Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.Anatomie. (Vesalius.) Er war erst 29 Jahr alt, als er im J. 1543 sein Werküber den Bau des menschlichen Körpers zu Basel drucken ließ, das die Grundlage aller spätern Anatomie geworden ist. Es fand um so mehr Eingang, da ein Schüler Titians, Jo- hann von Calkar, den Text mit vortrefflichen Abbildungen erläuterte. Wäre Vesalius nicht als Leibarzt Carls V dem Hofe gefolgt, so hätte er vielleicht die Entdeckungen noch vollendet die er angefangen, und wenigstens seine Schüler nicht bestritten, die sie wirklich gemacht hatten. 1 Auch am Hofe hatte er von den Anhängern Galens viel zu leiden. Auf jeden Fall war hiedurch der große Schritt gesche- In allen verschiedenen Zweigen der Naturgeschichte gieng Die Eigenthümlichkeit dieses Bestrebens lernt man recht 1 Sprengel Geschichte der Arzneikunde, Bd III, Abschnitt über
die vornehmsten anatomischen Entdeckungen § 46--78. Anatomie. (Veſalius.) Er war erſt 29 Jahr alt, als er im J. 1543 ſein Werküber den Bau des menſchlichen Körpers zu Baſel drucken ließ, das die Grundlage aller ſpätern Anatomie geworden iſt. Es fand um ſo mehr Eingang, da ein Schüler Titians, Jo- hann von Calkar, den Text mit vortrefflichen Abbildungen erläuterte. Wäre Veſalius nicht als Leibarzt Carls V dem Hofe gefolgt, ſo hätte er vielleicht die Entdeckungen noch vollendet die er angefangen, und wenigſtens ſeine Schüler nicht beſtritten, die ſie wirklich gemacht hatten. 1 Auch am Hofe hatte er von den Anhängern Galens viel zu leiden. Auf jeden Fall war hiedurch der große Schritt geſche- In allen verſchiedenen Zweigen der Naturgeſchichte gieng Die Eigenthümlichkeit dieſes Beſtrebens lernt man recht 1 Sprengel Geſchichte der Arzneikunde, Bd III, Abſchnitt uͤber
die vornehmſten anatomiſchen Entdeckungen § 46—78. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0491" n="479"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Anatomie. (Veſalius.)</hi></fw><lb/> Er war erſt 29 Jahr alt, als er im J. 1543 ſein Werk<lb/> über den Bau des menſchlichen Körpers zu Baſel drucken<lb/> ließ, das die Grundlage aller ſpätern Anatomie geworden iſt.<lb/> Es fand um ſo mehr Eingang, da ein Schüler Titians, Jo-<lb/> hann von Calkar, den Text mit vortrefflichen Abbildungen<lb/> erläuterte. Wäre Veſalius nicht als Leibarzt Carls <hi rendition="#aq">V</hi> dem<lb/> Hofe gefolgt, ſo hätte er vielleicht die Entdeckungen noch<lb/> vollendet die er angefangen, und wenigſtens ſeine Schüler<lb/> nicht beſtritten, die ſie wirklich gemacht hatten. <note place="foot" n="1">Sprengel Geſchichte der Arzneikunde, Bd <hi rendition="#aq">III,</hi> Abſchnitt uͤber<lb/> die vornehmſten anatomiſchen Entdeckungen § 46—78.</note> Auch am<lb/> Hofe hatte er von den Anhängern Galens viel zu leiden.</p><lb/> <p>Auf jeden Fall war hiedurch der große Schritt geſche-<lb/> hen, auf den alles ankam: die innere Kraft des von den<lb/> Alten angeregten forſchenden Geiſtes führte über die Gren-<lb/> zen ihrer Wiſſenſchaft hinaus.</p><lb/> <p>In allen verſchiedenen Zweigen der Naturgeſchichte gieng<lb/> man daran, die Kenntniſſe der Alten zugleich zu ſammeln und<lb/> zu erweitern.</p><lb/> <p>Die Eigenthümlichkeit dieſes Beſtrebens lernt man recht<lb/> an dem zoologiſchen Werke Conrad Geßners kennen. Geß-<lb/> ner arbeitete viel für das Bedürfniß des literariſchen Publi-<lb/> cums, überſetzte, und verfaßte Wörterbücher: im Grunde aus<lb/> Noth. Er war glücklich, wenn er einmal die beſonderen Ge-<lb/> genſtände ſeiner Neigung feſthalten konnte, wie in der No-<lb/> menclatur der den Alten bekannten Pflanzen, der er die nicht<lb/> ohne Mühe aufgeſuchten neuen Namen beiſetzte. Endlich<lb/> erhob er ſich zu dem Gedanken, den Namen auch die Be-<lb/> ſchreibungen hinzuzufügen, in einem umfaſſenden Werke über<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [479/0491]
Anatomie. (Veſalius.)
Er war erſt 29 Jahr alt, als er im J. 1543 ſein Werk
über den Bau des menſchlichen Körpers zu Baſel drucken
ließ, das die Grundlage aller ſpätern Anatomie geworden iſt.
Es fand um ſo mehr Eingang, da ein Schüler Titians, Jo-
hann von Calkar, den Text mit vortrefflichen Abbildungen
erläuterte. Wäre Veſalius nicht als Leibarzt Carls V dem
Hofe gefolgt, ſo hätte er vielleicht die Entdeckungen noch
vollendet die er angefangen, und wenigſtens ſeine Schüler
nicht beſtritten, die ſie wirklich gemacht hatten. 1 Auch am
Hofe hatte er von den Anhängern Galens viel zu leiden.
Auf jeden Fall war hiedurch der große Schritt geſche-
hen, auf den alles ankam: die innere Kraft des von den
Alten angeregten forſchenden Geiſtes führte über die Gren-
zen ihrer Wiſſenſchaft hinaus.
In allen verſchiedenen Zweigen der Naturgeſchichte gieng
man daran, die Kenntniſſe der Alten zugleich zu ſammeln und
zu erweitern.
Die Eigenthümlichkeit dieſes Beſtrebens lernt man recht
an dem zoologiſchen Werke Conrad Geßners kennen. Geß-
ner arbeitete viel für das Bedürfniß des literariſchen Publi-
cums, überſetzte, und verfaßte Wörterbücher: im Grunde aus
Noth. Er war glücklich, wenn er einmal die beſonderen Ge-
genſtände ſeiner Neigung feſthalten konnte, wie in der No-
menclatur der den Alten bekannten Pflanzen, der er die nicht
ohne Mühe aufgeſuchten neuen Namen beiſetzte. Endlich
erhob er ſich zu dem Gedanken, den Namen auch die Be-
ſchreibungen hinzuzufügen, in einem umfaſſenden Werke über
1 Sprengel Geſchichte der Arzneikunde, Bd III, Abſchnitt uͤber
die vornehmſten anatomiſchen Entdeckungen § 46—78.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |