Mit dem Sommer- und Winter-Rübsamen, daraus Oel geschlagen wird, verhält es sich fast eben also: denn es ist bekant, daß dieser zu keiner Zeit auf einmal reifet, weswegen man mit der Einsamlung desselben die völlige Reife aller Schötlein nicht erwarten kan. Um deßwillen pflegten die Leute auf dem Lande dieses Mittel an die Hand zu nehmen, damit das unreife auch tüch- tig werde: indem es die Natur selbst giebet, daß, wenn der Same, wie oben gemeldet worden, auf einander geleget und erwärmet wird, diese Wär- me die unreifen Körner vollends tüchtig machet. Man muß aber folgendermassen verfahren: So bald der Same abgeschnitten worden, muß er auf dem Acker, worauf er gewachsen, an einen oder mehr Haufen zusammen getragen, feste auf ein- ander geleget, und wie ein Heu-Schober rund zu- gespitzet werden, damit das manchmal einfallen- de Regen-Wetter keinen Schaden verursachen könne. Es ist auch nöthig, daß derjenige Platz, worauf der Haufe sol geleget werden, zuvor ab- geschauffelt, und mit den Füssen derb getreten werde.
Sind nun einige Tage verflossen, und man merket, daß die unreifen Körner tüchtig und das Wetter beständig zu seyn scheinet, nimt man das Dreschen vor; jedoch muß nahe bey denen Hau- fen der Tenn ausgeschauffelt, mit Gersten-Spreu überdroschen, und dichte getreten werden. Es darf dieses aber nicht lange zuvor geschehen: denn so man solchen zu bald machen wolte, würde die
Erde
10. Cap. Von Fermentation
Mit dem Sommer- und Winter-Ruͤbſamen, daraus Oel geſchlagen wird, verhaͤlt es ſich faſt eben alſo: denn es iſt bekant, daß dieſer zu keiner Zeit auf einmal reifet, weswegen man mit der Einſamlung deſſelben die voͤllige Reife aller Schoͤtlein nicht erwarten kan. Um deßwillen pflegten die Leute auf dem Lande dieſes Mittel an die Hand zu nehmen, damit das unreife auch tuͤch- tig werde: indem es die Natur ſelbſt giebet, daß, wenn der Same, wie oben gemeldet worden, auf einander geleget und erwaͤrmet wird, dieſe Waͤr- me die unreifen Koͤrner vollends tuͤchtig machet. Man muß aber folgendermaſſen verfahren: So bald der Same abgeſchnitten worden, muß er auf dem Acker, worauf er gewachſen, an einen oder mehr Haufen zuſammen getragen, feſte auf ein- ander geleget, und wie ein Heu-Schober rund zu- geſpitzet werden, damit das manchmal einfallen- de Regen-Wetter keinen Schaden verurſachen koͤnne. Es iſt auch noͤthig, daß derjenige Platz, worauf der Haufe ſol geleget werden, zuvor ab- geſchauffelt, und mit den Fuͤſſen derb getreten werde.
