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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803.

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bels seines Nachbaren, haute rechts und links
um sich herum, vergoss Blut und hätte dies-
mal die beleidigte Menschheit gerächt, wenn
man sich seiner nicht schnell bemächtigt hätte.
Die barbarische Horde führte ihn in seine Kam-
mer zurück, und musste der Stimme der Gerech-
tigkeit und der Erfahrung nachgeben.

Noch führe ich einige kranke Gelüste an, die
auch mit Mordlust verbunden sind und als ähnli-
che Zustände neben der Wuth ohne Verkehrtheit
stehen mögen. Beide sind rein organischen Ur-
sprungs, doch darin von einander verschieden,
dass jene Gelüste die blutdürstigen Handlungen
im Gefolge eines Zwecks, nemlich zu ihrer eig-
nen Befriedigung erregen, hier hingegen der
Trieb zum Handlen selbst die Krankheit ist.
Es hat bekanntermassen Menschen gegeben, die,
bloss aus Drang zum Genuss des Menschen-
fleisches, Menschen gemordet haben. Sauva-
ges
*) erzählt von einer Frau, die einen so un-
widerstehlichen Appetit auf die Schulter eines
Bäckers bekam, dass ihr Mann genöthigt war,
von demselben die Erlaubniss zu erkaufen, dass
seine Frau sich mit ein Paar Bissen von derselben
sättigen könne. Schrecklicher ist der Fall aus
Langens Beobachtungen von einer Frau, die
während ihrer Schwangerschaft einen so unwi-
derstehlichen Appetit zum Fleisch ihres Mannes

*) Nosol. T. III. P. I. 319 S.

bels ſeines Nachbaren, haute rechts und links
um ſich herum, vergoſs Blut und hätte dies-
mal die beleidigte Menſchheit gerächt, wenn
man ſich ſeiner nicht ſchnell bemächtigt hätte.
Die barbariſche Horde führte ihn in ſeine Kam-
mer zurück, und muſste der Stimme der Gerech-
tigkeit und der Erfahrung nachgeben.

Noch führe ich einige kranke Gelüſte an, die
auch mit Mordluſt verbunden ſind und als ähnli-
che Zuſtände neben der Wuth ohne Verkehrtheit
ſtehen mögen. Beide ſind rein organiſchen Ur-
ſprungs, doch darin von einander verſchieden,
daſs jene Gelüſte die blutdürſtigen Handlungen
im Gefolge eines Zwecks, nemlich zu ihrer eig-
nen Befriedigung erregen, hier hingegen der
Trieb zum Handlen ſelbſt die Krankheit iſt.
Es hat bekanntermaſsen Menſchen gegeben, die,
bloſs aus Drang zum Genuſs des Menſchen-
fleiſches, Menſchen gemordet haben. Sauva-
ges
*) erzählt von einer Frau, die einen ſo un-
widerſtehlichen Appetit auf die Schulter eines
Bäckers bekam, daſs ihr Mann genöthigt war,
von demſelben die Erlaubniſs zu erkaufen, daſs
ſeine Frau ſich mit ein Paar Biſſen von derſelben
ſättigen könne. Schrecklicher iſt der Fall aus
Langens Beobachtungen von einer Frau, die
während ihrer Schwangerſchaft einen ſo unwi-
derſtehlichen Appetit zum Fleiſch ihres Mannes

*) Noſol. T. III. P. I. 319 S.
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[394/0399] bels ſeines Nachbaren, haute rechts und links um ſich herum, vergoſs Blut und hätte dies- mal die beleidigte Menſchheit gerächt, wenn man ſich ſeiner nicht ſchnell bemächtigt hätte. Die barbariſche Horde führte ihn in ſeine Kam- mer zurück, und muſste der Stimme der Gerech- tigkeit und der Erfahrung nachgeben. Noch führe ich einige kranke Gelüſte an, die auch mit Mordluſt verbunden ſind und als ähnli- che Zuſtände neben der Wuth ohne Verkehrtheit ſtehen mögen. Beide ſind rein organiſchen Ur- ſprungs, doch darin von einander verſchieden, daſs jene Gelüſte die blutdürſtigen Handlungen im Gefolge eines Zwecks, nemlich zu ihrer eig- nen Befriedigung erregen, hier hingegen der Trieb zum Handlen ſelbſt die Krankheit iſt. Es hat bekanntermaſsen Menſchen gegeben, die, bloſs aus Drang zum Genuſs des Menſchen- fleiſches, Menſchen gemordet haben. Sauva- ges *) erzählt von einer Frau, die einen ſo un- widerſtehlichen Appetit auf die Schulter eines Bäckers bekam, daſs ihr Mann genöthigt war, von demſelben die Erlaubniſs zu erkaufen, daſs ſeine Frau ſich mit ein Paar Biſſen von derſelben ſättigen könne. Schrecklicher iſt der Fall aus Langens Beobachtungen von einer Frau, die während ihrer Schwangerſchaft einen ſo unwi- derſtehlichen Appetit zum Fleiſch ihres Mannes *) Noſol. T. III. P. I. 319 S.

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Zitationshilfe: Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/399>, abgerufen am 22.11.2024.