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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Philologie. (Hier. Wolf.)
feres Eingehen, Kritik und ächtes Verständniß beweisen. Joa-
chim Camerarius hat für Plautus vielleicht von allen Her-
ausgebern das Meiste gethan; 1 er ist der Erste der die
Spuren einer doppelten Recension in dem vorliegenden Texte
der ciceronianischen Schriften, möge dieselbe nun stammen
woher sie wolle, bemerkt hat. 2 Ein entschiedenes philologi-
sches Talent war Hieronymus Wolf aus Öttingen: -- eine
zarte, schwächliche, leicht verletzbare Natur, der darüber er-
röthete wenn ein Andrer eine Unwahrheit sagte, der von der
Sohle bis zur Scheitel erzitterte, als er zuerst den berühm-
ten Melanchthon ansichtig wurde; immer voll Furcht vor
dem Hasse der Menschen und dem widrigen Einfluß gehei-
mer satanischer Kräfte; aber eben darum mit einsiedlerischem
Fleiße unter den ungünstigsten Umständen den Studien hin-
gegeben, und seiner Sache, obwohl er nie recht damit zu-
frieden war daß er sie ergriffen hatte, vollkommen Mei-
ster. Er wagte sich an die Übersetzung des Demosthenes,
eine Arbeit, vor der Erasmus und Budäus zurückgeschrocken
waren, und führte sie auf eine Weise durch, die seinen Na-
men mit dem seines Autors auf immer verknüpft hat. Er
ist auch in der Kritik des Textes 3 der Sospitator der Red-
ner, und hat sie den spätern Zeiten erst wieder zugänglich,
verständlich gemacht. Ohne seinen Fleiß würden die Byzan-
tiner wohl noch lange unbekannt geblieben seyn: er ist glück-

1 Vgl. Lessing Von dem Leben und den Werken des Plautus.
Sämmtliche Schriften herausgeg. von Lachmann III, 17.
2 "quam observationem fecit suam C. Stephanus." Literar-
notiz vor der Zweibrücker Ausgabe des Cicero I, p. LXXXV.
3 F. A. Wolf: saepe orator ibi etiam inoffensius legitur
quam in postrema Lipsiensi.
Vgl. Becker Literatur des Demosthe-
nes p. 96.

Philologie. (Hier. Wolf.)
feres Eingehen, Kritik und ächtes Verſtändniß beweiſen. Joa-
chim Camerarius hat für Plautus vielleicht von allen Her-
ausgebern das Meiſte gethan; 1 er iſt der Erſte der die
Spuren einer doppelten Recenſion in dem vorliegenden Texte
der ciceronianiſchen Schriften, möge dieſelbe nun ſtammen
woher ſie wolle, bemerkt hat. 2 Ein entſchiedenes philologi-
ſches Talent war Hieronymus Wolf aus Öttingen: — eine
zarte, ſchwächliche, leicht verletzbare Natur, der darüber er-
röthete wenn ein Andrer eine Unwahrheit ſagte, der von der
Sohle bis zur Scheitel erzitterte, als er zuerſt den berühm-
ten Melanchthon anſichtig wurde; immer voll Furcht vor
dem Haſſe der Menſchen und dem widrigen Einfluß gehei-
mer ſataniſcher Kräfte; aber eben darum mit einſiedleriſchem
Fleiße unter den ungünſtigſten Umſtänden den Studien hin-
gegeben, und ſeiner Sache, obwohl er nie recht damit zu-
frieden war daß er ſie ergriffen hatte, vollkommen Mei-
ſter. Er wagte ſich an die Überſetzung des Demoſthenes,
eine Arbeit, vor der Erasmus und Budäus zurückgeſchrocken
waren, und führte ſie auf eine Weiſe durch, die ſeinen Na-
men mit dem ſeines Autors auf immer verknüpft hat. Er
iſt auch in der Kritik des Textes 3 der Soſpitator der Red-
ner, und hat ſie den ſpätern Zeiten erſt wieder zugänglich,
verſtändlich gemacht. Ohne ſeinen Fleiß würden die Byzan-
tiner wohl noch lange unbekannt geblieben ſeyn: er iſt glück-

1 Vgl. Leſſing Von dem Leben und den Werken des Plautus.
Saͤmmtliche Schriften herausgeg. von Lachmann III, 17.
2 „quam observationem fecit suam C. Stephanus.“ Literar-
notiz vor der Zweibruͤcker Ausgabe des Cicero I, p. LXXXV.
3 F. A. Wolf: saepe orator ibi etiam inoffensius legitur
quam in postrema Lipsiensi.
Vgl. Becker Literatur des Demoſthe-
nes p. 96.
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[469/0481] Philologie. (Hier. Wolf.) feres Eingehen, Kritik und ächtes Verſtändniß beweiſen. Joa- chim Camerarius hat für Plautus vielleicht von allen Her- ausgebern das Meiſte gethan; 1 er iſt der Erſte der die Spuren einer doppelten Recenſion in dem vorliegenden Texte der ciceronianiſchen Schriften, möge dieſelbe nun ſtammen woher ſie wolle, bemerkt hat. 2 Ein entſchiedenes philologi- ſches Talent war Hieronymus Wolf aus Öttingen: — eine zarte, ſchwächliche, leicht verletzbare Natur, der darüber er- röthete wenn ein Andrer eine Unwahrheit ſagte, der von der Sohle bis zur Scheitel erzitterte, als er zuerſt den berühm- ten Melanchthon anſichtig wurde; immer voll Furcht vor dem Haſſe der Menſchen und dem widrigen Einfluß gehei- mer ſataniſcher Kräfte; aber eben darum mit einſiedleriſchem Fleiße unter den ungünſtigſten Umſtänden den Studien hin- gegeben, und ſeiner Sache, obwohl er nie recht damit zu- frieden war daß er ſie ergriffen hatte, vollkommen Mei- ſter. Er wagte ſich an die Überſetzung des Demoſthenes, eine Arbeit, vor der Erasmus und Budäus zurückgeſchrocken waren, und führte ſie auf eine Weiſe durch, die ſeinen Na- men mit dem ſeines Autors auf immer verknüpft hat. Er iſt auch in der Kritik des Textes 3 der Soſpitator der Red- ner, und hat ſie den ſpätern Zeiten erſt wieder zugänglich, verſtändlich gemacht. Ohne ſeinen Fleiß würden die Byzan- tiner wohl noch lange unbekannt geblieben ſeyn: er iſt glück- 1 Vgl. Leſſing Von dem Leben und den Werken des Plautus. Saͤmmtliche Schriften herausgeg. von Lachmann III, 17. 2 „quam observationem fecit suam C. Stephanus.“ Literar- notiz vor der Zweibruͤcker Ausgabe des Cicero I, p. LXXXV. 3 F. A. Wolf: saepe orator ibi etiam inoffensius legitur quam in postrema Lipsiensi. Vgl. Becker Literatur des Demoſthe- nes p. 96.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/481>, abgerufen am 22.11.2024.