zusammen: bei der Reformation der Universität Heidelberg ward Me- lanchthon zu Rathe gezogen.
Den deutschen Fürstenhäusern, die bereits in so großer Mehrzahl die Sache der Reform ergriffen, gesellte sich im Jahr 1556 auch Baden bei; Markgraf Carl von Baden- Durlach sah besonders dahin, daß seine neue Kirchenordnung den nachbarlichen gleichförmig ausfiel. Viele Priester alten Glaubens nahmen sie an.
Und da wo die Fürsten zögerten, ergriffen die Stände diese Angelegenheit. Im Frühjahr 1556 ward Herzog Al- brecht von Baiern durch die beharrliche Weigerung der welt-
Zehntes Buch. Siebentes Capitel.
mente durchdringen und den vollen Sieg behalten. Da das nicht geſchah, ſo war wenigſtens ein Glück, daß ſie dazu beitrug, den allgemeinen Einrichtungen feſtere Formen zu ge- ben. Auf den beiden Gegenſätzen und ihrem Verhältniß be- ruhte fortan das Reich.
Es lag nun alles daran, fremde Einwirkungen, ſey es der Meinung oder des Intereſſes, nicht wieder eingreifen und das Eben-gegründete zerſprengen zu laſſen. Dann konn- ten die geiſtigen Momente die das Reich enthielt, die althiſto- riſchen, die ſeiner Bildung zu Grunde lagen, und die neuen den Fortgang der Entwickelung bedingenden, ſich in friedli- chem Beiſammenſeyn noch inniger durchdringen.
Noch ſchritt das proteſtantiſche Element unaufhörlich fort.
Was Churfürſt Friedrich von der Pfalz zwar unternom- men, aber doch nicht mit voller Entſchiedenheit ausgeführt, die Reformation der Rheinpfalz, davon ließ ſich deſſen Nach- folger, Ottheinrich, durch keine Rückſicht abhalten. Elſaſſi- ſche und würtenbergiſche Theologen wirkten dabei zuſammen: bei der Reformation der Univerſität Heidelberg ward Me- lanchthon zu Rathe gezogen.
Den deutſchen Fürſtenhäuſern, die bereits in ſo großer Mehrzahl die Sache der Reform ergriffen, geſellte ſich im Jahr 1556 auch Baden bei; Markgraf Carl von Baden- Durlach ſah beſonders dahin, daß ſeine neue Kirchenordnung den nachbarlichen gleichförmig ausfiel. Viele Prieſter alten Glaubens nahmen ſie an.
Und da wo die Fürſten zögerten, ergriffen die Stände dieſe Angelegenheit. Im Frühjahr 1556 ward Herzog Al- brecht von Baiern durch die beharrliche Weigerung der welt-
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Zehntes Buch. Siebentes Capitel.
mente durchdringen und den vollen Sieg behalten. Da das
nicht geſchah, ſo war wenigſtens ein Glück, daß ſie dazu
beitrug, den allgemeinen Einrichtungen feſtere Formen zu ge-
ben. Auf den beiden Gegenſätzen und ihrem Verhältniß be-
ruhte fortan das Reich.
Es lag nun alles daran, fremde Einwirkungen, ſey es
der Meinung oder des Intereſſes, nicht wieder eingreifen
und das Eben-gegründete zerſprengen zu laſſen. Dann konn-
ten die geiſtigen Momente die das Reich enthielt, die althiſto-
riſchen, die ſeiner Bildung zu Grunde lagen, und die neuen
den Fortgang der Entwickelung bedingenden, ſich in friedli-
chem Beiſammenſeyn noch inniger durchdringen.
Noch ſchritt das proteſtantiſche Element unaufhörlich fort.
Was Churfürſt Friedrich von der Pfalz zwar unternom-
men, aber doch nicht mit voller Entſchiedenheit ausgeführt,
die Reformation der Rheinpfalz, davon ließ ſich deſſen Nach-
folger, Ottheinrich, durch keine Rückſicht abhalten. Elſaſſi-
ſche und würtenbergiſche Theologen wirkten dabei zuſammen:
bei der Reformation der Univerſität Heidelberg ward Me-
lanchthon zu Rathe gezogen.
Den deutſchen Fürſtenhäuſern, die bereits in ſo großer
Mehrzahl die Sache der Reform ergriffen, geſellte ſich im
Jahr 1556 auch Baden bei; Markgraf Carl von Baden-
Durlach ſah beſonders dahin, daß ſeine neue Kirchenordnung
den nachbarlichen gleichförmig ausfiel. Viele Prieſter alten
Glaubens nahmen ſie an.
Und da wo die Fürſten zögerten, ergriffen die Stände
dieſe Angelegenheit. Im Frühjahr 1556 ward Herzog Al-
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/444>, abgerufen am 23.11.2024.
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