im Frühjahr ein kleiner dem Bovistähnlicher Pilz vornehmlich in Kiefern- wäldern vor, der viel in Suppe und auch als Gemüse gegessen wird, sehr zart, aber fast ganz geschmacklos ist. Derselbe wird auch eingemacht.
Ferner werden als essbare Pilze noch viel genannt: Shimeshi, Kikurage, Tsuga-take, Hatsu-take, Hira-take und verschiedene andere, welche mir indess sämmtlich fremd geblieben sind.
Im Anschluss an das Vorstehende will ich hier noch zweier trock- nen Pilze gedenken, die, obgleich für den Haushalt werthlos, wegen ihrer Verbreitung und eigenthümlichen Verwendung verdienen, dass sie nicht übergangen werden.
In Thunberg's Flora japonica wird pg. 347 unter dem Namen Bo- letus versicolor ein Baumpilz angeführt, den wir zu den trocknen Po- lyporus-Arten rechnen müssen. Derselbe führt, wie auch Thunberg angibt, den Namen Saru-no-koshi-kake, d. h. Affenstuhl, und scheint über das ganze Land verbreitet zu sein. In den Bergwaldungen um- klammert er die Stämme alter Laubbäume und erreicht oft grosse Di- mensionen. So besitze ich einen von 40 cm Breite und etwa 20 cm Länge. In Nikko pflegt man daraus Teller zu machen, deren Ränder noch 2--3 Wachsthumsschichten des Pilzes zeigen mit allen natürlichen Unregelmässigkeiten, die unten abgesägt und schwarz, oben ausgehöhlt und roth lackiert sind und so allerliebste eigenartige Gefässe darstellen.
Die zweite Pilzart, welche noch viel bekannter ist, führt den Na- men Reishi, eine trockne, harte und eigentlich nutzlose Art Hutpilz, in ihrem Aussehen dem Polyporus lucidus Fries. oder P. amboinensis von Hinterindien und dem Malayischen Archipel verwandt. Reishi ist von der Grösse unseres Champignon (A. campestris) und hat einen Stiel, der bisweilen 15 cm lang wird und gleich dem Hute dunkelbraun ge- färbt ist. Entwickelt er sich zufällig als Curiosität am Stamm eines alten Zwergbäumchens im Topf oder Kübel eines Gärtners, so wird dasselbe gleich um 1--2 yen (4--8 Mk) höher taxiert und als ein Me- detai oder Glückszeichen und Anlass zur Beglückwünschung ange- sehen. Auch sonst gilt Reishi als gutes Omen und dient wohl auch zur Verzierung des Tokonoma oder etwas erhöhten Erkers im Zimmer.
Von viel grösserer Bedeutung als die Pilze sind die marinen Al- gen für Japan*). "Die Ostasiaten sind die Einzigen", sagt mit Recht
*) Eine umfassende Arbeit über dieselben fehlt noch. Bis jetzt publicierten jap. Arten:
1) Kützing in seinem bekannten Werke Species Algarum 1849, gesammelt von Tilesius, vornehmlich in Nagasaki. 2) Harvey: Characters of New Algae, chiefly of Japan, collected by Ch. Wright. Proc. Am. Ac. of Arts & Sc. Boston 1857. Vol. IV. pg. 327. -- 54 Arten.
2. Nährpflanzen.
im Frühjahr ein kleiner dem Bovistähnlicher Pilz vornehmlich in Kiefern- wäldern vor, der viel in Suppe und auch als Gemüse gegessen wird, sehr zart, aber fast ganz geschmacklos ist. Derselbe wird auch eingemacht.
Ferner werden als essbare Pilze noch viel genannt: Shimeshi, Kikurage, Tsuga-take, Hatsu-take, Hira-take und verschiedene andere, welche mir indess sämmtlich fremd geblieben sind.
Im Anschluss an das Vorstehende will ich hier noch zweier trock- nen Pilze gedenken, die, obgleich für den Haushalt werthlos, wegen ihrer Verbreitung und eigenthümlichen Verwendung verdienen, dass sie nicht übergangen werden.
In Thunberg’s Flora japonica wird pg. 347 unter dem Namen Bo- letus versicolor ein Baumpilz angeführt, den wir zu den trocknen Po- lyporus-Arten rechnen müssen. Derselbe führt, wie auch Thunberg angibt, den Namen Saru-no-koshi-kake, d. h. Affenstuhl, und scheint über das ganze Land verbreitet zu sein. In den Bergwaldungen um- klammert er die Stämme alter Laubbäume und erreicht oft grosse Di- mensionen. So besitze ich einen von 40 cm Breite und etwa 20 cm Länge. In Nikko pflegt man daraus Teller zu machen, deren Ränder noch 2—3 Wachsthumsschichten des Pilzes zeigen mit allen natürlichen Unregelmässigkeiten, die unten abgesägt und schwarz, oben ausgehöhlt und roth lackiert sind und so allerliebste eigenartige Gefässe darstellen.