Sind nun einige Tage verfloſſen, und man merket, daß die unreifen Koͤrner tuͤchtig und das Wetter beſtaͤndig zu ſeyn ſcheinet, nimt man das Dreſchen vor; jedoch muß nahe bey denen Hau- fen der Tenn ausgeſchauffelt, mit Gerſten-Spreu uͤberdroſchen, und dichte getreten werden. Es darf dieſes aber nicht lange zuvor geſchehen: denn ſo man ſolchen zu bald machen wolte, wuͤrde die
Erde
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0109"n="88"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">10. Cap. Von Fermentation</hi></fw><lb/><p>Mit dem Sommer- und Winter-Ruͤbſamen,<lb/>
daraus Oel geſchlagen wird, verhaͤlt es ſich faſt<lb/>
eben alſo: denn es iſt bekant, daß dieſer zu keiner<lb/>
Zeit auf einmal reifet, weswegen man mit der<lb/>
Einſamlung deſſelben die voͤllige Reife aller<lb/>
Schoͤtlein nicht erwarten kan. Um deßwillen<lb/>
pflegten die Leute auf dem Lande dieſes Mittel an<lb/>
die Hand zu nehmen, damit das unreife auch tuͤch-<lb/>
tig werde: indem es die Natur ſelbſt giebet, daß,<lb/>
wenn der Same, wie oben gemeldet worden, auf<lb/>
einander geleget und erwaͤrmet wird, dieſe Waͤr-<lb/>
me die unreifen Koͤrner vollends tuͤchtig machet.<lb/>
Man muß aber folgendermaſſen verfahren: So<lb/>
bald der Same abgeſchnitten worden, muß er auf<lb/>
dem Acker, worauf er gewachſen, an einen oder<lb/>
mehr Haufen zuſammen getragen, feſte auf ein-<lb/>
ander geleget, und wie ein Heu-Schober rund zu-<lb/>
geſpitzet werden, damit das manchmal einfallen-<lb/>
de Regen-Wetter keinen Schaden verurſachen<lb/>
koͤnne. Es iſt auch noͤthig, daß derjenige Platz,<lb/>
worauf der Haufe ſol geleget werden, zuvor ab-<lb/>
geſchauffelt, und mit den Fuͤſſen derb getreten<lb/>
werde.</p><lb/><p>Sind nun einige Tage verfloſſen, und man<lb/>
merket, daß die unreifen Koͤrner tuͤchtig und das<lb/>
Wetter beſtaͤndig zu ſeyn ſcheinet, nimt man das<lb/>
Dreſchen vor; jedoch muß nahe bey denen Hau-<lb/>
fen der Tenn ausgeſchauffelt, mit Gerſten-Spreu<lb/>
uͤberdroſchen, und dichte getreten werden. Es<lb/>
darf dieſes aber nicht lange zuvor geſchehen: denn<lb/>ſo man ſolchen zu bald machen wolte, wuͤrde die<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Erde</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[88/0109]
10. Cap. Von Fermentation
Mit dem Sommer- und Winter-Ruͤbſamen,
daraus Oel geſchlagen wird, verhaͤlt es ſich faſt
eben alſo: denn es iſt bekant, daß dieſer zu keiner
Zeit auf einmal reifet, weswegen man mit der
Einſamlung deſſelben die voͤllige Reife aller
Schoͤtlein nicht erwarten kan. Um deßwillen
pflegten die Leute auf dem Lande dieſes Mittel an
die Hand zu nehmen, damit das unreife auch tuͤch-
tig werde: indem es die Natur ſelbſt giebet, daß,
wenn der Same, wie oben gemeldet worden, auf
einander geleget und erwaͤrmet wird, dieſe Waͤr-
me die unreifen Koͤrner vollends tuͤchtig machet.
Man muß aber folgendermaſſen verfahren: So
bald der Same abgeſchnitten worden, muß er auf
dem Acker, worauf er gewachſen, an einen oder
mehr Haufen zuſammen getragen, feſte auf ein-
ander geleget, und wie ein Heu-Schober rund zu-
geſpitzet werden, damit das manchmal einfallen-
de Regen-Wetter keinen Schaden verurſachen
koͤnne. Es iſt auch noͤthig, daß derjenige Platz,
worauf der Haufe ſol geleget werden, zuvor ab-
geſchauffelt, und mit den Fuͤſſen derb getreten
werde.
Sind nun einige Tage verfloſſen, und man
merket, daß die unreifen Koͤrner tuͤchtig und das
Wetter beſtaͤndig zu ſeyn ſcheinet, nimt man das
Dreſchen vor; jedoch muß nahe bey denen Hau-
fen der Tenn ausgeſchauffelt, mit Gerſten-Spreu
uͤberdroſchen, und dichte getreten werden. Es
darf dieſes aber nicht lange zuvor geſchehen: denn
ſo man ſolchen zu bald machen wolte, wuͤrde die
Erde
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 1. Erfurt, 1753, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz01_1753/109>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.