Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 1. Erfurt, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite

von Ausartung derer Samen.
mehreres zu ersehen seyn wird. E. g. ich habe in mei-
nem Garten ein Beet zu denen Tulipanen-Zwie-
beln, welches dem Ansehen nach von einerley Güte
war, graben, düngen und was sonst zu dergleichen
Zwiebel-Gewächsen nöthig ist, zurechte machen,
und zwar an einem Tage und in einer Stunde die
Zwiebeln, welche viel Geld kosteten, in die Erde
bringen und pflanzen lassen; allein da solche in
dem Frühjahre hervor in ihre Blumen-Stängel
wachsen solten, sind sie nicht etwan hin und wie-
der, sondern nur auf dem dritten Theil des Bee-
tes, als wenn es darauf wäre abgezeichnet wor-
den, kleine blieben und haben nichtsnutzige Blu-
men hervorgebracht.

Dieses habe ich drey Jahre nach einander
probiret, weilen ich es zur selbigen Zeit so gleich
noch nicht eingesehen, aber leider continuo er-
fahren müssen, daß auf dem Orte dieses Beets
die Zwiebeln immer kleiner worden, keine Blu-
men getragen, und endlich in der Erden verfaulet
sind. Es kam aber von Fremden ein guter
Freund und berühmter Blumiste, Herr Sonat,
welcher aber nunmehro in Königlich-Dänischen
Diensten sich befindet, vor ohngefehr 13 Jahren
zu mir in meinem kleinen Lust-Garten, welchem
ich es klagete, wie mir diese Fatalität begegnet
wäre. Dieser meldete mir, wenn ich gleich hun-
dertmal dergleichen Tulipanen-Zwiebeln auf
dasjenige Beet brächte, so würden sie mir
auch hundertmal keine Blumen bringen, und
endlich verderben; er hätte es aus der Er-

fah-

von Ausartung derer Samen.
mehreres zu erſehen ſeyn wird. E. g. ich habe in mei-
nem Garten ein Beet zu denen Tulipanen-Zwie-
beln, welches dem Anſehen nach von einerley Guͤte
war, graben, duͤngen und was ſonſt zu dergleichen
Zwiebel-Gewaͤchſen noͤthig iſt, zurechte machen,
und zwar an einem Tage und in einer Stunde die
Zwiebeln, welche viel Geld koſteten, in die Erde
bringen und pflanzen laſſen; allein da ſolche in
dem Fruͤhjahre hervor in ihre Blumen-Staͤngel
wachſen ſolten, ſind ſie nicht etwan hin und wie-
der, ſondern nur auf dem dritten Theil des Bee-
tes, als wenn es darauf waͤre abgezeichnet wor-
den, kleine blieben und haben nichtsnutzige Blu-
men hervorgebracht.

Dieſes habe ich drey Jahre nach einander
probiret, weilen ich es zur ſelbigen Zeit ſo gleich
noch nicht eingeſehen, aber leider continuo er-
fahren muͤſſen, daß auf dem Orte dieſes Beets
die Zwiebeln immer kleiner worden, keine Blu-
men getragen, und endlich in der Erden verfaulet
ſind. Es kam aber von Fremden ein guter
Freund und beruͤhmter Blumiſte, Herr Sonat,
welcher aber nunmehro in Koͤniglich-Daͤniſchen
Dienſten ſich befindet, vor ohngefehr 13 Jahren
zu mir in meinem kleinen Luſt-Garten, welchem
ich es klagete, wie mir dieſe Fatalitaͤt begegnet
waͤre. Dieſer meldete mir, wenn ich gleich hun-
dertmal dergleichen Tulipanen-Zwiebeln auf
dasjenige Beet braͤchte, ſo wuͤrden ſie mir
auch hundertmal keine Blumen bringen, und
endlich verderben; er haͤtte es aus der Er-

fah-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0080" n="59"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von Ausartung derer Samen.</hi></fw><lb/>
mehreres zu er&#x017F;ehen &#x017F;eyn wird. <hi rendition="#aq">E. g.</hi> ich habe in mei-<lb/>
nem Garten ein Beet zu denen Tulipanen-Zwie-<lb/>
beln, welches dem An&#x017F;ehen nach von einerley Gu&#x0364;te<lb/>
war, graben, du&#x0364;ngen und was &#x017F;on&#x017F;t zu dergleichen<lb/>
Zwiebel-Gewa&#x0364;ch&#x017F;en no&#x0364;thig i&#x017F;t, zurechte machen,<lb/>
und zwar an einem Tage und in einer Stunde die<lb/>
Zwiebeln, welche viel Geld ko&#x017F;teten, in die Erde<lb/>
bringen und pflanzen la&#x017F;&#x017F;en; allein da &#x017F;olche in<lb/>
dem Fru&#x0364;hjahre hervor in ihre Blumen-Sta&#x0364;ngel<lb/>
wach&#x017F;en &#x017F;olten, &#x017F;ind &#x017F;ie nicht etwan hin und wie-<lb/>
der, &#x017F;ondern nur auf dem dritten Theil des Bee-<lb/>
tes, als wenn es darauf wa&#x0364;re abgezeichnet wor-<lb/>
den, kleine blieben und haben nichtsnutzige Blu-<lb/>
men hervorgebracht.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;es habe ich drey Jahre nach einander<lb/>
probiret, weilen ich es zur &#x017F;elbigen Zeit &#x017F;o gleich<lb/>
noch nicht einge&#x017F;ehen, aber leider <hi rendition="#aq">continuo</hi> er-<lb/>
fahren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, daß auf dem Orte die&#x017F;es Beets<lb/>
die Zwiebeln immer kleiner worden, keine Blu-<lb/>
men getragen, und endlich in der Erden verfaulet<lb/>
&#x017F;ind. Es kam aber von Fremden ein guter<lb/>
Freund und beru&#x0364;hmter Blumi&#x017F;te, Herr <hi rendition="#fr">Sonat,</hi><lb/>
welcher aber nunmehro in Ko&#x0364;niglich-Da&#x0364;ni&#x017F;chen<lb/>
Dien&#x017F;ten &#x017F;ich befindet, vor ohngefehr 13 Jahren<lb/>
zu mir in meinem kleinen Lu&#x017F;t-Garten, welchem<lb/>
ich es klagete, wie mir die&#x017F;e Fatalita&#x0364;t begegnet<lb/>
wa&#x0364;re. Die&#x017F;er meldete mir, wenn ich gleich hun-<lb/>
dertmal dergleichen Tulipanen-Zwiebeln auf<lb/>
dasjenige Beet bra&#x0364;chte, &#x017F;o wu&#x0364;rden &#x017F;ie mir<lb/>
auch hundertmal keine Blumen bringen, und<lb/>
endlich verderben; er ha&#x0364;tte es aus der Er-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">fah-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[59/0080] von Ausartung derer Samen. mehreres zu erſehen ſeyn wird. E. g. ich habe in mei- nem Garten ein Beet zu denen Tulipanen-Zwie- beln, welches dem Anſehen nach von einerley Guͤte war, graben, duͤngen und was ſonſt zu dergleichen Zwiebel-Gewaͤchſen noͤthig iſt, zurechte machen, und zwar an einem Tage und in einer Stunde die Zwiebeln, welche viel Geld koſteten, in die Erde bringen und pflanzen laſſen; allein da ſolche in dem Fruͤhjahre hervor in ihre Blumen-Staͤngel wachſen ſolten, ſind ſie nicht etwan hin und wie- der, ſondern nur auf dem dritten Theil des Bee- tes, als wenn es darauf waͤre abgezeichnet wor- den, kleine blieben und haben nichtsnutzige Blu- men hervorgebracht. Dieſes habe ich drey Jahre nach einander probiret, weilen ich es zur ſelbigen Zeit ſo gleich noch nicht eingeſehen, aber leider continuo er- fahren muͤſſen, daß auf dem Orte dieſes Beets die Zwiebeln immer kleiner worden, keine Blu- men getragen, und endlich in der Erden verfaulet ſind. Es kam aber von Fremden ein guter Freund und beruͤhmter Blumiſte, Herr Sonat, welcher aber nunmehro in Koͤniglich-Daͤniſchen Dienſten ſich befindet, vor ohngefehr 13 Jahren zu mir in meinem kleinen Luſt-Garten, welchem ich es klagete, wie mir dieſe Fatalitaͤt begegnet waͤre. Dieſer meldete mir, wenn ich gleich hun- dertmal dergleichen Tulipanen-Zwiebeln auf dasjenige Beet braͤchte, ſo wuͤrden ſie mir auch hundertmal keine Blumen bringen, und endlich verderben; er haͤtte es aus der Er- fah-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz01_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz01_1753/80
Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 1. Erfurt, 1753, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz01_1753/80>, abgerufen am 27.11.2024.