Wer curiös ist und hinter die rechte Wahr- heit wegen dieser Ausartung kommen wil, der probire es, und nehme gegen den Herbst 1.) ein wohlgeschlossenes, plattes und recht schönes Kraut- Haupt, 2.) eins, welches nur in etwas kraus- lichte Blätter hat, 3.) ein dichtstrunkiges, 4.) ei- ne ins grüne, 5.) eine ins blaue fallende Staude. Nachdem er jedes wohl numeriret und gezeich- net, und der Same von allen zur Reifung gekom- men, so säe er eine jede Sorte besonders auf ein kleines Beet, so wird sich gewis finden, daß alle Ausartung lediglich von der Unachtsamkeit in Aussuchung derer Samen-Häupter herkomme, und daß folglich die Ausartung in Schälke oder Schlutter und andere Kohle eben dieser Ursache, keinesweges aber den Nebensprossen beyzumessen sey. Zu diesem Versuche gehöret eine Zeit von 3 Jahren und ist von demselben in Kentnis der zu Erziehung aufrichtiger Samen dienlichen Stau- den ohnfehlbar groser Nutze zu hoffen.
§. 7.
Beantwor- tung einer Einwen- dung, wel- che dagegen könte ge- macht wer- den.
Es könte mir zwar jemand einwenden, der Herr Verfasser habe ja meine angegebene Regel beobachtet, und zur Erziehung seiner Samen al- lezeit dichte grosse platte Köpfe genommen, und gleichwohl nach seinem angestelten Versuche dreyer- ley Samen und Pflanzen erhalten, und also schie- ne er doch in der Sache Recht zu haben, daß die schlechten Pflanzen von den Nebensprossen und die
Schäl-
5. Cap. Von den Schaͤlken
Wer curioͤs iſt und hinter die rechte Wahr- heit wegen dieſer Ausartung kommen wil, der probire es, und nehme gegen den Herbſt 1.) ein wohlgeſchloſſenes, plattes und recht ſchoͤnes Kraut- Haupt, 2.) eins, welches nur in etwas kraus- lichte Blaͤtter hat, 3.) ein dichtſtrunkiges, 4.) ei- ne ins gruͤne, 5.) eine ins blaue fallende Staude. Nachdem er jedes wohl numeriret und gezeich- net, und der Same von allen zur Reifung gekom- men, ſo ſaͤe er eine jede Sorte beſonders auf ein kleines Beet, ſo wird ſich gewis finden, daß alle Ausartung lediglich von der Unachtſamkeit in Ausſuchung derer Samen-Haͤupter herkomme, und daß folglich die Ausartung in Schaͤlke oder Schlutter und andere Kohle eben dieſer Urſache, keinesweges aber den Nebenſproſſen beyzumeſſen ſey. Zu dieſem Verſuche gehoͤret eine Zeit von 3 Jahren und iſt von demſelben in Kentnis der zu Erziehung aufrichtiger Samen dienlichen Stau- den ohnfehlbar groſer Nutze zu hoffen.
§. 7.
Beantwor- tung einer Einwen- dung, wel- che dagegen koͤnte ge- macht wer- den.
