Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 3. Erfurt, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite

6. Cap. Von allerhand
betrachtet, so solte es einem beynahe unmöglich
scheinen, daß dergleichen unansehnliches Thierlein
in so kurzer Zeit einen so grossen Vorrath aufzuzeh-
ren vermögend wäre, wo es nicht der Augenschein
bestätigte.

Jm Kriechen sind diese Raupen keine der
geschwindesten, sondern sie nehmen wohl Zeit dar-
zu, wenn sie von einem Blatte auf ein anders ge-
hen wollen. Man pflegt sie auch mehr auf der
untern als obern Seite der Blätter anzutreffen,
weil sie auf solche Art nicht nur vor Regen und
Ungewitter, sondern auch vor den Vögeln, wel-
che ihnen als einer niedlichen Speise für ihre Jun-
gen stark nachstreben, besser verwahret sind.
Wenn nun aber die Zeit der Verwandelung vor-
henden ist, fänget ihnen die vorhin angenehme
Speise an zu widerstehen, sie verlassen die Aecker,
und machen sich an die Wände der Gärten und
Häuser, oder wenn deren keine in der Nähe sind,
suchen sie einen Baum, oder sonst einen Stau-
den-Stengel, sich daran anzusetzen. Jst nun der
gefundene Ruhe-Plaz ihnen bequem, so spinnen
sie sich einen Faden um den Leib, womit sie sich,
wie alle dieser Classe wieder das Herabfallen ver-
sichern.

Ferner gedenket Herr Rösel Class. II. N. XXIX.
p. 169. noch einer Sorte der Raupen, welche dem
weissen Kraute auch sehr grosen Schaden zufüget.
Wie ich denn solches in manchen Jahren erfahren
habe, daß sowohl die Sommer- als Winterkraut-
Köpfe nicht anders ausgesehen, als wenn sie mit

grosem

6. Cap. Von allerhand
betrachtet, ſo ſolte es einem beynahe unmoͤglich
ſcheinen, daß dergleichen unanſehnliches Thierlein
in ſo kurzer Zeit einen ſo groſſen Vorrath aufzuzeh-
ren vermoͤgend waͤre, wo es nicht der Augenſchein
beſtaͤtigte.

Jm Kriechen ſind dieſe Raupen keine der
geſchwindeſten, ſondern ſie nehmen wohl Zeit dar-
zu, wenn ſie von einem Blatte auf ein anders ge-
hen wollen. Man pflegt ſie auch mehr auf der
untern als obern Seite der Blaͤtter anzutreffen,
weil ſie auf ſolche Art nicht nur vor Regen und
Ungewitter, ſondern auch vor den Voͤgeln, wel-
che ihnen als einer niedlichen Speiſe fuͤr ihre Jun-
gen ſtark nachſtreben, beſſer verwahret ſind.
Wenn nun aber die Zeit der Verwandelung vor-
henden iſt, faͤnget ihnen die vorhin angenehme
Speiſe an zu widerſtehen, ſie verlaſſen die Aecker,
und machen ſich an die Waͤnde der Gaͤrten und
Haͤuſer, oder wenn deren keine in der Naͤhe ſind,
ſuchen ſie einen Baum, oder ſonſt einen Stau-
den-Stengel, ſich daran anzuſetzen. Jſt nun der
gefundene Ruhe-Plaz ihnen bequem, ſo ſpinnen
ſie ſich einen Faden um den Leib, womit ſie ſich,
wie alle dieſer Claſſe wieder das Herabfallen ver-
ſichern.

Ferner gedenket Herr Roͤſel Claſſ. II. N. XXIX.
p. 169. noch einer Sorte der Raupen, welche dem
weiſſen Kraute auch ſehr groſen Schaden zufuͤget.
Wie ich denn ſolches in manchen Jahren erfahren
habe, daß ſowohl die Sommer- als Winterkraut-
Koͤpfe nicht anders ausgeſehen, als wenn ſie mit

