werden in China und Japan seit vielen Jahrhunderten ihrer Blätter, beziehungsweise Blüthen wegen cultiviert; aber während der Anbau des Theestrauchs im wesentlichen noch immer auf diese Länder be- schränkt ist und ihren zweitwichtigsten Handelsartikel liefert, dessen Gewinnung mit dem riesig wachsenden Verbrauch anderwärts gleichen Schritt hält, verbreitete sich die Aufzucht der Camellie über fast alle christlichen Länder der Erde, freilich meist nur im Schutz der Ge- wächshäuser und durch die Kunst der Gärtner. Diese allgemeine Werthschätzung und Verbreitung der Camellie gehört übrigens ebenso vorwiegend unserem Jahrhundert an, wie die des Theegenusses. Be- friedigen nun auch die erwähnten Pflanzen ganz verschiedene Sinne und Geschmacksrichtungen, so kennt man in der Heimat beider doch auch einen gemeinsamen Nutzen. Es ist der, welchen man theils aus ihrem festen Holze, theils und vor allem aus ihren ölreichen Samen zieht.
Die Verwandtschaft, welche diese ökonomischen Seiten zwischen beiden Gewächsen erkennen lassen, ergibt sich in noch viel höherem Grade aus der näheren Betrachtung ihres ganzen Baues, zumal der Blüthen und Früchte, und ist in der That so gross, dass man in der Neuzeit vielfach den Theestrauch nur als eine besondere Art der Gattung Camellia ansieht (z. B. in Bentham & Hooker's: Genera plan- tarum), also generelle Unterschiede nicht anerkennt.
Die Verbreitungsgeschichte der Theecultur weist gleich den Namen des Produkts in den verschiedenen Sprachen auf China als Ausgang hin. Im grössten Theil des chinesischen Reichs, namentlich auch in Peking und Canton, heissen die für den Handel zubereiteten Blätter und vornehmlich der daraus mittelst kochenden Wassers gewonnene Aufguss cha (tscha), und dies ist auch der Name dafür bei Japanern, Portugiesen und Russen (tschai). Die Benennungen: Thea, Thee, the, te, te, tea u. A. scheinen auf die Provinz Fukien zurückzuführen, denn nach Williams (The Middle Kingdom) heisst der Strauch in Amoy tai und in Futschau ta. Ob nun aber China, das älteste Culturland des Theestrauchs, zugleich auch seine ursprüngliche Heimat und wel- cher Theil desselben dafür anzusehen ist, erscheint noch zweifelhaft. Im Jahre 1826 wurde die Theepflanze bekanntlich in den Dschungel- wäldern der Landschaft Assam in anscheinend wild wachsendem Zu- stande gefunden, aber das Vorkommen erst acht Jahre später näher bekannt. Thea assamica Masters bildet hier gerade so, wie die Ca- mellie im südlichen Japan wirkliche Bäume von 7--9 Meter Höhe mit hellaschfarbener Rinde und grossen elliptischen Blättern, durch letztere weit abweichend von den strauchförmigen und kleinblätterigen Formen des chinesischen Culturgebietes.
I. Land- und Forstwirthschaft.
werden in China und Japan seit vielen Jahrhunderten ihrer Blätter, beziehungsweise Blüthen wegen cultiviert; aber während der Anbau des Theestrauchs im wesentlichen noch immer auf diese Länder be- schränkt ist und ihren zweitwichtigsten Handelsartikel liefert, dessen Gewinnung mit dem riesig wachsenden Verbrauch anderwärts gleichen Schritt hält, verbreitete sich die Aufzucht der Camellie über fast alle christlichen Länder der Erde, freilich meist nur im Schutz der Ge- wächshäuser und durch die Kunst der Gärtner. Diese allgemeine Werthschätzung und Verbreitung der Camellie gehört übrigens ebenso vorwiegend unserem Jahrhundert an, wie die des Theegenusses. Be- friedigen nun auch die erwähnten Pflanzen ganz verschiedene Sinne und Geschmacksrichtungen, so kennt man in der Heimat beider doch auch einen gemeinsamen Nutzen. Es ist der, welchen man theils aus ihrem festen Holze, theils und vor allem aus ihren ölreichen Samen zieht.
Die Verwandtschaft, welche diese ökonomischen Seiten zwischen beiden Gewächsen erkennen lassen, ergibt sich in noch viel höherem Grade aus der näheren Betrachtung ihres ganzen Baues, zumal der Blüthen und Früchte, und ist in der That so gross, dass man in der Neuzeit vielfach den Theestrauch nur als eine besondere Art der Gattung Camellia ansieht (z. B. in Bentham & Hooker’s: Genera plan- tarum), also generelle Unterschiede nicht anerkennt.
