werden. Er kann nemlich dadurch in den fixen Wahn verfallen, als hätten alle Menschen, selbst die Obrigkeit, sich zu seinem Untergang wider ihn verschworen. Nur in dem Fall, dass er Hang zur Verschwendung zeigte, dürfte er in der Ver- waltung seines Vermögens auf die mildeste Art beschränkt werden. Wenn aber der Blödsinn bis zum mittleren Grade gediehen ist, so kann der Kranke auch seine Rechte nicht frey mehr aus- üben. Er muss nach Art der Minderjährigen, oder etwan, wie ein schon herangewachsenes Kind in dem Hause seines Vaters unter Curatel gestellt werden. Auch lässt er sich in diesem Zustande jede Einschränkungen gern gefallen, weil er die Gemächlichkeit liebt, und zu wenig Verstand besitzt, um noch eignen Willen zu haben. Dann muss auch noch auf die Sicherheit des Pu- blikums Rücksicht genommen werden. Zu ge- waltthätigen Handlungen ist der Blödsinnige zwar selten geneigt, wenn er nicht gereizt wird, und in diesem Fall mag derjenige, der ihn reizt, die Folgen seiner Handlungen empfinden. Doch kann dieser Trieb zur Gegenwehr habituell wer- den. Er schlägt und wirft mit Steinen, jeden, der ihm vorkömmt und ohne alle Rücksicht auf die Folgen seiner Handlungen, die er zu berechnen ausser Stande ist. So kann er auch durch Licht, Feuer und andere gefährliche Instrumente der Societät gefährlich werden. Endlich ist er zu Handlungen fähig, die den gebildeten Ständen
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werden. Er kann nemlich dadurch in den fixen Wahn verfallen, als hätten alle Menſchen, ſelbſt die Obrigkeit, ſich zu ſeinem Untergang wider ihn verſchworen. Nur in dem Fall, daſs er Hang zur Verſchwendung zeigte, dürfte er in der Ver- waltung ſeines Vermögens auf die mildeſte Art beſchränkt werden. Wenn aber der Blödſinn bis zum mittleren Grade gediehen iſt, ſo kann der Kranke auch ſeine Rechte nicht frey mehr aus- üben. Er muſs nach Art der Minderjährigen, oder etwan, wie ein ſchon herangewachſenes Kind in dem Hauſe ſeines Vaters unter Curatel geſtellt werden. Auch läſst er ſich in dieſem Zuſtande jede Einſchränkungen gern gefallen, weil er die Gemächlichkeit liebt, und zu wenig Verſtand beſitzt, um noch eignen Willen zu haben. Dann muſs auch noch auf die Sicherheit des Pu- blikums Rückſicht genommen werden. Zu ge- waltthätigen Handlungen iſt der Blödſinnige zwar ſelten geneigt, wenn er nicht gereizt wird, und in dieſem Fall mag derjenige, der ihn reizt, die Folgen ſeiner Handlungen empfinden. Doch kann dieſer Trieb zur Gegenwehr habituell wer- den. Er ſchlägt und wirft mit Steinen, jeden, der ihm vorkömmt und ohne alle Rückſicht auf die Folgen ſeiner Handlungen, die er zu berechnen auſser Stande iſt. So kann er auch durch Licht, Feuer und andere gefährliche Inſtrumente der Societät gefährlich werden. Endlich iſt er zu Handlungen fähig, die den gebildeten Ständen
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werden. Er kann nemlich dadurch in den fixen
Wahn verfallen, als hätten alle Menſchen, ſelbſt
die Obrigkeit, ſich zu ſeinem Untergang wider
ihn verſchworen. Nur in dem Fall, daſs er Hang
zur Verſchwendung zeigte, dürfte er in der Ver-
waltung ſeines Vermögens auf die mildeſte Art
beſchränkt werden. Wenn aber der Blödſinn bis
zum mittleren Grade gediehen iſt, ſo kann der
Kranke auch ſeine Rechte nicht frey mehr aus-
üben. Er muſs nach Art der Minderjährigen,
oder etwan, wie ein ſchon herangewachſenes
Kind in dem Hauſe ſeines Vaters unter Curatel
geſtellt werden. Auch läſst er ſich in dieſem
Zuſtande jede Einſchränkungen gern gefallen,
weil er die Gemächlichkeit liebt, und zu wenig
Verſtand beſitzt, um noch eignen Willen zu haben.
Dann muſs auch noch auf die Sicherheit des Pu-
blikums Rückſicht genommen werden. Zu ge-
waltthätigen Handlungen iſt der Blödſinnige zwar
ſelten geneigt, wenn er nicht gereizt wird, und
in dieſem Fall mag derjenige, der ihn reizt, die
Folgen ſeiner Handlungen empfinden. Doch
kann dieſer Trieb zur Gegenwehr habituell wer-
den. Er ſchlägt und wirft mit Steinen, jeden, der
ihm vorkömmt und ohne alle Rückſicht auf die
Folgen ſeiner Handlungen, die er zu berechnen
auſser Stande iſt. So kann er auch durch Licht,
Feuer und andere gefährliche Inſtrumente der
Societät gefährlich werden. Endlich iſt er zu
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Reil, Johann Christian: Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen. Halle, 1803, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reil_curmethode_1803/424>, abgerufen am 22.11.2024.
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