groſem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0142" n="136"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">6. Cap. Von allerhand</hi></fw><lb/>
betrachtet, &#x017F;o &#x017F;olte es einem beynahe unmo&#x0364;glich<lb/>
&#x017F;cheinen, daß dergleichen unan&#x017F;ehnliches Thierlein<lb/>
in &#x017F;o kurzer Zeit einen &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;en Vorrath aufzuzeh-<lb/>
ren vermo&#x0364;gend wa&#x0364;re, wo es nicht der Augen&#x017F;chein<lb/>
be&#x017F;ta&#x0364;tigte.</p><lb/>
          <p>Jm Kriechen &#x017F;ind die&#x017F;e Raupen keine der<lb/>
ge&#x017F;chwinde&#x017F;ten, &#x017F;ondern &#x017F;ie nehmen wohl Zeit dar-<lb/>
zu, wenn &#x017F;ie von einem Blatte auf ein anders ge-<lb/>
hen wollen. Man pflegt &#x017F;ie auch mehr auf der<lb/>
untern als obern Seite der Bla&#x0364;tter anzutreffen,<lb/>
weil &#x017F;ie auf &#x017F;olche Art nicht nur vor Regen und<lb/>
Ungewitter, &#x017F;ondern auch vor den Vo&#x0364;geln, wel-<lb/>
che ihnen als einer niedlichen Spei&#x017F;e fu&#x0364;r ihre Jun-<lb/>
gen &#x017F;tark nach&#x017F;treben, be&#x017F;&#x017F;er verwahret &#x017F;ind.<lb/>
Wenn nun aber die Zeit der Verwandelung vor-<lb/>
henden i&#x017F;t, fa&#x0364;nget ihnen die vorhin angenehme<lb/>
Spei&#x017F;e an zu wider&#x017F;tehen, &#x017F;ie verla&#x017F;&#x017F;en die Aecker,<lb/>
und machen &#x017F;ich an die Wa&#x0364;nde der Ga&#x0364;rten und<lb/>
Ha&#x0364;u&#x017F;er, oder wenn deren keine in der Na&#x0364;he &#x017F;ind,<lb/>
&#x017F;uchen &#x017F;ie einen Baum, oder &#x017F;on&#x017F;t einen Stau-<lb/>
den-Stengel, &#x017F;ich daran anzu&#x017F;etzen. J&#x017F;t nun der<lb/>
gefundene Ruhe-Plaz ihnen bequem, &#x017F;o &#x017F;pinnen<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich einen Faden um den Leib, womit &#x017F;ie &#x017F;ich,<lb/>
wie alle die&#x017F;er Cla&#x017F;&#x017F;e wieder das Herabfallen ver-<lb/>
&#x017F;ichern.</p><lb/>
          <p>Ferner gedenket Herr Ro&#x0364;&#x017F;el <hi rendition="#aq">Cla&#x017F;&#x017F;. II. N. XXIX.</hi><lb/>
p. 169. noch einer Sorte der Raupen, welche dem<lb/>
wei&#x017F;&#x017F;en Kraute auch &#x017F;ehr gro&#x017F;en Schaden zufu&#x0364;get.<lb/>
Wie ich denn &#x017F;olches in manchen Jahren erfahren<lb/>
habe, daß &#x017F;owohl die Sommer- als Winterkraut-<lb/>
Ko&#x0364;pfe nicht anders ausge&#x017F;ehen, als wenn &#x017F;ie mit<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gro&#x017F;em</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[136/0142] 6. Cap. Von allerhand betrachtet, ſo ſolte es einem beynahe unmoͤglich ſcheinen, daß dergleichen unanſehnliches Thierlein in ſo kurzer Zeit einen ſo groſſen Vorrath aufzuzeh- ren vermoͤgend waͤre, wo es nicht der Augenſchein beſtaͤtigte. Jm Kriechen ſind dieſe Raupen keine der geſchwindeſten, ſondern ſie nehmen wohl Zeit dar- zu, wenn ſie von einem Blatte auf ein anders ge- hen wollen. Man pflegt ſie auch mehr auf der untern als obern Seite der Blaͤtter anzutreffen, weil ſie auf ſolche Art nicht nur vor Regen und Ungewitter, ſondern auch vor den Voͤgeln, wel- che ihnen als einer niedlichen Speiſe fuͤr ihre Jun- gen ſtark nachſtreben, beſſer verwahret ſind. Wenn nun aber die Zeit der Verwandelung vor- henden iſt, faͤnget ihnen die vorhin angenehme Speiſe an zu widerſtehen, ſie verlaſſen die Aecker, und machen ſich an die Waͤnde der Gaͤrten und Haͤuſer, oder wenn deren keine in der Naͤhe ſind, ſuchen ſie einen Baum, oder ſonſt einen Stau- den-Stengel, ſich daran anzuſetzen. Jſt nun der gefundene Ruhe-Plaz ihnen bequem, ſo ſpinnen ſie ſich einen Faden um den Leib, womit ſie ſich, wie alle dieſer Claſſe wieder das Herabfallen ver- ſichern. Ferner gedenket Herr Roͤſel Claſſ. II. N. XXIX. p. 169. noch einer Sorte der Raupen, welche dem weiſſen Kraute auch ſehr groſen Schaden zufuͤget. Wie ich denn ſolches in manchen Jahren erfahren habe, daß ſowohl die Sommer- als Winterkraut- Koͤpfe nicht anders ausgeſehen, als wenn ſie mit groſem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz03_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz03_1753/142
Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 3. Erfurt, 1753, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz03_1753/142>, abgerufen am 24.11.2024.