Es koͤnte mir zwar jemand einwenden, der Herr Verfaſſer habe ja meine angegebene Regel beobachtet, und zur Erziehung ſeiner Samen al- lezeit dichte groſſe platte Koͤpfe genommen, und gleichwohl nach ſeinem angeſtelten Verſuche dreyer- ley Samen und Pflanzen erhalten, und alſo ſchie- ne er doch in der Sache Recht zu haben, daß die ſchlechten Pflanzen von den Nebenſproſſen und die
Schaͤl-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0078"n="72"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">5. Cap. Von den Schaͤlken</hi></fw><lb/><p>Wer curioͤs iſt und hinter die rechte Wahr-<lb/>
heit wegen dieſer Ausartung kommen wil, der<lb/>
probire es, und nehme gegen den Herbſt 1.) ein<lb/>
wohlgeſchloſſenes, plattes und recht ſchoͤnes Kraut-<lb/>
Haupt, 2.) eins, welches nur in etwas kraus-<lb/>
lichte Blaͤtter hat, 3.) ein dichtſtrunkiges, 4.) ei-<lb/>
ne ins gruͤne, 5.) eine ins blaue fallende Staude.<lb/>
Nachdem er jedes wohl numeriret und gezeich-<lb/>
net, und der Same von allen zur Reifung gekom-<lb/>
men, ſo ſaͤe er eine jede Sorte beſonders auf ein<lb/>
kleines Beet, ſo wird ſich gewis finden, daß alle<lb/>
Ausartung lediglich von der Unachtſamkeit in<lb/>
Ausſuchung derer Samen-Haͤupter herkomme,<lb/>
und daß folglich die Ausartung in Schaͤlke oder<lb/>
Schlutter und andere Kohle eben dieſer Urſache,<lb/>
keinesweges aber den Nebenſproſſen beyzumeſſen<lb/>ſey. Zu dieſem Verſuche gehoͤret eine Zeit von<lb/>
3 Jahren und iſt von demſelben in Kentnis der<lb/>
zu Erziehung aufrichtiger Samen dienlichen Stau-<lb/>
den ohnfehlbar groſer Nutze zu hoffen.</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 7.</head><lb/><noteplace="left">Beantwor-<lb/>
tung einer<lb/>
Einwen-<lb/>
dung, wel-<lb/>
che dagegen<lb/>
koͤnte ge-<lb/>
macht wer-<lb/>
den.</note><p>Es koͤnte mir zwar jemand einwenden, der<lb/>
Herr Verfaſſer habe ja meine angegebene Regel<lb/>
beobachtet, und zur Erziehung ſeiner Samen al-<lb/>
lezeit dichte groſſe platte Koͤpfe genommen, und<lb/>
gleichwohl nach ſeinem angeſtelten Verſuche dreyer-<lb/>
ley Samen und Pflanzen erhalten, und alſo ſchie-<lb/>
ne er doch in der Sache Recht zu haben, daß die<lb/>ſchlechten Pflanzen von den Nebenſproſſen und die<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Schaͤl-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[72/0078]
5. Cap. Von den Schaͤlken
Wer curioͤs iſt und hinter die rechte Wahr-
heit wegen dieſer Ausartung kommen wil, der
probire es, und nehme gegen den Herbſt 1.) ein
wohlgeſchloſſenes, plattes und recht ſchoͤnes Kraut-
Haupt, 2.) eins, welches nur in etwas kraus-
lichte Blaͤtter hat, 3.) ein dichtſtrunkiges, 4.) ei-
ne ins gruͤne, 5.) eine ins blaue fallende Staude.
Nachdem er jedes wohl numeriret und gezeich-
net, und der Same von allen zur Reifung gekom-
men, ſo ſaͤe er eine jede Sorte beſonders auf ein
kleines Beet, ſo wird ſich gewis finden, daß alle
Ausartung lediglich von der Unachtſamkeit in
Ausſuchung derer Samen-Haͤupter herkomme,
und daß folglich die Ausartung in Schaͤlke oder
Schlutter und andere Kohle eben dieſer Urſache,
keinesweges aber den Nebenſproſſen beyzumeſſen
ſey. Zu dieſem Verſuche gehoͤret eine Zeit von
3 Jahren und iſt von demſelben in Kentnis der
zu Erziehung aufrichtiger Samen dienlichen Stau-
den ohnfehlbar groſer Nutze zu hoffen.
§. 7.
Es koͤnte mir zwar jemand einwenden, der
Herr Verfaſſer habe ja meine angegebene Regel
beobachtet, und zur Erziehung ſeiner Samen al-
lezeit dichte groſſe platte Koͤpfe genommen, und
gleichwohl nach ſeinem angeſtelten Verſuche dreyer-
ley Samen und Pflanzen erhalten, und alſo ſchie-
ne er doch in der Sache Recht zu haben, daß die
ſchlechten Pflanzen von den Nebenſproſſen und die
Schaͤl-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 3. Erfurt, 1753, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz03_1753/78>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.