Reich, Moses Josef: Mammon im Gebirge. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 9. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–45. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.staubige, stets geladene Pistole, welche immer über seinem Bette hängt, herab, öffnet die Thür leise, schleicht auf den Fußspitzen an Trudens Bett heran und weckt sie ungestüm -- nie war sie ihm noch so reizend erschienen, die Brust wallte, ihre Wangen glühten, die schwarzen Augen leuchteten magisch, das dunkle Haar fiel über die nackten Schultern in reicher Fülle herab, sie sah ihn, in der Linken den Leuchter, in der Rechten die Pistole, vor ihrem Bette stehen; sie richtete sich jäh empor, daß sie im Bette zu knieen kam. Was wollt Ihr? schrie sie. -- Das Fragen ist an mir! sagte Sommer düster, seine Gestalt richtete sich majestätisch auf, er schien ihr bis an die Decke zu reichen. Seine kleinen Augen funkelten aus dem gelblichen Angesicht wie Irrlichter im Moor, er zückte die Mündung der Pistole nach ihr und sagte mit fester, aber doch innerlichst bebender Stimme: Du stehst nicht lebendig auf, wenn du nicht bekennst! -- Was soll ich bekennen? rief Trude händeringend. -- Die Wahrheit! sprich, warum riethst du mir, den Schatz zu vergraben? -- Weil's so am besten ist! sagte Trude sich sammelnd. -- Für mich oder für dich, oder für noch einen Dritten? -- Trude sah sich verrathen, sollten sie belauscht worden sein? -- Sie schwieg; Sommer ließ grausam den Hahn knacken und sagte: Gesteh! Oder -- ich weiß Alles! -- Wißt Ihr's? nun gut, so will ich reden! Ich hab' den Martin lieb, und Euch hass' ich wie die Nacht! -- Schön! sagte Sommer ruhig; Trude fuhr fort: Ich konnte Eure Liebeleien nicht vertragen staubige, stets geladene Pistole, welche immer über seinem Bette hängt, herab, öffnet die Thür leise, schleicht auf den Fußspitzen an Trudens Bett heran und weckt sie ungestüm — nie war sie ihm noch so reizend erschienen, die Brust wallte, ihre Wangen glühten, die schwarzen Augen leuchteten magisch, das dunkle Haar fiel über die nackten Schultern in reicher Fülle herab, sie sah ihn, in der Linken den Leuchter, in der Rechten die Pistole, vor ihrem Bette stehen; sie richtete sich jäh empor, daß sie im Bette zu knieen kam. Was wollt Ihr? schrie sie. — Das Fragen ist an mir! sagte Sommer düster, seine Gestalt richtete sich majestätisch auf, er schien ihr bis an die Decke zu reichen. Seine kleinen Augen funkelten aus dem gelblichen Angesicht wie Irrlichter im Moor, er zückte die Mündung der Pistole nach ihr und sagte mit fester, aber doch innerlichst bebender Stimme: Du stehst nicht lebendig auf, wenn du nicht bekennst! — Was soll ich bekennen? rief Trude händeringend. — Die Wahrheit! sprich, warum riethst du mir, den Schatz zu vergraben? — Weil's so am besten ist! sagte Trude sich sammelnd. — Für mich oder für dich, oder für noch einen Dritten? — Trude sah sich verrathen, sollten sie belauscht worden sein? — Sie schwieg; Sommer ließ grausam den Hahn knacken und sagte: Gesteh! Oder — ich weiß Alles! — Wißt Ihr's? nun gut, so will ich reden! Ich hab' den Martin lieb, und Euch hass' ich wie die Nacht! — Schön! sagte Sommer ruhig; Trude fuhr fort: Ich konnte Eure Liebeleien nicht vertragen <TEI> <text> <body> <div n="0"> <p><pb facs="#f0047"/> staubige, stets geladene Pistole, welche immer über seinem Bette hängt, herab, öffnet die Thür leise, schleicht auf den Fußspitzen an Trudens Bett heran und weckt sie ungestüm — nie war sie ihm noch so reizend erschienen, die Brust wallte, ihre Wangen glühten, die schwarzen Augen leuchteten magisch, das dunkle Haar fiel über die nackten Schultern in reicher Fülle herab, sie sah ihn, in der Linken den Leuchter, in der Rechten die Pistole, vor ihrem Bette stehen; sie richtete sich jäh empor, daß sie im Bette zu knieen kam. Was wollt Ihr? schrie sie. — Das Fragen ist an mir! sagte Sommer düster, seine Gestalt richtete sich majestätisch auf, er schien ihr bis an die Decke zu reichen. Seine kleinen Augen funkelten aus dem gelblichen Angesicht wie Irrlichter im Moor, er zückte die Mündung der Pistole nach ihr und sagte mit fester, aber doch innerlichst bebender Stimme: Du stehst nicht lebendig auf, wenn du nicht bekennst! — Was soll ich bekennen? rief Trude händeringend. — Die Wahrheit! sprich, warum riethst du mir, den Schatz zu vergraben? — Weil's so am besten ist! sagte Trude sich sammelnd. — Für mich oder für dich, oder für noch einen Dritten? — Trude sah sich verrathen, sollten sie belauscht worden sein? — Sie schwieg; Sommer ließ grausam den Hahn knacken und sagte: Gesteh! Oder — ich weiß Alles! — Wißt Ihr's? nun gut, so will ich reden! Ich hab' den Martin lieb, und Euch hass' ich wie die Nacht! — Schön! sagte Sommer ruhig; Trude fuhr fort: Ich konnte Eure Liebeleien nicht vertragen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0047]
staubige, stets geladene Pistole, welche immer über seinem Bette hängt, herab, öffnet die Thür leise, schleicht auf den Fußspitzen an Trudens Bett heran und weckt sie ungestüm — nie war sie ihm noch so reizend erschienen, die Brust wallte, ihre Wangen glühten, die schwarzen Augen leuchteten magisch, das dunkle Haar fiel über die nackten Schultern in reicher Fülle herab, sie sah ihn, in der Linken den Leuchter, in der Rechten die Pistole, vor ihrem Bette stehen; sie richtete sich jäh empor, daß sie im Bette zu knieen kam. Was wollt Ihr? schrie sie. — Das Fragen ist an mir! sagte Sommer düster, seine Gestalt richtete sich majestätisch auf, er schien ihr bis an die Decke zu reichen. Seine kleinen Augen funkelten aus dem gelblichen Angesicht wie Irrlichter im Moor, er zückte die Mündung der Pistole nach ihr und sagte mit fester, aber doch innerlichst bebender Stimme: Du stehst nicht lebendig auf, wenn du nicht bekennst! — Was soll ich bekennen? rief Trude händeringend. — Die Wahrheit! sprich, warum riethst du mir, den Schatz zu vergraben? — Weil's so am besten ist! sagte Trude sich sammelnd. — Für mich oder für dich, oder für noch einen Dritten? — Trude sah sich verrathen, sollten sie belauscht worden sein? — Sie schwieg; Sommer ließ grausam den Hahn knacken und sagte: Gesteh! Oder — ich weiß Alles! — Wißt Ihr's? nun gut, so will ich reden! Ich hab' den Martin lieb, und Euch hass' ich wie die Nacht! — Schön! sagte Sommer ruhig; Trude fuhr fort: Ich konnte Eure Liebeleien nicht vertragen
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