dieser Pflanze, als Stärkelieferanten, wurde schon im vorigen Abschnitt gedacht. Aber auch die jungen Wedel, so lange sie noch unentwickelt und zusammengerollt sind, werden im ganzen japanischen Reich ge- schätzt und in Suppe viel gegessen.
Ausser den in vorstehender Liste angeführten Gefässpflanzen und einer grossen Anzahl anderer, meist endemischer Arten, welche eben- falls ab und zu in der japanischen Küche als Gemüse oder Würzen Verwendung finden, ist hier noch der Pilze und marinen Algen zu gedenken. Die Gewinnung, Zubereitung und Verwerthung derselben nicht blos für den eigenen Haushalt, sondern auch für den Handel, beschäftigt und ernährt Viele. Leider sind neben den Flechten des Landes die Pilze von den Botanikern bisher am stiefmütterlichsten behandelt worden. Von Siebold bietet uns zwar eine Liste von 32 japanischen Namen, "quae vero fungorum species, aut sponte crescen- tes, aut arte imo provocatae, crudae, salsae, siccataeque vix in ulla desunt coena"; doch fehlt jede nähere Beschreibung und Bestimmung derselben. Diese Lücke besteht noch und wird auch durch das Fol- gende nicht ausgefüllt, wohl aber mag es dazu dienen, wenigstens einige Irrthümer zu beseitigen und mehrere Arten, welche ich näher kennen lernte, wissenschaftlich festzustellen.
Der Japaner bezeichnet mit Kinoko und Kusabira die grösse- ren Pilze im allgemeinen und mit Take, als Affix zu dem Eigennamen, in besonderen Fällen. In seiner Werthschätzung stehen mehrere Arten Agaricus, namentlich Shii-take und Abatzu-take obenan.
57. Agaricus sp., jap. Shii-take. Es ist dies ein Blätterschwamm, ohne Ring und Schleier, mit excentrisch gestelltem, unregelmässigem Hute, der braune Oberhaut und weisse Lamellen aufweist. Der Strunk ist ebenfalls weiss, ziemlich hoch, mässig dick. Shii-take hat sonach mit unserm gemeinen Champignon (A. campestris Pers.) nur entfernt Aehnlichkeit und nähert sich vielmehr in seinem Aussehen A. fusipes Fr., A. contortus Berk. und A. attenuatus D. C. Um so unbegreiflicher ist die häufige Verwechselung mit jenem, von Kaempfer und Thunberg an bis auf unsere Tage. So führt Kinch in seiner Liste Shii-take als Agaricus campestris an und ebenso finden wir unter diesem Namen im Catalog der jap. Abtheilung der International Health Exhibition, London 1884*) eine Analyse desselben. Der Pilz enthält hiernach im
*) Japan. Intern. Health Exhib. London 1884. A descriptive catalogue of the exhibits etc. by K. Nagai and J. Murai.
2. Nährpflanzen.
dieser Pflanze, als Stärkelieferanten, wurde schon im vorigen Abschnitt gedacht. Aber auch die jungen Wedel, so lange sie noch unentwickelt und zusammengerollt sind, werden im ganzen japanischen Reich ge- schätzt und in Suppe viel gegessen.
Ausser den in vorstehender Liste angeführten Gefässpflanzen und einer grossen Anzahl anderer, meist endemischer Arten, welche eben- falls ab und zu in der japanischen Küche als Gemüse oder Würzen Verwendung finden, ist hier noch der Pilze und marinen Algen zu gedenken. Die Gewinnung, Zubereitung und Verwerthung derselben nicht blos für den eigenen Haushalt, sondern auch für den Handel, beschäftigt und ernährt Viele. Leider sind neben den Flechten des Landes die Pilze von den Botanikern bisher am stiefmütterlichsten behandelt worden. Von Siebold bietet uns zwar eine Liste von 32 japanischen Namen, »quae vero fungorum species, aut sponte crescen- tes, aut arte imo provocatae, crudae, salsae, siccataeque vix in ulla desunt coena«; doch fehlt jede nähere Beschreibung und Bestimmung derselben. Diese Lücke besteht noch und wird auch durch das Fol- gende nicht ausgefüllt, wohl aber mag es dazu dienen, wenigstens einige Irrthümer zu beseitigen und mehrere Arten, welche ich näher kennen lernte, wissenschaftlich festzustellen.