Die Verbreitungsgeschichte der Theecultur weist gleich den Namen des Produkts in den verschiedenen Sprachen auf China als Ausgang hin. Im grössten Theil des chinesischen Reichs, namentlich auch in Peking und Canton, heissen die für den Handel zubereiteten Blätter und vornehmlich der daraus mittelst kochenden Wassers gewonnene Aufguss cha (tscha), und dies ist auch der Name dafür bei Japanern, Portugiesen und Russen (tschai). Die Benennungen: Thea, Thee, thé, té, te, tea u. A. scheinen auf die Provinz Fukien zurückzuführen, denn nach Williams (The Middle Kingdom) heisst der Strauch in Amoy tai und in Futschau ta. Ob nun aber China, das älteste Culturland des Theestrauchs, zugleich auch seine ursprüngliche Heimat und wel- cher Theil desselben dafür anzusehen ist, erscheint noch zweifelhaft. Im Jahre 1826 wurde die Theepflanze bekanntlich in den Dschungel- wäldern der Landschaft Assam in anscheinend wild wachsendem Zu- stande gefunden, aber das Vorkommen erst acht Jahre später näher bekannt. Thea assamica Masters bildet hier gerade so, wie die Ca- mellie im südlichen Japan wirkliche Bäume von 7—9 Meter Höhe mit hellaschfarbener Rinde und grossen elliptischen Blättern, durch letztere weit abweichend von den strauchförmigen und kleinblätterigen Formen des chinesischen Culturgebietes.
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I. Land- und Forstwirthschaft.
werden in China und Japan seit vielen Jahrhunderten ihrer Blätter,
beziehungsweise Blüthen wegen cultiviert; aber während der Anbau
des Theestrauchs im wesentlichen noch immer auf diese Länder be-
schränkt ist und ihren zweitwichtigsten Handelsartikel liefert, dessen
Gewinnung mit dem riesig wachsenden Verbrauch anderwärts gleichen
Schritt hält, verbreitete sich die Aufzucht der Camellie über fast alle
christlichen Länder der Erde, freilich meist nur im Schutz der Ge-
wächshäuser und durch die Kunst der Gärtner. Diese allgemeine
Werthschätzung und Verbreitung der Camellie gehört übrigens ebenso
vorwiegend unserem Jahrhundert an, wie die des Theegenusses. Be-
friedigen nun auch die erwähnten Pflanzen ganz verschiedene Sinne und
Geschmacksrichtungen, so kennt man in der Heimat beider doch auch
einen gemeinsamen Nutzen. Es ist der, welchen man theils aus ihrem
festen Holze, theils und vor allem aus ihren ölreichen Samen zieht.
Die Verwandtschaft, welche diese ökonomischen Seiten zwischen
beiden Gewächsen erkennen lassen, ergibt sich in noch viel höherem
Grade aus der näheren Betrachtung ihres ganzen Baues, zumal der
Blüthen und Früchte, und ist in der That so gross, dass man in der
Neuzeit vielfach den Theestrauch nur als eine besondere Art der
Gattung Camellia ansieht (z. B. in Bentham & Hooker’s: Genera plan-
tarum), also generelle Unterschiede nicht anerkennt.
Die Verbreitungsgeschichte der Theecultur weist gleich den Namen
des Produkts in den verschiedenen Sprachen auf China als Ausgang
hin. Im grössten Theil des chinesischen Reichs, namentlich auch in
Peking und Canton, heissen die für den Handel zubereiteten Blätter
und vornehmlich der daraus mittelst kochenden Wassers gewonnene
Aufguss cha (tscha), und dies ist auch der Name dafür bei Japanern,
Portugiesen und Russen (tschai). Die Benennungen: Thea, Thee, thé,
té, te, tea u. A. scheinen auf die Provinz Fukien zurückzuführen, denn
nach Williams (The Middle Kingdom) heisst der Strauch in Amoy tai
und in Futschau ta. Ob nun aber China, das älteste Culturland des
Theestrauchs, zugleich auch seine ursprüngliche Heimat und wel-
cher Theil desselben dafür anzusehen ist, erscheint noch zweifelhaft.
Im Jahre 1826 wurde die Theepflanze bekanntlich in den Dschungel-
wäldern der Landschaft Assam in anscheinend wild wachsendem Zu-
stande gefunden, aber das Vorkommen erst acht Jahre später näher
bekannt. Thea assamica Masters bildet hier gerade so, wie die Ca-
mellie im südlichen Japan wirkliche Bäume von 7—9 Meter Höhe mit
hellaschfarbener Rinde und grossen elliptischen Blättern, durch letztere
weit abweichend von den strauchförmigen und kleinblätterigen Formen
des chinesischen Culturgebietes.
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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/152>, abgerufen am 21.11.2024.
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