Die zweite Pilzart, welche noch viel bekannter ist, führt den Na- men Reishi, eine trockne, harte und eigentlich nutzlose Art Hutpilz, in ihrem Aussehen dem Polyporus lucidus Fries. oder P. amboinensis von Hinterindien und dem Malayischen Archipel verwandt. Reishi ist von der Grösse unseres Champignon (A. campestris) und hat einen Stiel, der bisweilen 15 cm lang wird und gleich dem Hute dunkelbraun ge- färbt ist. Entwickelt er sich zufällig als Curiosität am Stamm eines alten Zwergbäumchens im Topf oder Kübel eines Gärtners, so wird dasselbe gleich um 1—2 yen (4—8 Mk) höher taxiert und als ein Me- detai oder Glückszeichen und Anlass zur Beglückwünschung ange- sehen. Auch sonst gilt Reishi als gutes Omen und dient wohl auch zur Verzierung des Tokonoma oder etwas erhöhten Erkers im Zimmer.
Von viel grösserer Bedeutung als die Pilze sind die marinen Al- gen für Japan*). »Die Ostasiaten sind die Einzigen«, sagt mit Recht
*) Eine umfassende Arbeit über dieselben fehlt noch. Bis jetzt publicierten jap. Arten:
1) Kützing in seinem bekannten Werke Species Algarum 1849, gesammelt von Tilesius, vornehmlich in Nagasaki. 2) Harvey: Characters of New Algae, chiefly of Japan, collected by Ch. Wright. Proc. Am. Ac. of Arts & Sc. Boston 1857. Vol. IV. pg. 327. — 54 Arten.
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2. Nährpflanzen.
im Frühjahr ein kleiner dem Bovistähnlicher Pilz vornehmlich in Kiefern-
wäldern vor, der viel in Suppe und auch als Gemüse gegessen wird, sehr
zart, aber fast ganz geschmacklos ist. Derselbe wird auch eingemacht.
Ferner werden als essbare Pilze noch viel genannt: Shimeshi,
Kikurage, Tsuga-take, Hatsu-take, Hira-take und verschiedene
andere, welche mir indess sämmtlich fremd geblieben sind.
Im Anschluss an das Vorstehende will ich hier noch zweier trock-
nen Pilze gedenken, die, obgleich für den Haushalt werthlos, wegen
ihrer Verbreitung und eigenthümlichen Verwendung verdienen, dass sie
nicht übergangen werden.
In Thunberg’s Flora japonica wird pg. 347 unter dem Namen Bo-
letus versicolor ein Baumpilz angeführt, den wir zu den trocknen Po-
lyporus-Arten rechnen müssen. Derselbe führt, wie auch Thunberg
angibt, den Namen Saru-no-koshi-kake, d. h. Affenstuhl, und scheint
über das ganze Land verbreitet zu sein. In den Bergwaldungen um-
klammert er die Stämme alter Laubbäume und erreicht oft grosse Di-
mensionen. So besitze ich einen von 40 cm Breite und etwa 20 cm
Länge. In Nikko pflegt man daraus Teller zu machen, deren Ränder
noch 2—3 Wachsthumsschichten des Pilzes zeigen mit allen natürlichen
Unregelmässigkeiten, die unten abgesägt und schwarz, oben ausgehöhlt
und roth lackiert sind und so allerliebste eigenartige Gefässe darstellen.
Die zweite Pilzart, welche noch viel bekannter ist, führt den Na-
men Reishi, eine trockne, harte und eigentlich nutzlose Art Hutpilz,
in ihrem Aussehen dem Polyporus lucidus Fries. oder P. amboinensis
von Hinterindien und dem Malayischen Archipel verwandt. Reishi ist
von der Grösse unseres Champignon (A. campestris) und hat einen Stiel,
der bisweilen 15 cm lang wird und gleich dem Hute dunkelbraun ge-
färbt ist. Entwickelt er sich zufällig als Curiosität am Stamm eines
alten Zwergbäumchens im Topf oder Kübel eines Gärtners, so wird
dasselbe gleich um 1—2 yen (4—8 Mk) höher taxiert und als ein Me-
detai oder Glückszeichen und Anlass zur Beglückwünschung ange-
sehen. Auch sonst gilt Reishi als gutes Omen und dient wohl auch
zur Verzierung des Tokonoma oder etwas erhöhten Erkers im Zimmer.
Von viel grösserer Bedeutung als die Pilze sind die marinen Al-
gen für Japan *). »Die Ostasiaten sind die Einzigen«, sagt mit Recht
*) Eine umfassende Arbeit über dieselben fehlt noch. Bis jetzt publicierten
jap. Arten:
1) Kützing in seinem bekannten Werke Species Algarum 1849, gesammelt von
Tilesius, vornehmlich in Nagasaki.
2) Harvey: Characters of New Algae, chiefly of Japan, collected by Ch. Wright.
Proc. Am. Ac. of Arts & Sc. Boston 1857. Vol. IV. pg. 327. — 54 Arten.
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/113>, abgerufen am 21.11.2024.
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