Der Japaner bezeichnet mit Kinoko und Kusabira die grösse- ren Pilze im allgemeinen und mit Take, als Affix zu dem Eigennamen, in besonderen Fällen. In seiner Werthschätzung stehen mehrere Arten Agaricus, namentlich Shii-take und Abatzu-take obenan.
57. Agaricus sp., jap. Shii-take. Es ist dies ein Blätterschwamm, ohne Ring und Schleier, mit excentrisch gestelltem, unregelmässigem Hute, der braune Oberhaut und weisse Lamellen aufweist. Der Strunk ist ebenfalls weiss, ziemlich hoch, mässig dick. Shii-take hat sonach mit unserm gemeinen Champignon (A. campestris Pers.) nur entfernt Aehnlichkeit und nähert sich vielmehr in seinem Aussehen A. fusipes Fr., A. contortus Berk. und A. attenuatus D. C. Um so unbegreiflicher ist die häufige Verwechselung mit jenem, von Kaempfer und Thunberg an bis auf unsere Tage. So führt Kinch in seiner Liste Shii-take als Agaricus campestris an und ebenso finden wir unter diesem Namen im Catalog der jap. Abtheilung der International Health Exhibition, London 1884*) eine Analyse desselben. Der Pilz enthält hiernach im
*) Japan. Intern. Health Exhib. London 1884. A descriptive catalogue of the exhibits etc. by K. Nagai and J. Murai.
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dieser Pflanze, als Stärkelieferanten, wurde schon im vorigen Abschnitt
gedacht. Aber auch die jungen Wedel, so lange sie noch unentwickelt
und zusammengerollt sind, werden im ganzen japanischen Reich ge-
schätzt und in Suppe viel gegessen.
Ausser den in vorstehender Liste angeführten Gefässpflanzen und
einer grossen Anzahl anderer, meist endemischer Arten, welche eben-
falls ab und zu in der japanischen Küche als Gemüse oder Würzen
Verwendung finden, ist hier noch der Pilze und marinen Algen zu
gedenken. Die Gewinnung, Zubereitung und Verwerthung derselben
nicht blos für den eigenen Haushalt, sondern auch für den Handel,
beschäftigt und ernährt Viele. Leider sind neben den Flechten des
Landes die Pilze von den Botanikern bisher am stiefmütterlichsten
behandelt worden. Von Siebold bietet uns zwar eine Liste von 32
japanischen Namen, »quae vero fungorum species, aut sponte crescen-
tes, aut arte imo provocatae, crudae, salsae, siccataeque vix in ulla
desunt coena«; doch fehlt jede nähere Beschreibung und Bestimmung
derselben. Diese Lücke besteht noch und wird auch durch das Fol-
gende nicht ausgefüllt, wohl aber mag es dazu dienen, wenigstens
einige Irrthümer zu beseitigen und mehrere Arten, welche ich näher
kennen lernte, wissenschaftlich festzustellen.
Der Japaner bezeichnet mit Kinoko und Kusabira die grösse-
ren Pilze im allgemeinen und mit Take, als Affix zu dem Eigennamen,
in besonderen Fällen. In seiner Werthschätzung stehen mehrere Arten
Agaricus, namentlich Shii-take und Abatzu-take obenan.
57. Agaricus sp., jap. Shii-take. Es ist dies ein Blätterschwamm,
ohne Ring und Schleier, mit excentrisch gestelltem, unregelmässigem
Hute, der braune Oberhaut und weisse Lamellen aufweist. Der Strunk
ist ebenfalls weiss, ziemlich hoch, mässig dick. Shii-take hat sonach
mit unserm gemeinen Champignon (A. campestris Pers.) nur entfernt
Aehnlichkeit und nähert sich vielmehr in seinem Aussehen A. fusipes
Fr., A. contortus Berk. und A. attenuatus D. C. Um so unbegreiflicher
ist die häufige Verwechselung mit jenem, von Kaempfer und Thunberg
an bis auf unsere Tage. So führt Kinch in seiner Liste Shii-take als
Agaricus campestris an und ebenso finden wir unter diesem Namen
im Catalog der jap. Abtheilung der International Health Exhibition,
London 1884 *) eine Analyse desselben. Der Pilz enthält hiernach im
*) Japan. Intern. Health Exhib. London 1884. A descriptive catalogue of the
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/111>, abgerufen am 21.11.2024.
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