Reich, Moses Josef: Mammon im Gebirge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–45. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.so oft mit ihr von ihm gesprochen, daß sie sich ihn schon ordentlich leibhaftig habe vorstellen können. -- Martin fragte bescheiden, ob's auch so eingetroffen? Nicht so ganz! antwortete Trude, Sie sind viel herrischer, man kriegt ordentlich Respect! Martin lächelte selbstgefällig und stampfte die Steine, auf denen er stand, mit dem Absatze, daß es Funken gab. Ja man lernt's! sagte er bescheiden; wenn man mit Hauptleuten und Majors rapportirt, da fährt einem was in den Rücken -- he, he, ja, man sieht dann ein bischen steif drein! -- So ging's weiter, bis sie von einem kleinen in Lumpen gehüllten Mädchen gestört wurden, in welchem Trude mit Schrecken ihre Schwester erkannte; wie gern wäre sie hineingerannt ins Haus, aber der Gefreite hielt ihre Hand in der seinigen, und sie wagte es nicht, sich loszumachen; indessen war das Mädchen da und stammelte: die Mutter ließe ihr sagen, sie möchte einen Laib Brod und ein paar Eier schicken! -- Das Blut strömte Truden zum Herzen, sie ward ganz bleich, und ihre Hand zitterte in der des Gefreiten. Wer ist denn das Mädel? fragte Martin. -- Droben aus den Feldhäusern! antwortete Trude ausweichend, machte sich los und bat um Verzeihung, weil sie mit dem Mädchen hineingehen müsse. Martin legte Trudens Gemüthsbewegung zu seinen Gunsten aus; er glaubte, die Störung ihrer gemüthlichen Unterhaltung und die bevorstehende Trennung mache sie so aufgeregt, und wagte es daraufhin, zum so oft mit ihr von ihm gesprochen, daß sie sich ihn schon ordentlich leibhaftig habe vorstellen können. — Martin fragte bescheiden, ob's auch so eingetroffen? Nicht so ganz! antwortete Trude, Sie sind viel herrischer, man kriegt ordentlich Respect! Martin lächelte selbstgefällig und stampfte die Steine, auf denen er stand, mit dem Absatze, daß es Funken gab. Ja man lernt's! sagte er bescheiden; wenn man mit Hauptleuten und Majors rapportirt, da fährt einem was in den Rücken — he, he, ja, man sieht dann ein bischen steif drein! — So ging's weiter, bis sie von einem kleinen in Lumpen gehüllten Mädchen gestört wurden, in welchem Trude mit Schrecken ihre Schwester erkannte; wie gern wäre sie hineingerannt ins Haus, aber der Gefreite hielt ihre Hand in der seinigen, und sie wagte es nicht, sich loszumachen; indessen war das Mädchen da und stammelte: die Mutter ließe ihr sagen, sie möchte einen Laib Brod und ein paar Eier schicken! — Das Blut strömte Truden zum Herzen, sie ward ganz bleich, und ihre Hand zitterte in der des Gefreiten. Wer ist denn das Mädel? fragte Martin. — Droben aus den Feldhäusern! antwortete Trude ausweichend, machte sich los und bat um Verzeihung, weil sie mit dem Mädchen hineingehen müsse. Martin legte Trudens Gemüthsbewegung zu seinen Gunsten aus; er glaubte, die Störung ihrer gemüthlichen Unterhaltung und die bevorstehende Trennung mache sie so aufgeregt, und wagte es daraufhin, zum <TEI> <text> <body> <div n="0"> <p><pb facs="#f0035"/> so oft mit ihr von ihm gesprochen, daß sie sich ihn schon ordentlich leibhaftig habe vorstellen können. — Martin fragte bescheiden, ob's auch so eingetroffen? Nicht so ganz! antwortete Trude, Sie sind viel herrischer, man kriegt ordentlich Respect! Martin lächelte selbstgefällig und stampfte die Steine, auf denen er stand, mit dem Absatze, daß es Funken gab. Ja man lernt's! sagte er bescheiden; wenn man mit Hauptleuten und Majors rapportirt, da fährt einem was in den Rücken — he, he, ja, man sieht dann ein bischen steif drein! —</p><lb/> <p>So ging's weiter, bis sie von einem kleinen in Lumpen gehüllten Mädchen gestört wurden, in welchem Trude mit Schrecken ihre Schwester erkannte; wie gern wäre sie hineingerannt ins Haus, aber der Gefreite hielt ihre Hand in der seinigen, und sie wagte es nicht, sich loszumachen; indessen war das Mädchen da und stammelte: die Mutter ließe ihr sagen, sie möchte einen Laib Brod und ein paar Eier schicken! — Das Blut strömte Truden zum Herzen, sie ward ganz bleich, und ihre Hand zitterte in der des Gefreiten. Wer ist denn das Mädel? fragte Martin. — Droben aus den Feldhäusern! antwortete Trude ausweichend, machte sich los und bat um Verzeihung, weil sie mit dem Mädchen hineingehen müsse.</p><lb/> <p>Martin legte Trudens Gemüthsbewegung zu seinen Gunsten aus; er glaubte, die Störung ihrer gemüthlichen Unterhaltung und die bevorstehende Trennung mache sie so aufgeregt, und wagte es daraufhin, zum<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0035]
so oft mit ihr von ihm gesprochen, daß sie sich ihn schon ordentlich leibhaftig habe vorstellen können. — Martin fragte bescheiden, ob's auch so eingetroffen? Nicht so ganz! antwortete Trude, Sie sind viel herrischer, man kriegt ordentlich Respect! Martin lächelte selbstgefällig und stampfte die Steine, auf denen er stand, mit dem Absatze, daß es Funken gab. Ja man lernt's! sagte er bescheiden; wenn man mit Hauptleuten und Majors rapportirt, da fährt einem was in den Rücken — he, he, ja, man sieht dann ein bischen steif drein! —
So ging's weiter, bis sie von einem kleinen in Lumpen gehüllten Mädchen gestört wurden, in welchem Trude mit Schrecken ihre Schwester erkannte; wie gern wäre sie hineingerannt ins Haus, aber der Gefreite hielt ihre Hand in der seinigen, und sie wagte es nicht, sich loszumachen; indessen war das Mädchen da und stammelte: die Mutter ließe ihr sagen, sie möchte einen Laib Brod und ein paar Eier schicken! — Das Blut strömte Truden zum Herzen, sie ward ganz bleich, und ihre Hand zitterte in der des Gefreiten. Wer ist denn das Mädel? fragte Martin. — Droben aus den Feldhäusern! antwortete Trude ausweichend, machte sich los und bat um Verzeihung, weil sie mit dem Mädchen hineingehen müsse.
Martin legte Trudens Gemüthsbewegung zu seinen Gunsten aus; er glaubte, die Störung ihrer gemüthlichen Unterhaltung und die bevorstehende Trennung mache sie so aufgeregt, und wagte es daraufhin, zum
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T10:03:58Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-16T10:03:58Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |