Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753.6. Cap. Vom Oculiren. der wilde Stam Stacheln an sich haben, worauserhellet, daß, wenn der Stam, worauf er gepfro- pfet worden, vorhero wild gewesen, derselbe auch wild bleibe; ist er aber vorhero zahm gewesen, so wird er auch zahm bleiben, und zwar so lange bis er abstirbt. Herr D. Agricola meinet zwar, daß von dieser Materie noch Niemand etwas ge- schrieben hätte. Jch habe aber gefunden, daß in denen schlaflosen Nächten, welche 1707 herausge- kommen, bereits davon gehandelt worden, und Hr. D. Agricola seine Universal-Vermehrung ist erstlich 1716 an das Licht getreten. Jch wil also nur etwas, was zu meinem Zweck dienet, und p. 468. sqq. zu finden, anfüren. Wir sehen und wissen es freylich mehr als den- Abh. v. Bäum. F
6. Cap. Vom Oculiren. der wilde Stam Stacheln an ſich haben, worauserhellet, daß, wenn der Stam, worauf er gepfro- pfet worden, vorhero wild geweſen, derſelbe auch wild bleibe; iſt er aber vorhero zahm geweſen, ſo wird er auch zahm bleiben, und zwar ſo lange bis er abſtirbt. Herr D. Agricola meinet zwar, daß von dieſer Materie noch Niemand etwas ge- ſchrieben haͤtte. Jch habe aber gefunden, daß in denen ſchlafloſen Naͤchten, welche 1707 herausge- kommen, bereits davon gehandelt worden, und Hr. D. Agricola ſeine Univerſal-Vermehrung iſt erſtlich 1716 an das Licht getreten. Jch wil alſo nur etwas, was zu meinem Zweck dienet, und p. 468. ſqq. zu finden, anfuͤren. Wir ſehen und wiſſen es freylich mehr als den- Abh. v. Baͤum. F
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6. Cap. Vom Oculiren.
der wilde Stam Stacheln an ſich haben, woraus
erhellet, daß, wenn der Stam, worauf er gepfro-
pfet worden, vorhero wild geweſen, derſelbe auch
wild bleibe; iſt er aber vorhero zahm geweſen,
ſo wird er auch zahm bleiben, und zwar ſo lange
bis er abſtirbt. Herr D. Agricola meinet zwar,
daß von dieſer Materie noch Niemand etwas ge-
ſchrieben haͤtte. Jch habe aber gefunden, daß in
denen ſchlafloſen Naͤchten, welche 1707 herausge-
kommen, bereits davon gehandelt worden, und
Hr. D. Agricola ſeine Univerſal-Vermehrung iſt
erſtlich 1716 an das Licht getreten. Jch wil alſo
nur etwas, was zu meinem Zweck dienet, und p.
468. ſqq. zu finden, anfuͤren.
Wir ſehen und wiſſen es freylich mehr als
zu wohl, daß, wenn ein Pfropf Reis von einem
guten wohlſchm eckenden Apfel-Baum auf einen
wilden und ſauren Holz-Apfel-Baum gepfropfet
wird, dieſer hinfort nicht mehr wilde und ſaure
Aepfel, ſondern eben ſo gute Fruͤchte als der Baum
davon das Pfropf-Reis genommen iſt, traͤgt, und
ſcheinet alſo der wilde Baum allerdings in einen
guten verwandelt zu ſeyn. Allein wenn ich dieſes
Exempel mit guter geſunder Vernunft betrachte,
ſo finde ich, daß die Pfropfung guter Reiſer
auf wilde Staͤmme durchaus nicht fuͤr eine
Transmutation oder Veraͤnderung kan ange-
nommen werden, ſondern was einmal wilde iſt,
das bleibet wild, und was zahm oder gut Obſt
iſt, bleibet auch gut, und wenn es hundertmal
hin und her gepfropfet wuͤrde, und alſo bleibet
den-
Abh. v. Baͤum. F
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